Herzblut 02 - Stärker als der Tod
Ruhe.“
„Und vorher haben sie dir Probleme gemacht.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Oh, oh. Vielleicht hatte ich schon zu viel gesagt. „Nicht alle, und es war auch nichts Ernstes. Größtenteils nur dumme Sprüche.“
Gowin brummelte: „Klingt, als sollte man dem Clann hier wirklich mal auf die Finger sehen. Auch wenn ich zugeben muss, dasses mich etwas überrascht. Ich hätte gedacht, dass sie sich mehr anstrengen, um dich auf ihre Seite zu ziehen.“
„Sie haben meine Familie aus dem Clann geworfen, bevor ich überhaupt geboren wurde. Ich glaube kaum, dass sie mich jetzt unbedingt in ihre Reihen aufnehmen wollen.“ Wir hatten mein Auto erreicht, und ich öffnete die Fahrertür.
„Kann sein.“ Er öffnete die Tür auf der Beifahrerseite und stieg ein. „Trotzdem findet der Rat, dass er sie besser im Auge behalten sollte. Dein Vater liefert uns nicht die Informationen, die wir brauchen.“
Gerade wollte ich den Schlüssel ins Zündschloss stecken. Ich stockte. „Soll das heißen, dass wir hier sind, um für euch den Clann auszuspionieren?“
Als Antwort zuckte er mit den Schultern. „Ausspionieren. Sie im Auge behalten. Das kann man so oder so sagen. Aber wie du es auch nennen willst, es ist höchste Zeit, dass der Rat sie genauer beobachtet.“
Stirnrunzelnd ließ ich den Motor an. „Na ja, du und Dad müsst wohl tun, was nötig ist, um den Rat bei Laune zu halten. Aber mir wäre es lieber, wenn ihr mich da raushalten könntet, in Ordnung? Ich habe mein Versprechen an den Rat gehalten. Ich habe mit Tristan Schluss gemacht. Von jetzt an habe ich nichts mehr mit dem Clann zu tun. Dieser ganze politische Kram bringt doch nur Ärger.“
Gowin streckte sich auf seinem Sitz, so weit es seine langen Beine erlaubten. „Politik gehört für Vampire zum Leben. Wir haben jahrhundertelang mit dem Clann Krieg geführt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der jetzige Frieden endet. Aber mit einem Supervampir wie dir auf unserer Seite dauert die nächste Runde vielleicht nicht so lange.“
„Ich habe nie gesagt, dass ich mich auf irgendeine Seite stelle.“
„Heißt das, du würdest neutral bleiben?“, fragte er. „Obwohl deine Vampirseite jeden Tag stärker wird?“
„Ich verstehe nicht, warum man überhaupt kämpfen sollte. Vampire müssen sich genauso vor der Welt verstecken wie die Hexen. Das sollte doch ein guter Grund sein, zusammenzuarbeiten statt gegeneinander.“
Gowin kicherte. „Was für eine ausgefallene Sichtweise. Nur weiß ich nicht, ob sie jemand teilt, egal, auf welcher Seite. Kennst du das Lied Everybody wants to rule the world ? Und es stimmt: Jeder will über die Welt herrschen.“
Ich presste die Lippen aufeinander. Je weniger ich diesem Ratsmitglied über den Clann erzählte, desto besser.
Eine halbe Minute später hatten wir die Bahngleise überquert und parkten wieder in unserer Auffahrt. Aber Gowin wollte gar nicht aussteigen. Vielleicht genoss er mit seinem kalten Blut, genau wie ich, die Hitze in der Fahrerkabine meines Pick-ups.
„Wie bist du eigentlich in den Rat gekommen?“ Zu spät wurde mir klar, wie unhöflich diese Frage war. „Tut mir leid. Ich meine …“
Er winkte ab. „Wenn ein Sitz frei wird, wählen die aktuellen Ratsmitglieder meist jemanden, den sie kennen und dem sie vertrauen. Meist ältere Vampire, die sie selbst geschaffen haben.“
„Du hast gesagt, dass Lil… dass du weißt schon wer und Caravass die beiden ältesten sind. Was ist mit den ganzen anderen Vampiren, die sie geschaffen hat?“
Gowins Lächeln war wie weggewischt. „Gott hat sie getötet.“
„Nicht dein Ernst, oder?“
„Doch. Dem Glauben nach war sie Adams erste Frau, und als sie genug von seinem Benehmen hatte, hat sie ihn verlassen und sich stattdessen mit Dämonen herumgetrieben. Dadurch soll sie selbst zu einer Art Dämonin geworden sein, und eben zu der ersten Vampirin. Ich schätze, damit wäre Gott noch klargekommen. Bis sie ihrem Mutterinstinkt nachgegeben und noch mehrere von ihrer Art geschaffen hat. Da hat die sprichwörtliche Hand Gottes herabgelangt und jeden Tag einhundert ihrer Kinder, ihrer Zöglinge, getötet. Wahrscheinlich musste er das sogar machen, damit die Vampire nicht alle Menschen ausrotten konnten, die damals lebten. Es heißt, dass sie damals einen ziemlichen Lauf hatte und schneller Vampire geschaffen hat, als sich die Menschen fortpflanzen konnten.“
„Das heißt, er hat alle bis auf Caravass getötet?“
„Na ja,
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