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Herzen aus Asche

Herzen aus Asche

Titel: Herzen aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Narcia Kensing
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uwenden, aber das Bild hatte sich wie Säure in ihr Gedächtnis gefressen. Es war zu spät. Das Plektrum, das zu ihrem Witchboard gehörte, steckte in Inger Ivarssons Hals. Die Matratze hatte einen dunkelroten Farbton angenommen, das Gesicht der Leiche war blass, die Augen weit aufgerissen. In ihrem Blick sah man deutlich das Entsetzen, das sie zum Zeitpunkt ihres Todes empfunden haben musste. Wie war sie hierher gekommen? Weshalb war sie nackt? Amelie sank auf die Knie, dabei stieß sie mit dem Kopf gegen den Kleiderschrank. Sie spürte keinen körperlichen Schmerz, nur den, der sich in ihre Seele bohrte. Loan hatte ihre Mutter getötet, sich für Amelies Interesse an dem Fall gerächt. Ihr Herz drohte zu zerspringen. In diesem Moment wünschte sie sich zu sterben, an Ingers Stelle tot im Bett zu liegen. Sie sehnte sich danach, aus einem Albtraum zu erwachen, doch sie schaffte es nicht. Ein tonloser Schrei formte sich auf ihren Lippen. Dann spürte sie einen Luftzug hinter sich. Sie wandte den Kopf. Leif stand mit verschränkten Armen dort, in seinem Gesicht keinerlei Emotionen. Er sah auf sie hinab, wie sie am Boden kauerte und sich krümmte vor Pein, zeigte jedoch keine Reaktionen.
    »Sie hat es leider nicht geschafft, dich von diesem Haus fernzuhalten. Jarik - ich - habe sie hergeschickt, damit sie dich mit nach Hause nimmt, aber du hast dich gegen sie durchgesetzt. Du bist stärker als ich dachte. Du hast dich ihr widersetzt, dabei warst du doch immer das kleine graue Mäuschen, das am Rockzipfel ihrer Mutter hing. Du hast dich tatsächlich weiterentwickelt.«
    Amelie hörte was er sagte, aber die Bedeutung seiner W orte fanden ihren Weg nicht in ihr Bewusstsein. Sie starrte ihn mit offenem Mund an. Mittlerweile war sogar der Tränenstrom versiegt, weil der Schock tiefer saß, als dass man ihn mit Tränen hätte bekämpfen können.
    »Was guckst du denn so dämlich? Ich dachte, du w ärest so schlau. Also setze doch deine Kombinationsgabe ein, um dir einen Reim darauf zu machen.« Er tat einen Schritt auf sie zu, packte ihren Pferdeschwanz und zog sie unsanft zurück auf die Beine. »Fragst du dich, woher ich das alles weiß? Ich kann auf alle Erlebnisse und Erinnerungen deines Freundes zurückgreifen. Ich bin er.«
    »Leif?«, krächzte Amelie.
    »Nein, ich bin Loan. Leif tobt gerade in seinem schwarzen Gefängnis in der Zwischenwelt. Ich habe ihn dort eingeschlossen.«
    Amelie glaubte, jemand hätte ihr den Boden unter den Füßen weggerissen. Loan! Wenn sie nicht so verzweifelt gewesen wäre, wäre ihr sicherlich früher aufgefallen, dass ihm Leifs Geruch nach Meerwasser nicht angehaftet hatte, als sie ihn geküsst hatte. Er sah Leif zum Verwechseln ähnlich, doch bei genauerer Betrachtung fehlte ihm die Männlichkeit, ein paar Falten um die Augen. Loan war zwei Jahre vor seinem Bruder gestorben.
    Amelie ekelte und schämte sich. Erneut drohte sie auf die Knie zu fallen, doch Loan griff ihr beherzt unter die Arme. Amelie stieß ihn von sich, als sei er eine giftige Spinne. Sie ging zwei Schritte rückwärts, ehe sie gegen die Wand stieß und sich daran abstützte.
    »Du widerlicher Bastard!«, fauchte sie. Sie wandte den Kopf in Richtung i hres Bettes, fuhr dann wieder ruckartig herum. Sie konnte den Anblick nicht ertragen. »Und was hast du mit meiner Mutter gemacht?« Ihre Stimme war getränkt von Verzweiflung und kippte.
    »Das siehst du doch, oder bist du blind?« Plötzlich stand Loan direkt vor ihr , hatte sich jedoch nicht bewegt. Binnen eines Lidschlags hatte er eine Strecke von mehr als zwei Metern zurückgelegt. Er drängte sie gegen die Wand, bis sein Gesicht nahe vor ihrem war. Seine Mimik unterschied sich deutlich von der seines Bruders, auch die Art, wie er seine Worte wählte und betonte.
    »Weshalb sie sterben musste, habe ich dir bereits e rklärt. Oder bist du etwa auch taub? Sie hat versagt und dich nicht aufhalten können! Und wie sie sterben musste - sieh es dir doch an! Vielleicht noch etwas genauer, ja?« Er packte ihren Kopf mit beiden Händen und riss ihn so hart herum, dass Amelie ihre Halswirbelknochen knacken hörte. Er wollte sie zwingen, das Blutbad zu betrachten, doch Amelie kniff die Augen zusammen. Doch es nützte ihr nichts, denn das Bild schien sich auf die Innenseite ihrer Augenlider gebrannt zu haben. Sie konnte den Blick davor nicht verschließen. Geisterwerk! Loan wollte, dass sie litt, und er hatte die Mittel dazu. Amelie schrie aus voller Kehle, doch er rammte ihr das

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