Herzen aus Stein (German Edition)
Leben gekommen. Die vielen Leichen mit den schwarzen Schwären waren kein schöner Anblick gewesen. Kara hatte versucht, so vielen Sterbenden wie möglich in ihren letzten Minuten beizust e hen, um ihnen die Angst vor dem Tod zu nehmen. Es waren harte Zeiten, auch für Kara, denn es war einer ihrer ersten Einsätze als Engel gewesen. Kurze Zeit später hatte man sie den Londoner Gargoyles zugeteilt. Schon da hatte sie Raphael gefragt, warum er so eine schreckliche Seuche auf die Menschen losgelassen hatte. Er hatte geredet und geredet und sich in fadenscheinige Ausreden ve r strickt, Kriege und Krankheiten damit begründet, dass die Welt nicht ins Chaos stürzte, es kein Ungleichgewicht zwischen Gut und Böse gab, es nicht zu einer Überbevölkerung kam … Kara hatte viele Theorien gehört, aber sie klangen nicht wirklich plausibel. Erst nach diesem Bombenanschlag war ihr bewusst geworden, dass sich R a phael bei dem, was er tat, selbst unwohl fühlte. Von da an hatte sie aufgehört, nach dem Warum zu fragen. Nun sah sie alles glasklar. Er bekam einen Befehl von weiter oben und musste ihn ausführen, ob er wollte oder nicht. Kara wollte nicht in Raffis Haut stecken. Was, wenn Uriel es liebte, Schmerz und Leid heraufzubeschwören?
Ash ließ nicht locker. „ Was hast du dort über mich herausgefu n den? Was hat Uriel dir erzählt? “
„ Er sagte, in den alten Schriften stehe geschrieben, wir sollen dir die Erinnerungen an dein altes Dasein lassen. Ansonsten hätte ich dem nie zugestimmt. Aber man darf sich nicht gegen sein Schicksal stellen, die Welt würde sonst im Chaos versinken. “
Jeder von Ashs Muskeln schien angespannt. „ Hast du gesehen, wie … Wann werde ich erlöst? “
Stockend sprach Raphael weiter, wobei Kara wieder bemerkte, dass er kurz in ihre Richtung blickte. „ Uriel hat mir gesagt: Es wird das Ende kommen für Ash, den Dämon. In einem Kampf, in dem fast jeder der fünf von einer anderen Art ist, wird er nicht allein ve r gehen. “
Kara schnappte nach Luft. Es stand also unausweichlich fest, dass Ash und offensichtlich noch jemand sterben würde? Sie hatte schon einmal sein Schicksal abgewendet, doch anscheinend ließ es sich nicht verhindern. Sie durfte die Uhr auch nicht mehr benutzen. Aber was meinte Raffi mit fünf? Wer war noch in den Kampf involviert? Kara hatte nur Vincent und die Hexe bemerkt, das machte mit Ash drei. Vincent hatte ausgesehen, als wäre er verletzt gewesen, doch würde er an den Wunden sterben? Nein, bitte, sie wollte nicht noch jemanden verlieren, der ihr wichtig war.
„ Dann werde ich sterben. Es ist beschlossen. “ Ash schlenderte seufzend zum Bett und setzte sich neben Kara, die Ellbogen auf seine Knie abgestützt. „ Wenn das alles war, wenn so meine Erlösung aussieht, hätte ich mich gleich von Ceros umbringen lassen können. All die Jahrhunderte als Sklave eines Dämonenfürsten … für nichts! “
„ Nein! “ Kara sprang auf und stellte sich vor ihn. „ Es mag dein Schicksal sein, aber nicht deine Bestimmung. “
Ash sah unter gerunzelter Stirn zu ihr auf. „ Worin liegt der Unte r schied, Süße? “
„ Du kannst dein Schicksal beeinflussen. Mit deinem freien Willen. Sein Schicksal kann man also ändern, seine Bestimmung nicht. Die ist unausweichlich festgelegt, während es sich mit dem Schicksal so verhält wie mit der Zukunft. Sie ist einem ständigen Wandel unte r worfen, je nachdem, welche Entscheidungen wir treffen. Wollen wir aber unserer Bestimmung entkommen, können wir tun und lassen, was wir wollen – es wird uns nicht gelingen. “ Mit heftig pochendem Herz sah sie zu Raphael. „ Das stimmt doch, oder? “
Dieser schaute lächelnd zu ihr. „ Du hast ja doch was von dem b e halten, was ich dir beigebracht habe. “
„ Raphael! Könntest du einmal eine direkte Antwort geben? “
„ Er war schon immer so “ , murmelte Ash und schaute zu Kara. „ Na schön, wenn sowieso alles egal ist … “ Ein teuflisches Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus.
Kara wusste genau, was er dachte.
Raphael anscheinend auch, denn er befahl schneidend: „ Komm her, Ash! “
Ashs Lächeln verschwand schlagartig. Auch Kara war überrascht wegen der Schärfe in Raphaels Stimme. Ash erhob sich, um zum Erzengel auf den Balkon zu gehen. Kara hätte erwartet, dass ein Dämon sich gegen derartige Befehle sträuben würde. Raffi schirmte ihn mit seinen Flügeln vor neugierigen Blicken ab. Kein Mensch würde Ash sehen können, während
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