Herzblut 02 - Stärker als der Tod
ob Dad es wollte oder nicht.
Vielleicht vermutete Dad sogar, dass ich ihm nicht alles erzählte, jedenfalls fragte er nicht nach.
„Das sind beunruhigende Neuigkeiten“, sagte er. „Spricht etwas dafür, dass das Bremsversagen ein Unfall war?“
„Emily glaubt es nicht. Tristans Auto war neu, und er hat sich gut darum gekümmert.“ Er hatte mich sogar ein paarmal genervt, ich solle bei meinem Wagen einen Ölwechsel für den Winter machen lassen. „Wenn die Bremsen versagt haben, war es entweder ein Herstellungsfehler oder …“
„Oder jemand will einen neuen Krieg anzetteln“, beendete Dad den Satz so reglos, wie es nur ältere Vampire konnten. „Ich werde es dem Rat melden.“
Er ging ins Wohnzimmer. Ich blieb an dem kleinen Küchentisch sitzen und wärmte mir die Hände an der heißen Tasse. Dieses ständige Frieren ging mir wirklich auf die Nerven.
Als er zurückkam, sah er, wie mich ein Schauer überlief. „Frierst du?“
Ich nickte. „Ich habe schon überlegt, ob ich mir ein kleines Heizgerät für mein Zimmer hole.“
„Du bist anämisch. Das ist eines der Anzeichen für die Verwandlung. Ich muss dir bald beibringen, wie du jagen und dich sättigen kannst.“
Der kleine Schluck Kakao in meinem Magen machte Anstalten, wieder hochzukommen. „Das ist ja eklig, Dad. Vergiss es. Ich werde mich nie … sättigen.“ Ich fand schon das Wort scheußlich.
„Savannah, das liegt in deiner Natur.“
Und das hatte ich ihm und Mom zu verdanken, die was miteinander angefangen hatten, obwohl es verboten war.
Er seufzte. Das war eine der wenigen menschlichen Angewohnheiten, die er beibehalten hatte. „Es wäre dumm und eine unnötige Gefahr für jeden Menschen in deiner Nähe, wenn du dich gegen deine Natur stellen würdest.“
„Gefährlich ist es nur, wenn ich meiner Vampirseite nachgebe“, widersprach ich. „Ich brauche kein Blut zum Leben. Ich bin immer noch ein halber Mensch.“ Bis jetzt.
„Und trotzdem nimmst du weiter ab“, sagte er.
„Na gut, meine Jeans sitzt ein bisschen locker. Aber das ist nur der Stress. Ich nehme bald wieder zu.“
„Nicht, wenn du deinem Körper die Nahrung verweigerst, die er durch deine Veränderung braucht.“
„Mein Körper braucht sonst nichts. Ich komme immer noch mit normalem Essen aus.“ Ich versuchte mein Pokergesicht aufzusetzen. Dabei hatte ich gar keins.
„Was isst du denn? Und versuch nicht mehr, mich anzulügen. Ich habe unsere Vorräte in der Küche gesehen und auch, wie wenig du jeden Mittag für das Essen ausgibst. Was glaubst du, warum ich dir gesagt habe, dass du selbst einkaufen sollst? Du kannst alles kaufen, was du essen möchtest, und isst trotzdem nichts.“
Blöde Kreditkartenbelege. Ich hätte wissen müssen, dass er mich mit allen Mitteln überwachte.
Ich atmete tief durch die Nase ein, hielt die Luft einen Moment an und ließ sie langsam entweichen, damit ich keinen Trotzanfall bekam. Dafür war ich einfach entschieden zu alt. „Wenn du mir ständig nachspionierst, kannst du die Kreditkarte zurückhaben.“
„Es ist zu deiner eigenen Sicherheit. Und nicht nur zu deiner. Oder soll eine deiner Freundinnen dein erstes Opfer werden?“
„Natürlich nicht!“
„Aber so wird es kommen, wenn du nicht besser auf dich achtgibst. Früher oder später zwingt dich dein Körper dazu, Nahrung zu suchen. Entweder entscheidest du, welche Nahrung es sein soll, oder dein Körper nimmt dir die Entscheidung ab.“
„Na schön“, gab ich eingeschnappt zurück. „Ich versuche mehrzu essen, in Ordnung? Aber nur menschliche Nahrung.“
„Warum musst du es versuchen? Fällt es dir schwer?“
Ich starrte auf die Tasse, die noch fast voll war. Vor ein paar Monaten hätte der Kakao nur ein paar Sekunden überlebt. „In letzter Zeit riecht alles eklig.“
„Auch das ist ein Symptom. Bald wird dein Blutdurst nicht nur von Nachfahren, sondern auch normalen Menschen geweckt werden.“
Das wollte ich echt nicht hören. „Müssen wir jetzt darüber reden?“
„Du kannst nicht vor dem weglaufen, was du bist, Savannah.“
„Ich kann es versuchen“, grummelte ich.
„Aber es wird dir nicht gelingen. Und dann werden Unschuldige zu Schaden kommen, und du wirst dir das ewig vorwerfen.“
Ich blickte zu ihm auf. „Klingt, als würdest du das kennen.“
Er antwortete nicht, was hieß, dass ich recht hatte.
Also hatte mein scheinbar perfekter Vater auch ein- oder zweimal Mist gebaut. Komisch, aber irgendwie war das gleichzeitig
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