Herzen im Feuer
»Natürlich kennt Nicholas eine so schöne Frau wie Sie. Kein Wunder,
daß Sie ihn nicht erwähnt haben, ich habe ja auch nicht über ihn gesprochen.« Der Schwede sah sie betreten an.
»Dann wissen Sie nichts über mich?« forschte Mara vorsichtig nach.
Der Schwede schaute sie verständnislos an. »Was sollte ich denn über Sie wissen, außer daß Sie eine der schönsten Frauen sind, die mir je begegnet sind?« antwortete er aufrichtig.
»Ich fürchte nur, Nicholas denkt da ein wenig anders«, antwortete Mara. Sie hatte beschlossen, dem Schweden die ganze Wahrheit zu sagen, damit Nicholas keine Gelegenheit hatte, ihn auf seine Seite zu ziehen.
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, protestierte der Schwede. »Ni- cholas ist schließlich nicht blind. Er weiß Schönheit zu schätzen. Und ohne Ihnen nahetreten zu wollen, ich glaube nicht, daß Sie ihn abweisen würden, denn Nicholas kann sehr entschlossen sein.«
Mara lächelte unsicher. »Das habe ich bereits herausgefunden. Lei- der. Nicholas kann aber auch sehr nachtragend sein, und wenn er jemanden haßt oder der Meinung ist, daß noch eine Schuld aussteht, dann ist er ein erbarmungsloser Gläubiger, nicht wahr?«
Der Schwede beobachtete sie schweigend. Ihm war aufgefallen, daß sie die Fassung verlor, sobald sie über Nicholas sprach. Er warf Jenny einen Blick zu, die zu seiner großen Erleichterung in ihre Arbeit vertieft schien. Dann wandte er sich wieder Mara zu und beugte sich vor. »Sie brauchen mir nichts zu erzählen, wenn Sie das nicht möchten, aber ich begreife nicht, warum Nicholas Ihnen etwas Böses wünschen sollte oder Ihnen schaden will. Er ist ein vernünftiger und ehrlicher Mann, trotz aller gegenteiligen Gerüchte.«
Mara lachte kurz auf und wich dem Blick des Schweden aus, als sie gestand: »Er hat allen Grund, mich zu hassen. Ich... bin schuld an dem Tod - nein, an dem Selbstmord seines Neffen Julian. Er hat sich vor ein paar Jahren in London umgebracht. Nicholas hat sich geschworen, daß ich dafür büßen muß. Und ich habe gebüßt.«
Mara hob den Blick. Zu ihrer Überraschung schaute sie der Schwede verwirrt an. »Das verstehe ich nicht, Miss O'Flynn. Haben Sie Nicho- las auch wirklich richtig verstanden? Der einzige Neffe namens Julian, den Nicholas hat, lebt doch noch.«
Mara blieb der Mund offenstehen. »Lebt? Julian lebt noch? Er hat sich nicht erschossen?« wiederholte sie fast lautlos. »Und all die Jahre dachte ich, ich hätte ihn in den Tod getrieben.«
Plötzlich begannen Maras Augen zornig zu funkeln. Ihr war wieder eingefallen, daß Nicholas sie absichtlich in diesem Glauben gelassen hatte. »Er hat mir nicht verraten, daß Julian noch lebt«, erklärte sie lauter und schaute dem Schweden ins Gesicht. »Dieser Schuft! Warum haßt er mich so sehr, daß er mir so etwas antut?«
Mara schaute zu Jenny hinüber, die inzwischen ihre Arbeit niederge- legt hatte. Sie lauschte ganz offensichtlich ihrem Gespräch. »Sie können genausogut die ganze Wahrheit erfahren. Es ist besser, wenn ich es selbst erzähle, als wenn Sie es von jemand anderem erfahren.«
»Ich kann auch hinausgehen«, erbot sich Jenny verlegen und stand auf.
»Nein, bitte.« Mara machte eine Geste, sich wieder zu setzen. »Ich habe Ihnen schon einmal erklärt, daß ich Fehler gemacht habe. Nun, dies war mein schlimmster. Ich war der Grund, warum sich ein junger Mensch das Leben nahm - oder zumindest nehmen wollte«, korrigierte sich Mara. »Ich dachte, er hätte sich umgebracht. Zumindest hat er es versucht, und zwar meinetwegen. Ich habe ein grausames Spiel mit ihm getrieben, habe ihn gequält, ihn zum Narren gehalten.« Mara sah die beiden flehend an. »Aber ich habe für meine Sünden gebüßt, und Nicholas hat sich grausam an mir gerächt. Warum muß ich weiter bezahlen?« Sie wandte sich an den Schweden. »Sie können Nicholas ruhig verraten, wo ich wohne. Irgendwann findet er mich sowieso. Und wenn Sie uns lieber nicht mehr besuchen wollen, kann ich Ihnen deswegen keinen Vorwurf machen. Schließlich ist Nicholas Ihr Freund.«
Der Schwede rieb sich verlegen das Kinn. »Vielen Dank, daß Sie so ehrlich sind. Sie hätten mir das nicht erzählen brauchen, deshalb be- wundere ich Ihre Aufrichtigkeit.«
Mara mußte lachen. »Sie sind der erste, der mich deswegen bewun- dert. Ich bin leider nicht besonders gut, was Geständnisse betrifft. Ich bin ziemlich aus der Übung.«
»Nun, niemand gibt gern zu, daß er einen Fehler gemacht hat. Ich jedenfalls
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