Herzblut 02 - Stärker als der Tod
Nachfahren anrichten?
Ich konnte mich nicht in einen Vampir verwandeln lassen.
Unter der Untertasse ragte ein Stückchen Papier heraus. Ein Pflaster. Ich riss die dünne Hülle mit den Zähen auf, verarztete den Schnitt und ging auf zittrigen Beinen auf die Veranda.
„Wieso haben Sie mir erzählt, wie es ist, ein Vampir zu sein, wenn Sie das wussten?“ Seit ich angekommen war, hatte er mit mir gespielt. Er hatte mich glauben lassen, ich hätte eine Chance, zum Vampir zu werden und die Ewigkeit mit Savannah zu verbringen. Wäre er nicht ihr Vater gewesen, hätte ich ihm gern eine reingehauen.
„Damit du weißt, warum ihr auf keinen Fall zusammen sein könnt.“
Ich starrte auf die Straßenlaterne, die lange Schatten auf den Vorgarten warf.
Aus reiner Verzweiflung sagte ich: „Es muss doch eine Möglichkeitgeben. Wenn Sie Savannah lieben, sagen Sie mir, was ich tun kann, wie ich die Regeln ändern kann. Es geht, das wissen Sie. Sie haben es selbst gemacht. Sie haben ihre Mutter geheiratet. Geben Sie uns eine Chance, das auch zu haben.“
„Aber es hat nicht funktioniert. Unsere Verbindung hat den Friedensvertrag gefährdet, sogar nachdem Savannahs Mutter aus dem Clann geworfen worden war. Wegen dem, was daraus hervorgegangen ist.“
„Wegen Savannah, meinen Sie.“
Er nickte. „Ihr könntet einen weiteren Dhampir zeugen, wenn sie sich vorher nicht vollständig verwandelt. Und das würden der Rat und der Clann auf keinen Fall dulden.“
Vor meinem inneren Auge blitzte das Bild von einem kleinen Mädchen auf, das die roten Locken ihrer Mutter hatte. Und vielleicht die grünen Augen von ihrem Dad. Ich hatte nie darüber nachgedacht, irgendwann Vater zu werden. Trotzdem schnürte sich mir die Brust zusammen.
Mr Colbert schien nichts zu merken. „Dieses Kind wäre eine Gefahr, für Vampire genauso wie für Nachfahren, noch mehr als Savannah. Es könnte wie seine Mutter ein echter unsterblicher Vampir werden, mit der legendären Zauberkraft der Colemans, oder eine Coleman-Hexe mit der Schnelligkeit, Stärke und Gewandtheit eines Vampirs. So oder so würde es ein enormes Risiko darstellen. Ein Risiko, das der Rat – und sicher auch der Clann – nicht akzeptieren würde.“
Ich konnte mich nicht in einen Vampir verwandeln lassen. Und solange ich noch ein Mensch war und Savannah Kinder bekommen konnte, würden der Clann und der Rat uns nicht erlauben, zusammen zu sein. „Und wenn sie sich ganz verwandelt hat?“
„Dann bleibt immer noch die Gefahr, dass sie dich töten könnte. Deinen Eltern geht es nicht darum, ob du zum Clann gehörst. Du wirst immer ihr Kind bleiben, und sie werden alles tun, um dich zu beschützen.“ Er wandte sich zu mir um und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Wenn es für euch eine Möglichkeit gäbe, zusammen glücklich zu werden, würde ich euch helfen, so gut ich kann. Aber wegen euch werden die Regeln nicht geändert. Und ich kanndir aus Erfahrung sagen, dass nicht mal die größte Liebe lange überdauert, wenn man ständig auf der Flucht lebt oder die eine oder die andere Seite versucht, einen aus seinem Versteck zu locken.“ Er ließ die Hand sinken. „Für Savannahs Mutter war schon das ständige Verstecken Grund genug, sich von mir zu trennen.“
Ich hätte gern geglaubt, dass er sich irrte, dass es bei Savannah und mir anders sein würde. Dass unsere Beziehung alles überstehen würde, auch ein Leben auf der Flucht vor dem Rat und dem Clann.
Aber was, wenn er recht hatte? Der Clann hatte Sav schon die Großmutter genommen. Wären meine Eltern verzweifelt genug, um sich als Nächstes Savs Mutter vorzunehmen? Oder ihren Vater? Würden die Vampire sich Emily holen, um mich zu treffen?
Savannah und ich könnten es nicht ertragen, wenn so etwas passieren würde. Schon so kam Sav kaum mit dem Tod ihrer Großmutter zurecht.
Schlagartig wurde es mir klar: Ich konnte nichts mehr tun. Der Clann und der Rat würden ihren Willen bekommen, egal, wie sehr Savannah und ich uns etwas anderes wünschten.
Nicht mal tausend verlorene Footballspiele hätten mich auf diese bittere Niederlage vorbereiten können. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Am Ende hatte ich immer bekommen, was ich wollte. Nicht, weil ich verwöhnt war, wie Emily mich gerne aufzog. Sondern weil Dad immer sagte, man könne alles erreichen, wenn man es sich nur genug wünschte und sich ins Zeug legte.
Er irrte sich. Ich wünschte mir nichts mehr, als mit Savannah zusammen zu sein. Aber ich konnte es
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