Herzblut 02 - Stärker als der Tod
perfekt.“ Fanden meine Eltern.
Eine Brise kam auf und brachte den ersten Hauch von Herbst mit sich. Ich legte den Kopf in den Nacken und starrte in den Himmel. Ich suchte die Sternbilder, aber die Flutlichter des Stadions waren so hell, dass sie alles überstrahlten.
Mir war von dem Spiel noch ganz heiß, und ich hatte mich zu warm angezogen. So viele Schichten übereinander, und meine Baseballjacke war so eng, dass ich kaum Luft bekam. Als ich die Metallknöpfe öffnete, strich mir der Wind wie eine vertraute Hand über die brennende Haut. Schon besser. Seufzend dachte ich an einen anderen frischen Oktoberabend unter den Sternen zurück. Und an die kühlen Hände eines gewissen Mädchens, die sich beim Tanzen gegen meinen Nacken drückten …
„Tristan? Hallo, Erde an meinen kleinen Bruder.“ Eine zierliche Hand fuchtelte vor meinem Gesicht herum, und ich blinzelte. Vor mir stand Emily.
„Hallo, Schwesterherz! Was machst du denn hier?“ Ich beugte mich zu ihr runter und nahm sie kurz in den Arm.
„Was denn? Darf ich nicht nach Hause kommen und mir ansehen, wie sich mein kleiner Bruder auf dem Schlachtfeld schlägt?“
Ich lächelte. „Das College ist wohl nicht ganz so, wie du erwartet hattest, was?“
„Doch, natürlich. Ich habe dich nur lange nicht mehr spielen sehen.“
Hm, hm. Und warum wirkte ihr Lächeln eine Spur zu fröhlich?
Sie seufzte: „Na schön, du hast mich durchschaut. Ich wollte auch mein altes Cheerleader-Team besuchen und sehen, wie sich meine Nachfolgerin macht.“
„Und, wie macht sie sich?“, fragte Bethany.
Emily schnitt eine Grimasse. „Na ja, du kennst doch Sally Parker.“
Darüber musste Bethany lachen. „Wer nicht.“ Sie sah sich kurz um. „Oh, da ist ja Jill! Sie hat noch ein paar Schuhe von mir.“ Sie beugte sich vor und flüsterte: „Mit Schuhen muss man bei ihr wirklich aufpassen! Sie hat sich vor über einem Monat meine Lieblingsturnschuhe ausgeliehen und behauptet ständig, sie wolle sie mir zurückgeben, aber sie habe sie im Auto ‚vergessen‘.“ Sie malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. „Bin sofort wieder da!“
Sobald sie außer Hörweite war, war Emilys fröhliches Lächeln wie weggewischt. „Tristan, vielleicht gibt es ein kleines Problem. Gerade habe ich Sallys Gedanken gelesen, weil ich wissen wollte, wie sie wirklich mit dem Team zurechtkommt. Sie hat zufällig mitbekommen, dass die Faulkner-Zwillinge heute Abend Savannahs Halloweenparty sprengen wollen.“
Ich sah in die Richtung, die ich den ganzen Abend über vermieden hatte, und betrachtete das Haus hinter den Bahngleisen. Anders als bei meinem letzten Besuch war das viktorianische Haus hell erleuchtet, und in der Auffahrt und auf der Straße vor dem Haus reihten sich Autos aneinander. Anscheinend lief die Party schon.
Ich suchte den Rasen vor dem Stadion mit meinen Blicken ab.
„Ich habe mich bereits umgesehen“, sagte Emily. „Die Zwillinge sind nicht hier. Glaubst du, sie haben schon …“
Ich nickte. „Wir sollten mal rübergehen und uns umsehen. Nur zur Sicherheit.“
Sie hielt mich zurück. „Okay. Aber versprich mir, dass du keine Dummheiten machst, wenn du sie siehst.“
Mit „sie“ meinte Emily Savannah.
Ich sah sie finster an. „Ist schon gut, Em.“
Wir liefen den Hügel hinunter zur Straße und schlängelten unszwischen den Autos hindurch. Aus den offenen Fenstern brüllten und grölten die Footballfans.
Auf dem letzten Stück über die Gleise bewegten wir uns unter den hellen Laternen wie im Scheinwerferlicht, aber das ließ sich nicht ändern. Zum Glück waren die Zwillinge abgelenkt. Sie drängten sich hinter einem Baum am Straßenrand zusammen und fummelten kichernd an etwas herum.
„Dylan wird begeistert sein!“, sagte Vanessa, und Hope fing wieder an zu kichern.
Als sie es hochwarfen, erkannte ich, was sie da hatten.
„Hey!“, rief Emily mit bester Cheerleader-Stimme.
Ich hatte keine Zeit, etwas zu sagen. Blitzschnell sprang ich über den Gehweg auf den Rasen und fing das Geschoss durch Magie im Flug ab.
„Was macht ihr denn da?“, brüllte Emily die Mädchen aus vollem Hals an.
Die Zwillinge kreischten vor Angst und rannten auf die hell erleuchtete Tomato Bowl zu.
Emilys Brüllen lockte die Partygäste auf die Veranda vor dem Haus. Vielleicht war es auch das Kreischen der Zwillinge. Jedenfalls wollten sie sehen, was da vor sich ging. Ich ließ das Geschoss schnell auf den Rasen fallen, ging hinüber und hob es auf. Im
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