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Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Titel: Herzblut 02 - Stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Darnell
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Unterricht mal ansprechen und sehen, wie sie reagierte.
    Sie zuckte zusammen, verkrampfte die Schultern und saß da wie erstarrt. Fast als hätte sie mich gehört.
    Nein, das konnte nicht sein. Jeder wusste doch, dass Vampire und Hexen nicht die Gedanken der jeweils anderen lesen konnten. Ein einfacher Überlebensmechanismus, den unsere beiden Arten im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hatten, um sich voreinander zu schützen.
    Wenn ich also mein Buch auf den Boden werfen würde …
    Schon als ich nach dem Buch griff, schreckte sie zusammen, als hätte ich es fallen lassen.
    Langsam lehnte sie sich zurück und schrieb weiter von der Tafel ab.
    Konzentriert dachte ich: Savannah. Kannst du mich hören?
    Ihre Schreibhand zuckte, ihr Stift zog einen blauen Strich quer über das Blatt.
    Ich wartete darauf, dass sie mich ansah. Stattdessen presste sie die Lippen zusammen und schrieb weiter. Das war die erste Gefühlsregung, die ich seit unserem Streit beim Charmers-Training im letzten Schuljahr bei ihr sah. Ich hatte mich schon gefragt, ob ihr Gesicht in dieser Maske der Eisprinzessin festgefroren war, die ich langsam richtig hasste. Früher hatte ich ihre Stimmungen so leicht lesen können. Jedes Gefühl hatte sich klar auf ihrem Gesicht und in der Farbe ihrer Augen widergespiegelt.
    Aber in letzter Zeit hatten ihre Iris nur noch eisig silbergrau geschimmert.
    Gezielt dachte ich daran, wie ich sie im Flugzeug des Rates das letzte Mal in den Armen gehalten hatte, wie sie auf meinem Schoß gesessen hatte, den Kopf an meine Schulter gelehnt, beide Arme um mich geschlungen. An ihre Fingerspitzen, die auf meinem Rücken winzige Kreise beschrieben hatten. An ihre Haare unter meinem Kinn, die nach Lavendel dufteten. An das Gefühl, sie zu küssen …
    Sie seufzte. Aber vielleicht auch nur zufällig.
    Also versuchte ich es mit einer anderen Taktik, mit der ich hoffentlich eine deutlichere Reaktion ernten würde. Ich stellte mir vor, wie ich unter der Tribüne am Spielfeldrand Bethany küsste. Dabei hatten wir das noch nie getan. Ich hatte darauf geachtet, Bethany nichts vorzumachen, und sie höchstens mal zum Abschied auf die Wange geküsst. Wahrscheinlich verbrachten wir zu viel Zeit miteinander, aber Bethany war eine gute Freundin.
    Allerdings dachte ich jetzt nicht an die Tatsachen. Ich stellte mir vor, ich würde Bethany in den Armen halten, ihren Rücken streicheln, die Hände in ihren Haaren vergraben …
    Savannahs Stift zerbrach und bekleckerte ihre Hand und dasBlatt, auf dem sie schrieb. Zähneknirschend stand sie auf, um Stift und Blatt in den Mülleimer neben der Tür zu werfen. Dann bat sie die Lehrerin, sich auf der Toilette die Hände waschen zu dürfen.
    Und ob Savannah meine Gedanken hören konnte.
    Die einzige Frage war, ob ich auch ihre hören könnte, wenn ich es versuchte.
    Ich lehnte mich zurück und tat so, als würde ich, wie alle anderen, mitschreiben. Als Savannah zurückkam, sah ich nicht auf. Ich wartete, bis sie wieder saß und mitschrieb, bevor ich versuchte, in sie hineinzuhören. Normalerweise reichte das. Es sei denn, der Belauschte war ein Nachfahre und hatte gelernt, seine Gedanken abzuschirmen.
    Ich bekam nichts mit, nicht mal ein einzelnes Wort oder ein Bild. Auch kein Rauschen oder Musik oder einen anderen Hinweis darauf, dass sie mich absichtlich aussperrte.
    Ich versuchte es intensiver, starrte sie direkt an und bündelte meine ganze Energie.
    Sie atmete scharf durch die Nase ein und rieb sich die Unterarme, die von einer Gänsehaut überzogen waren.
    Mist. Ich hatte nicht daran gedacht, mein Energielevel zu kontrollieren.
    Tut mir leid, dachte ich und schraubte meinen Energieausstoß herunter.
    „Schon gut“, antwortete sie. Ihre Augen waren weit aufgerissen vor Schreck.
    „Was ist schon gut?“, fragte die Lehrerin, die zwei Meter entfernt hinter ihrem Tisch stand.
    „Oh, ich, äh …“, druckste Savannah herum.
    „Ich habe mich bei ihr entschuldigt, weil ich vergessen habe, dass wir zusammen lernen wollten“, sprang Ron ein.
    Was totaler Quatsch war. Savannah hatte nicht mal in seine Richtung gesehen.
    Ron deckte sie. Aber warum?
    In letzter Zeit ging sie mittags oft mit ihm in die Bücherei. Um zu lernen?
    Warum lernten sie nicht in der Cafeteria, wo sie jeder sehen konnte?
    Letztes Jahr waren Ron und Anne miteinander gegangen. War Sav jetzt mit ihm zusammen und wollte das vor Anne verheimlichen?
    Nein, das würde Savannah nicht tun. Niemals würde sie ihrer besten Freundin wehtun

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