Herzen im Feuer
sie schließlich mit zitternder Stimme.
»Nein, das ist es nicht«, beruhigte sie der Schwede, »aber weil ich selbst verliebt in Sie bin, bin ich auch sehr einfühlsam. Es soll unser Geheimnis bleiben.«
»Vielen Dank«, sagte Mara erleichtert. Sie nahm die erste Treppen- stufe und drehte sich dann noch einmal um. »Ich hoffe, wir werden trotzdem Freunde bleiben?«
Der Schwede nickte und rang sich zu einem Grinsen durch. »So leicht werden Sie mich nicht los.«
»Das höre ich gern«, lächelte sie.
Und als Mara am nächsten Morgen die Treppe herunterkam, saß er bereits bei einer Tasse Kaffee im Salon und lachte mit Jenny über Peters Gekasper.
»Guten Morgen«, begrüßte ihn Mara freundlich. Nichts ließ erken- nen, daß sie eine schlaflose Nacht verbracht hatte. »Endlich scheint mal wieder die Sonne.« Sie schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und freute sich schon auf die nächste Stunde, die sie mit angenehmen Plaudereien verbringen würde. Das war schon fast zu einem Ritual geworden, seit der Schwede sie besuchte.
Mara lachte gerade über eine der zahllosen Anekdoten, die der Schwede in petto hatte, als eine laute Stimme aus dem Gang Maras Namen rief.
»Bitte entschuldigen Sie mich einen Augenblick«, sagte Mara. Sie eilte aus dem Zimmer, denn sie hatte die Stimme bereits als die von Jacques d'Arcy identifiziert. Doch als sie in den Gang trat und den Mann neben Jacques erblickte, kam sie ins Straucheln.
Man nannte ihn den Grafen. Niemand kannte seinen wirklichen Namen. Er war höchst elegant gekleidet, aber sein hinterhältiges Aus- sehen wirkte nur abstoßend. Er war nicht so groß wie der Schwede, aber er wirkte zäh und drahtig. Sein mißtrauischer Blick warnte jeden davor, sich mit ihm anzulegen. Noch nie hatte dem Grafen etwas nachgewiesen werden können, aber Mara wußte, daß die vielen Ge- rüchte, die über ihn kursierten, wahr waren. Zu oft schon waren Jacques' Widersacher auf mysteriöse Weise zu Tode gekommen oder hatten einen Unfall erlitten, der sie für Monate aus dem Verkehr zog.
»Was wollen Sie?« erkundigte sich Mara tapfer.
»Du weißt doch ganz genau, was ich will, ma petite«, antwortete Jacques mit einem haßerfüllten Flackern in den Augen. »Wir beide haben noch ein Hühnchen miteinander zu rupfen. Ich würde dir raten, kein unnötiges Aufsehen zu machen«, zischte er. »Du möchtest doch nicht, daß deinem kleinen Jungen etwas zustößt, öder? Also komm mit Jacques und dem Grafen, klar?«
Die Augen des Grafen zeigten keinen Funken Gefühl. Sie erinnerten Mara an die eines Reptils. Gebannt beobachtete sie, wie die Hand des Grafen in seine Jackentasche glitt und eine Sekunde später mit einem scharfen, glänzenden Messer wieder auftauchte. Sein Daumen liebkoste den Elfenbeinknauf. Mara drohten die Beine zu versagen.
Jacques schüttelte mitleidig den Kopf. Ein sadistisches Lächeln ver- zerrte sein Gesicht, als er sagte: »Du mußt noch deine Lektion lernen, ma petite, fürchte ich. Denn keine Frau weist mich ungestraft ab. Vielleicht wirst du dich später einmal nach meinen Küssen sehnen, wenn sich die Männer voller Abscheu von deinem entstellten Gesicht abwenden. Aber dann werde ich dich um meine Liebe winseln lassen, und selbst ich werde dich dann nicht anschauen können, denn der Graf ist für seine gründliche Arbeit bekannt. Vielleicht aber überlege ich es mir doch noch anders, wenn du sehr nett zu mir und dem Grafen bist.« Jacques' Augen wanderten langsam über Maras Körper, und sein Lä- cheln verriet nur allzu deutlich seine Absichten. »Also mach keine Schwierigkeiten, ma petite«, warnte er sie. Dann nahmen er und der Graf sie in ihre Mitte.
»Selbst wenn sie keine Schwierigkeiten macht, ich mache ganz be- stimmt welche«, verkündete eine ruhige Stimme hinter Mara.
Noch nie war Mara so froh gewesen, die Stimme des Schweden zu hören. Sie spürte seine Kraft fast körperlich, als er sich an ihr vorbei- drückte.
Jacques und den Grafen schien der Auftritt eines so mächtigen Gegners vollkommen aus dem Konzept zu bringen.
»Immer mit der Ruhe, mein Freund«, erklärte Jacques mit falscher Freundlichkeit, während er vorsorglich einen Schritt zurück machte und dem Grafen den Vortritt ließ. »Das ist eine private Angelegenheit. Nur ein kleines Geschäft zwischen mir und der Dame, nichts von Bedeutung.«
Der Schwede lächelte grimmig. »Erstens bin ich nicht Ihr Freund. Zweitens macht die Dame mit Ihnen bestimmt keine Geschäfte. Und drittens sind Sie und
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