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Herzen aus Stein (German Edition)

Herzen aus Stein (German Edition)

Titel: Herzen aus Stein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka Loreen Minden
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erneut auf. „ Bitte! Gebt mir noch eine Chance! “ Sein Puls klopfte so hart in den Schläfen, dass ihm beinahe der Schädel platzte. Mehr noch als der pulsierende Schmerz brannte die Demütigung, weil er hier, in seiner Residenz, auf den Knien saß und sich nicht wehren konnte. Er versuchte , seine Hände freizubekommen, aber die Knoten saßen fest. Er war zu geschwächt. Dieser verdammte Dorn in seinem Nacken!
    „ Wehre dich nicht dagegen, dann hast du es schneller übersta n den “ , sagte Raphael leise, bevor er den ersten Schnitt machte.
    Ashriel brüllte aus Leibeskräften. Niemals zuvor hatte er solche Schmerzen gefühlt. Die scharfe Klinge durchschnitt mühelos Fleisch, Sehnen, Nerven und Knochen. Das feuchte Gewebe zischte und ein heftiger Schlag fuhr durch Ashriels Körper bis in seine Ei n geweide, wo der Schmerz explodierte. Nein, nicht seine Flügel! „ Nein!!! “
    Als der rechte Flügel von seiner Schulter fiel und dadurch Gewicht an seinem Rücken fehlte, mussten die anderen Ashriel fester halten. Sein Mund war zu einem Schrei aufgerissen, doch kein Laut kam aus seiner Kehle. Der Schmerz war so gewaltig, dass ihm die Luft we g blieb. Schwarze Flecken tanzten vor seinen Augen.
    Raphael hatte es tatsächlich getan! Ashriel schluchzte auf. Raphael setzte das Messer an seinem linken Schulterblatt an. Ashriel japste nach Luft. Abermals glitt die Schneide mühelos durch das Gewebe. „ Nein! “ Verbissen versuchte er , sich zu wehren, doch die anderen hielten ihn in ihrem eisernen Griff. Glühende Wellen der Pein jagten durch seinen Körper, bevor sie in seinem Gehirn explodierten, s o dass die Welt vor seinen Augen in schwarzem Nebel verschwand.
    Der zweite Flügel fiel beinahe geräuschlos zu Boden. Ashriel wol l te nicht hinter sich sehen. Er würde den Anblick nicht ertragen kö n nen. Hektisch rang er nach Luft. Auf dem Marmor hatte sich eine Pfütze aus Tränen, Rotz und Speichel gebildet.
    Seine Flügel, seine herrlichen Schwingen. Fort! Für immer! Ashriel weinte wie ein kleines Kind. Er wollte nur noch sterben, aber er wusste, das war nicht das Ende. Die eigentliche Qual würde erst folgen.
    „ Haltet ihn fester “ , sagte Raphael zu den beiden anderen Engeln, die daraufhin Ashriels Arme umschlossen.
    Als Raphael seine Wunden ausbrannte, damit die Flügel garantiert nicht mehr nachwachsen konnten, stieß Ashriel heisere Schreie aus. Die glühende Klinge bohrte sich tief ins Gewebe. Es zischte und stank bestialisch. Langsam breitete sich die Schwärze immer mehr vor seinen Augen aus. Sie bedeutete kurzzeitige Erlösung, aber er wollte auf keinen Fall in Ohnmacht fallen, nicht noch mehr Schw ä che zeigen. Der Geruch nach verbranntem Fleisch war übermächtig. Er würgte und hätte sich übergeben, wenn sich etwas in seinem M a gen befunden hätte.
    Raphael hatte ihm tatsächlich seine Flügel genommen. Ashriel konnte es immer noch nicht begreifen.
    Michael und Gabriel griffen ihm unter die Arme, um ihn nach oben zu ziehen. Dann schleiften sie ihn aus der Burg. Er war nicht mehr fähig, auch nur einen Schritt zu machen. Blut lief seinen R ü cken hinab bis in den Bund seiner Hose. Auf dem Boden hatte sich eine scharlachrote Pfütze gebildet, auf der seine schillernden Flügel lagen. Ashriel konnte nicht hinsehen. Seine prächtigen Schwingen … Er schluchzte ein letztes Mal auf, bevor er das Bewusstsein verlor.
     
    Als er die Augen aufschlug, fand er sich mit den Händen an einen Pfahl gebunden. Zitternd stellte er sich auf die Füße, weil die ei n schneidenden Seile und seine nach oben gestreckten Arme schmer z ten. Steinchen stachen in seine Fußsohlen. Ashriel sah an sich hinu n ter und stellte fest, dass er nackt war. Hitze schoss ihm ins Gesicht. Mit dem Verlust seiner Flügel hatte er bereits seinen Engelstatus verloren, weshalb er zum ersten Mal Scham empfand. Es war ein schreckliches Gefühl, derart entblößt zu sein. Engel kannten solche Empfindungen, die sie entkräften konnten, normalerweise nicht, deshalb waren sie auch so starke Persönlichkeiten. Und oft arrogant. Hatte er vielleicht deshalb nicht bemerkt, dass er zu weit gegangen war?
    Seine plötzliche Schwäche wurde ihm nur allzu bewusst. Er spürte den Dorn in seinem Nacken. Solange er seine Seele besaß, hatte er noch begrenzte Fähigkeiten. Doch wie sollte er sich aus dieser au s weglosen Situation befreien, wenn er seine Kräfte nicht anwenden konnte? Er konnte sich nicht unsichtbar machen oder einen glühe n den

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