Herzen im Feuer
in ihrem Unterrock vor der Koje, als Nicholas wenig später wieder in die Kabine kam. Seine Haut war von dem kalten Wind auf Deck gerötet und seine Locken windzerzaust. Müde schüttelte er den schweren Mantel aus. Er sah nicht so aus, als hätte er eine angenehme Nacht verbracht, und als er Mara im Unterkleid vor sich stehen sah, mit seidig glänzender Haut, verfinsterte sich seine Miene noch mehr. Maras Schadenfreude verflog jedoch, als sie sich ihr Kleid über den Kopf zog und versuchte, es zuzuhaken. Als sie nach mehreren Minuten keinen nennenswerten Erfolg erreicht hatte, gab sie auf. Sie schaute schwei- gend auf Nicholas' breiten Rücken, denn er hatte sich von ihr abge- wandt und las mit wachsender Hingabe ein Buch, scheinbar blind und taub gegenüber ihren Anstrengungen.
Mara klopfte mit ihrem seidenbeschuhten Fuß auf den Boden, bevor sie sich ihre Niederlage eingestand, seufzte und zu ihm hinüberging. »Ich brauche tatsächlich jemanden, der mir hilft. Würdest du so freund- lich sein?« fragte Mara, drehte ihm den Rücken zu und wartete.
Nicholas blickte auf und sah einen schlanken, geraden Rücken vor sich. Ein diebischer Glanz trat in seine Augen, als er seinen Blick ihren Rücken hinauf und über den Hals wandern ließ, bis zu den feinen, seidigen Haaren in ihrem Nacken unter dem arrogant zur Seite geneig- ten Kopf.
»Natürlich. Es ist mir ein Vergnügen. Aber«, erklärte er, während er sich erhob und die beiden Stoffenden zusammenraffte, »meine Dienste sind nicht länger gratis. Ich verlange Lohn.«
Mara schaute ihn über die Schulter hinweg an. »Was soll das heißen? Ich habe kein Geld; das weißt du genau.«
»Aber du hast zwei zarte Lippen; ich glaube, ein Kuß würde mich für meine Mühen entschädigen«, schlug Nicholas leise vor und schaute ihr tief in die Augen.
Mara wandte ihren Kopf wieder ab, um seinem atemberaubenden Blick zu entkommen, und er fuhr fort, ihr Kleid zu verschließen. Immer wieder berührten seine Finger ihre Haut - vielleicht etwas zu oft, dachte sie reuevoll, als seine Hand auf ihrer Schulter zu ruhen kam, nachdem der letzte Haken geschlossen war.
Mara gab sich einen Ruck und drehte sich zu ihm herum, obwohl er immer noch dicht hinter ihr stand.
»Nun, wie steht es mit meinem Lohn?« fragte er.
Mara hätte ihn auch ohne diese Erpressung gern geküßt, aber sie hatte sich geschworen, ihm ihre Gefühle keinesfalls zu zeigen. Deshalb neigte sie den Kopf zur Seite und tat, als müsse sie überlegen. Ihre Lippen hatte sie nachdenklich gespitzt. »Hmmm, der ist wohl fällig.«
Nicholas lächelte ironisch und erklärte: »Wie großzügig von Ihnen, Madam, mir eine solche Ehre zu erweisen.« Dann zog er sie in seine Arme und küßte sie lange und innig. Maras Lippen zitterten, als er seinen Mund von ihrem löste, und sein warmer Atem strich über ihr Gesicht. Er sah ihr tief in die Augen, die halb unter schweren Lidern verborgen waren.
»Ich kann es kaum erwarten, bis du dich heute abend umziehen mußt. Wir speisen nämlich mit dem Kapitän«, erklärte Nicholas voller Vorfreude.
An diesem Tag tauschten Jamie und Mara zum erstenmal in ihrem Leben die Rollen. Jamie schien es viel unangenehmer zu sein, von Mara bedient zu werden, als die sich entwickelnde Beziehung zwischen Mara und Nicholas mit anzusehen. Als sie erfahren hatte, wie die Kabinen aufgeteilt worden waren, war sie zuerst überrascht, dann mißtrauisch und schließlich fast erfreut gewesen.
»Ich verstehe dich wirklich nicht«, meinte Mara, der Jamies Reaktion Rätsel aufgab. »Ich dachte, du kannst Nicholas Chantale nicht leiden. Und es macht dir trotzdem nichts aus, daß ich mir eine Kabine mit ihm teile?«
»Nein«, antwortete Jamie entschieden. »Ich kenn' den Herrn ja gar nich', also weiß ich auch nich', ob ich ihn leiden kann oder nich'. Und was Sie in Ihrer Kabine anstellen, geht mich nich' die Bohne an. Ich schätze, es wird Zeit, daß Sie sich 'nen Mann suchen, und zwar 'nen guten. Er is' ein Herr, und man kann ihm vertrauen. Immerhin hat er Paddy gerettet. Jedenfalls is' es nich' gut, wenn 'ne so schöne Frau wie Sie allein bleibt. Das bringt nur Ärger. Mir ist es recht, wenn ein Mann
in der Nähe ist, jetzt wo...« Jamie ließ den Satz in der Luft hängen, aber Mara wußte, was sie hatte sagen wollen. Brendan stand ihnen nicht mehr bei. Sie brauchten einen Beschützer.
Mara funkelte die so selbstsicher wirkende Jamie an. »MisTrèss Jame- son, wenn du den Mann so gern magst, kannst du
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