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Herzen aus Asche

Herzen aus Asche

Titel: Herzen aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Narcia Kensing
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zwei Jahren von Marie zum zwa nzigsten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Flüchtige Erinnerungen streifen sie. Erinnerungen, die sie vergessen geglaubt hatte. Es war der Abend gewesen, an dem sie das erste und letzte Mal in ihrem Leben halluziniert hatte. Gedankenverloren strich Amelie über das Brett. Unwillkürlich musste sie schmunzeln. Wie hatte eine alberne Geisterbeschwörung sie damals nur derart aus der Ruhe bringen können?
    Amelie schloss des Deckel des Kartons und ging zum Bett. Ein Wäschekorb mit sorgfältig gefalteten Jacken und Blusen stand daneben. Sie zog ihre du nkelblaue Lieblingsjacke mit dem Blumendruck aus dem Stapel und fischte in einer Tüte nach einem Kleiderbügel. Beinahe kam sie sich schäbig dabei vor, ihre günstige Kaufhauskleidung in den antiken Kleiderschrank zu hängen. Als sie eine Hälfte der schweren Flügeltür öffnete, schlug ihr der Geruch von Staub und altem Holz entgegen. Sie atmete ihn tief ein, bevor sie den Bügel auf die Kleiderstange hing. Vorsichtig schloss sie die Tür mit den wertvollen Schnitzereien auf der Außenseite wieder. Im nächsten Moment ertönte ein leises Knistern, ähnlich wie ein Feuer im Kamin, das an einem Scheit leckte und es allmählich zersetzte. Amelie trat einen Schritt zurück. Das Geräusch schien aus dem Inneren des Schrankes zu kommen. Einen flüchtigen Moment lang streifte sie der Gedanke an einen Fantasyfilm. Lebte etwas in einer anderen Welt jenseits der Rückwand ihres Schrankes? Dann knisterte es wieder, diesmal lauter. Zugleich bildeten sich Risse in der linken Hälfte der Tür, als alterte sie im Zeitraffer. Sie verfärbte sich grau, erst langsam, dann immer schneller. Zuerst zersetzten sich die Schnitzereien, dann fraß sich die Zerstörung von der Mitte zu den Rändern, bis die ganze Tür aussah wie ein altes, erkaltetes Stück verbrannten Holzes. Amelie schlug in Panik die Hände vors Gesicht, und es schien, als hätte der Windhauch, den sie dabei verursachte, ausgereicht, um die Tür in Milliarden graue Staubkörner zerfallen zu lassen. Eine Sekunde später lag sie als feinkörniger Haufen vor ihren Füßen. Der Rest des Schrankes war unversehrt geblieben - es fehlte lediglich die Tür. Amelie rieb sich die Augen. Halluzinierte sie schon wieder? Doch der Anblick blieb derselbe.
    Amelie fühlte sich nicht imstande, einen Muskel zu rühren. Angst und Fa ssungslosigkeit lähmten sie. Dann flackerte die Deckenlampe stärker als zuvor, pausierte sogar für einige Sekunden, sodass es dunkel blieb im Schlafzimmer. Amelie überkam der Wunsch zu schreien, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Als das Licht wieder anging, lag der Haufen grauer Asche noch immer vor dem Schrank. Amelie hatte das Möbelstück zerstört! Eine wertvolle Antiquität! Wie sollte sie das Leif erklären? Dann schob sie den albernen Gedanken beiseite. Ihr Gehirn weigerte sich zu glauben, was sie soeben gesehen hatte und suchte stattdessen nach einer logischen Erklärung, nach einer Ablenkung, um nicht über die Vorkommnisse nachdenken zu müssen. Gab es Termiten im Haus? Lächerlich! Niemals hatte Amelie gehört, dass Insekten ein zentnerschweres Stück Holz innerhalb von Sekunden zerlegen konnten. Egal, wie sehr sie sich auch bemühte, ihre Angst zu unterdrücken, immer wieder schlich sich die Vermutung in ihr Hirn, dass sie es mit paranormalen Aktivitäten zu tun haben könnte. Mit steifen Gliedern ging Amelie zur Zimmertür und öffnete sie einen Spaltbreit. Im gesamten Haus blieb es still. Einzig ihr eigener Herzschlag dröhnte in ihren Ohren. Sie musste Leif anrufen. Dringend. Ihr Handy steckte in der Gesäßtasche ihrer Jeans. Mit zittrigen Händen wählte sie seine Nummer, wobei sie sich mehrfach vertippte. Doch es kam kein Freizeichen. Auch das Handy blieb still, wie tot. Ein Blick auf das Display verriet ihr, dass der Empfang eigentlich hätte ausreichen müssen, um zu telefonieren. Trotzdem tat sich nichts. Übelkeit übermannte Amelie, und sie kämpfte hart gegen den Drang sich zu übergeben. Sie wollte das Haus verlassen, so schnell wie möglich, war jedoch zu ängstlich, um im Dunkeln den unbeleuchteten Weg durch den Wald zu betreten. Außerdem fuhr der Bus um diese Uhrzeit nur noch alle zwei Stunden. Nein. Sie war gefangen.
    Kalter Schweiß trat auf ihre Stirn, sie zitterte am ga nzen Körper. Hektisch zuckte ihr Blick durchs Zimmer, doch es blieb ruhig. Nichts bewegte sich oder deutete darauf hin, dass die Kraft, die die Schranktür zerstört hatte,

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