Herzen aus Stein (German Edition)
verstaute die Kleidungsstücke hinter dem Karton. Sie durften nichts mit in den Klub nehmen, was sie verraten könnte. „ Und noch deine Schuhe, bitte. “
Vincent gab sie ihr und stand nun lediglich in seiner Latex-Shorts vor ihr. Er fühlte sich offenbar nicht wohl, denn er schaute sich immer wieder um und verlagerte sein Gewicht von einem Bein aufs andere, wobei er sich ständig über den Nacken fuhr.
„ Versuch, deine Nervosität abzulegen “ , schlug sie vor, obwohl es ihr nicht besser ging. Er konnte bestimmt ihr Herz durch die enge Korsage schlagen sehen. Bevor sie hergekommen waren, hatte Vi n cent ihr geholfen, künstliche schwarze Strähnen in ihrem Haar zu befestigen. Sie bildeten einen wundervollen Kontrast zu ihrem natü r lichen Weiß. Noir sah verdammt dämonisch aus. Die Augen mit Kajal umrahmt, das Gesicht hell gepudert – damit ihre Narbe nicht auffiel –, und die Lippen dunkelgrün geschminkt, die Fingernägel in derselben Farbe lackiert. Ihre Frisur trug sie zu einem engen Knoten aufgesteckt, nur einzelne Strähnen fielen über ihre Schulter n . Natü r lich hatte sie ihre kniehohen Stiefel an und hielt die Peitsche in der Hand. Vincent legte sie noch ein Halsband mit Leine an, was ihm – seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen – immer noch missfiel.
Noir drängte sich an ihn und er umarmte sie fest. Seufzend schmiegte sie ihren Kopf an seine Schulter. „ Ich habe Angst “ , g e stand sie. „ Angst, dass dir etwas passiert und Angst, weil ich nicht weiß, was ich tun soll, wenn ich Jamie treffe. “
„ Um mich brauchst du dir die wenigsten Sorgen zu machen “ , murmelte Vincent in ihr Haar. Ich sterbe sowieso bald.
„ Das hab ich gehört “ , flüsterte Noir bedrückt. „ Wie fühlst du dich? “
„ Dein Trank und die italienische Sonne tun mir gut. “
Er zog sie fester in seine Arme. Ihm machte das Thema sehr zu schaffen. Nun, da sie wusste, dass er nicht mehr lange lebte, war sie von einer tiefen Traurigkeit erfüllt. Noir hätte nur noch weinen und jede Sekunde an seiner Seite verbringen mögen, nur sie beide, an einem Ort, wo sie niemand störte. Aber sie musste zuerst an ihren Bruder denken und an das Medaillon. Auch wenn sie nichts weiter für Vincent tun konnte, als ihm ihren Kräutertrank zu geben, so konnte sie vielleicht Jamies Leben retten.
Plötzlich räusperte sich Vincent und sagte leise: „ Warum kannst du nicht schwanger werden? “ Ich habe nicht mitbekommen, dass du verhütest.
Hitze schoss in ihr Gesicht. Aber nicht aus Scham, sondern weil seine Worte sie an die schreckliche Wahrheit erinnerten. „ Kannst du dich an den Kampf in Prag erinnern, als ich dich verletzt habe? “
„ Der Dämon im U-Bahntunnel. Ich erinnere mich zu gut. Ich ha t te solche Angst um dich und dachte, ich würde zu spät kommen, als ich dich am Boden liegen sah. Danach bist du ins Krankenhaus g e gangen und hast es erst zwei Tage später wieder verlassen. “
„ Ich bin abgehauen, weil ich es nicht aushielt, stundenlang im Bett zu liegen. “ Ein trauriges Lächeln huschte über ihr Gesicht. „ Die Ärzte sagten mir, dass ich wohl nie Kinder bekommen kann. Ich habe innere … Vernarbungen davongetragen. “ Jetzt wünschte sich Noir, einen Teil von Vincent für immer bei sich zu haben, ein Kind von ihm zu bekommen. Doch sie war keine vollwertige Frau mehr. Sie hätte ohnehin nie als seine Gefährtin getaugt. Sie hatte noch nicht eine Beziehung gehabt, wusste nicht, wie das überhaupt war, und dann sollte sie gleich auf ewig Vincents Partnerin sein? Wah r scheinlich war sie gar nicht beziehungsfähig.
Umso stärker war der Drang, Jamie aus der Hölle zu holen, damit er eines Tages das Erbe der Familie LeMar fortführen konnte. Sie hatte versucht, ihre Gefühle für Vincent seit ihrer ersten Begegnung so gut es ging zu unterdrücken, und das war gut. Sie hatte den Ve r lust ihrer geliebten Familie schon nicht ertragen, wie sollte sie es überleben, den einzigen Menschen zu verlieren, den sie liebte? Leider spürte sie etwas, ganz tief in ihrem Herzen. Vehement versuchte sie, diese Emotionen zu ignorieren. Sie musste sich schützen. Musste stark bleiben. Ansonsten würde sie sich für Dämonen angreifbar machen und der Schmerz noch größer werden.
Noir zuckte zusammen, als sie ein Geräusch im benachbarten Ke l lerraum hörte. Sofort schaltete sie das Handy aus und legte es ebe n falls hinter den Karton. Vincent zog sie hinter sich. Beide verharrten sie im Schutz der
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