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Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Titel: Herzblut 02 - Stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Darnell
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lesen konnte. „Die Kunst des Krieges bringt dich zum Weinen?“
    Seufzend rieb ich mir mit einem Handrücken über die Wangen. „Ich bin nicht deiner Meinung. Es ist einfach vernünftig. Sun Tsu sagt, dass man sich überlegen soll, welche Kämpfe man führt, und das tue ich. Und mach dir keine Sorgen wegen der Tränen. Ich musste nur gerade an etwas Trauriges denken.“
    „Dieses ständige Weinen hat auch zu den unseligen Angewohnheiten deiner Mutter gehört, aber sie war nie so einsichtig.“ Er sah mich scharf an, als würde er erwarten, dass ich mich bei der ersten Gelegenheit rausschlich.
    Ich hätte gern seine Gedanken gelesen, um zu sehen, ob ich recht hatte, aber ich hielt mich zurück. „Mom ist keine Vampirin.“
    „Hm. Richtig, man darf die positive Wirkung meiner Gene nicht vergessen. Will ich wissen, warum du Sun Tsu liest?“
    „Für die Schule“, log ich, ohne ihn anzusehen. Eigentlich las ich das Buch, weil ich mir ein paar Tipps dafür erhoffte, wie ich am besten mit den Nachfahren fertig wurde. Jetzt, wo Tristan vielleicht Clann-Führer wurde, wollte ich es lesen, falls er ein paar Ratschlägebrauchte. Aber das musste Dad nicht wissen.
    Vielleicht konnten Vampire deshalb so gut lügen. Sie waren so oft dazu gezwungen, dass es ihnen in Fleisch und Blut übergegangen war.
    „Hm.“ Er tippte so schnell eine Nummer in sein Handy, dass nicht mal ich sehen konnte, welche es war. Dann meldete er sich in einer anderen Sprache, die mir fast nach Französisch klang, und redete superschnell. Einen Moment später ging er aus dem Zimmer, während er auf Englisch mit Caravass über Tristans Vater und die Wahl sprach.
    Ich blieb allein im Wohnzimmer und versuchte zu lesen. Aber meine Gedanken schweiften ständig ab. Ich war zu unruhig. Mein Körper wollte nicht still sitzen. Ich musste mich irgendwie bewegen. Ob Tai-Chi helfen würde? Seufzend warf ich das Buch auf den Sofatisch und ging wieder in mein Zimmer.
    Ich schaltete das Lautsprecherdock ein, scrollte an den ganzen Titeln vorbei, die sonst ständig liefen, und fand einen, den ich schon länger nicht gehört hatte.
    Im nächsten Moment wummerte Florence and the Machine aus dem Lautsprecher. Sogar der Text – man solle nichts bereuen – riss mich mit.
    Ich hatte das Gefühl, dass ich schon so lange so vieles bereute – dass ich die Regeln gebrochen hatte und schuld an Nannas Tod war, dass ich eine Vampirin war und bei jedem Kuss Tristans Leben riskiert hatte, dass ich Geheimnisse haben musste, sogar dass ich geboren war und meinen Eltern so viel genommen hatte.
    Wie war das noch – nachher wusste man alles besser? Jetzt war es einfach, zurückzusehen und mir die Schuld an meinen Entscheidungen zu geben. Aber jedes Mal, wenn ich mich hatte entscheiden müssen, hatte ich gedacht, ich würde das Richtige tun.
    Sag mir, dass du nicht jeden Tag an uns denkst und es dir nicht leidtut, dass du mit mir Schluss gemacht hast .
    Ich hatte Tristan letzte Nacht die Wahrheit gesagt. Ich wünschte wirklich, wir könnten noch zusammen sein. Aber ich bereute nicht, dass ich getan hatte, was ich hatte tun müssen, um ihn zu schützen. Und ich würde es auch nie bereuen.
    Das war die einzige Entscheidung, die mir bis jetzt nicht leidtat.
    Und deshalb hatte ich auch nicht geweint, als ich heute Morgen aufgewacht war. Nachdem ich ihn gesehen hatte, mit ihm gesprochen, ihn in den Armen gehalten und geküsst hatte, hatte es wehgetan, das alles mit dem Ende des Traums zu verlieren. Trotzdem konnte ich heute gestärkt in den Tag gehen, weil ich in meinem Innersten wusste, dass ich recht hatte. Es war für so viele Leute wichtig, dass er der neue Anführer des Clanns wurde. Es war sein Schicksal, und unsere Beziehung hätte das gefährdet. Nur er konnte den Nachfahren beibringen, sich von ihren Ängsten zu lösen.
    Ich dachte an die Zickenzwillinge und an Dylan, denen man jahrelang beigebracht hatte, vor mir und allen Vampiren Angst zu haben. Ich hatte nie verstanden, warum sie ihre Angst nicht überwinden konnten.
    Aber wenn es so einfach gewesen wäre, negative Gefühle loszulassen, wäre ich wohl längst mein Schuldbewusstsein und meine Reue losgeworden.
    Vielleicht musste man es wirklich wollen. Und man musste verzeihen, in meinem Fall nicht anderen, sondern mir selbst. Ich musste lernen, mir zu verzeihen, dass ich nicht perfekt war, dass ich manchmal sogar versagte, wenn ich mich mit aller Macht anstrengte. Dass ich nicht die Zukunft vorhersehen und nicht bei allem,

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