Herzen im Feuer
ja deine Koje mit ihm teilen«, empfahl sie. Jamies Gesicht wurde puterrot.
»Niemals!« brach es aus ihr heraus. »Aber Sie brauchen ganz be- stimmt jemanden, der Ihre Zunge im Zaum hält! Meine Güte, das haben Sie wirklich von Ihrer Mama geerbt, Gott sei ihrer armen Seele gnädig. Sie konnte wirklich jeden an die Wand reden.«
»Ich habe nicht die Absicht, in ihre Fußstapfen zu treten, Jamie«, beschied ihr Mara. Die Erinnerung an Maud erschreckte sie einen Augenblick lang.
»Das werden Sie auch nich'«, versicherte ihr Jamie. »Sie sind viel stärker, als es Maud je war.«
Maras Blick ruhte auf der kleinen Frau. Sie fragte sich, ob das stimmte. Früher einmal war sie überzeugt davon gewesen, aber Nicho- las gegenüber fühlte sie sich schwach wie nie zuvor. Er durfte nicht einmal ahnen, wie verletzlich sie war.
»Mara!« Paddy versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. »Spielst du Krieg mit mir?« fragte er drängelnd. Er war eifersüchtig auf diesen großen Mann, der Maras Zeit in Anspruch nahm und auch noch allgegenwärtiges Gesprächsthema war.
Mara lächelte und ließ sich auf der Koje nieder. »Bekomme ich die Briten oder die Franzosen?«
»Die Franzosen natürlich.« Paddy war selig, daß sich Mara ihm wieder widmete. Bald würden ihre Truppen ihm gehören, denn die Engländer gewannen grundsätzlich bei seinen Schlachten.
Aus der einen Woche an Bord wurden bald zwei und drei, und schließlich näherten sie sich der Südspitze Amerikas. Diesmal fürchtete sich Mara noch mehr vor der Reise um Kap Hoorn als beim erstenmal, denn diesmal wußte sie, welche Stürme sie dort erwarteten. Sie wußte allerdings nicht, was sie von Nicholas zu erwarten hatte, obwohl er sie noch nie belästigt hatte, sondern ungestört neben sich schlafen ließ.
Als der erste Monat auf See zu Ende ging, wurde Mara klar, daß ihre Zuneigung zu Nicholas Chantale tiefer war, als sie sich bisher einge- standen hatte. Sie hatte sich endgültig in den dunklen Kreolen verliebt. Es war weit mehr als bloße Lust oder Gefallen an seinem anziehenden
Äußeren. Sie verbrachten einen Großteil ihrer Zeit zusammen, und allmählich lernte Mara den Menschen Nicholas kennen. Dadurch er- oberte er schließlich ihr Herz, wie auch durch seine Bemühungen, sich mit Paddy anzufreunden.
Zu Maras Überraschung versuchte Nicholas, Paddy in ihre Aktivi- täten einzuschließen. Zuerst war er mit seinen Bemühungen auf Gra- nit gestoßen, denn Paddy begegnete seinem Rivalen um Maras Gunst mit tiefem Mißtrauen. Aber ein einsamer siebenjähriger Junge hatte keine Chance gegen einen charmanten, erfahrenen und fast dreißig Jahre älteren Mann. Bald hing Paddy an Nicholas' Lippen, wenn jener von den gefährlichen Alligatoren in den Sümpfen Louisianas, den Angelabenteuern am Mississippiufer oder vom Krabbensammeln er- zählte.
Und als sie sah, daß sich Nicholas so eifrig um Paddy bemühte, fühlte sich Mara nur noch mehr zu ihm hingezogen. Dieser Mann würde Paddy als seinen Sohn akzeptieren und ihnen beiden ein Heim schaffen. Plötzlich war Mara neidisch auf die uneingeschränkte Zunei- gung zwischen Nicholas und Paddy. Sie wünschte, ihre Beziehung zu dem großen Kreolen wäre ebenso problemlos.
An einem stürmischen Nachmittag versuchte sich Mara gerade zu entscheiden, ob sie As oder Königin ablegen sollte - Nicholas hatte die letzten Spiele gewonnen -, als sie auf einmal erstarrte. Nicholas schaute auf und bemerkte ihre entsetzte Miene.
Mara hörte die leisen Töne aus dem Gang hereinschweben und stand langsam auf. »Aber er ist tot«, hauchte sie mit gebrochener Stimme. Gebannt verfolgte Nicholas, wie sie ihre Fassung verlor. Sie sank in sich zusammen, und ihre Schultern sackten herab. »Brendan«, hörte Nicholas sie gedankenverloren murmeln, während sie blicklos in die Ferne starrte. »Er haßte das Meer. Er sagte immer, es sei eine grausame Ironie, daß man ihn ausgerechnet nach St. Brendan, dem Seefahrer, benannt hatte. Und er spielte auf seiner Fiedel, wenn es ihm zuviel wurde«, entsann sich Mara. Als das Geigenspiel lauter wurde, so daß auch Nicholas es hören konnte, legte sich Mara die Hände über die Ohren. Schließlich stürzte sie aus der Kabine.
Mara folgte der Musik den Gang hinunter. Als sie die Tür zu Jamies und Paddys Kabine öffnete, starrte sie fassungslos auf den Geiger. Es war nicht Brendan. Aber er hatte die gleichen rotbraunen Locken und die gleichen lachenden Augen. Paddy! Er spielte auf Brendans
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