Herzen im Feuer
Traurigkeit.
»Sie haben noch nicht von mir gehört, aber ich bin Don Andres' Mündel. Außerdem bin ich seine Cousine. Ich lebe hier auf dem ran- cho«, erklärte sie beinahe trotzig, als würde sie sich das von niemandem streitig machen lassen. Ihre Lippen zitterten kaum merklich, und sie strich nervös mit der Hand über ihr schwarzes Gewand. Dann erklärte sie: »Ich trauere um meinen Vater.«
»Das tut mir sehr leid, Doña Feliciana«, bekundete Mara ziemlich ungeschickt. Merkwürdigerweise fühlte sie sich irgendwie verantwort- lich für die Trauer des jungen Mädchens. »Das sind mein Cousin Brendan O'Sullivan und sein Sohn Paddy.«
»Ich bin sehr erfreut, Ihre charmante Bekanntschaft zu machen, Doña Feliciana«, begrüßte Brendan sie, worauf sie verlegen errötete.
Sie murmelte etwas Unverständliches und lächelte dann, als Paddy seinen Vater nachmachte: »Und ich bin sehr erfreut, Ihre charmante Bekanntschaft zu machen, Doña Felice - äh - Felice.«
»Ein vollendeter junger Herr, Señor O'Sullivan.«
»Bitte nennen Sie mich Brendan. Ich gehöre fast zur Familie«, bot er ihr draufgängerisch an und ohne Jamies hämisches Grunzen zu beach- ten. »Wir sollten einander näher kennenlernen.«
»Ich muß gehen!« Feliciana wirkte plötzlich nervös. Im Hof waren Stimmen zu hören. »Sie bringen Ihr Gepäck, Sí? Adiós, Señor O'Sul- livan!« Ihr Blick ruhte einen Moment lang auf Mara, bevor sie hinzu- fügte: »Doña Amaya.«
»Na, was hältst du davon?« fragte Brendan amüsiert, wobei er der kleinen Gestalt nachsah, die mit rauschenden Röcken quer über den Hof floh. »Ein scheues kleines Täubchen«, urteilte er dann, ein berech- nendes Glitzern in den Augen.
»Du solltest sie besser in Frieden lassen«, warnte ihn Mara leise, während sie den indianischen Dienern zeigte, wo sie die Koffer und Taschen abstellen sollten. »Du solltest dich um deine Sachen kümmern, Brendan. Die hier gehört mir nicht.«
Brendans Miene verfinsterte sich. »Muß ich denn immer alles selbst machen? He, wartet! Kommt zurück!« rief er den Dienern nach, die das
Zimmer schon wieder verlassen hatten. Als niemand reagierte, mur- melte er unwillig vor sich hin, hob dann seine Tasche auf und trug sie selbst aus dem Raum.
Mara wandte sich zu Paddy um, der schläfrig am Kopfende des Bettes lehnte. Sie nickte Jamie zu und sagte dann: »Ich glaube, wir sollten in dein Zimmer gehen, Paddy. Vielleicht ist dein Bett ja auch so bequem wie meins.«
»Wir könnten alle etwas Ruhe nach der langen Reise gebrauchen«, ordnete Jamie an, bevor sie Paddys Sachen einsammelte und ihn dann in sein Zimmer brachte.
Als Mara später erwachte, war es bereits dunkel. Sie erschauerte in der abendlichen Kühle. Sie setzte sich auf, so daß ihre nackten Zehen den gekachelten Boden berührten, und erschrak über die Kälte. Dann gähnte sie, streckte sich, ging ans Fenster und schaute auf die Hügel, die sich in der Dämmerung zum Horizont erstreckten. Plötzlich wurde die Stille von dem schaurigen Heulen eines Kojoten durchbro- chen. Als sie genau hinsah, konnte Mara auf der Kuppe eines entfern- ten Hügels eine hundsartige Gestalt erkennen.
»Ein einsames Land«, flüsterte Mara zu sich selbst, während sie beobachtete, wie sich die Dunkelheit über die Hügel senkte und wie- der Stille einkehrte. Sie hätte um ein Haar aufgeschrien, als es unver- mittelt an ihre Tür klopfte. Eine Dienerin brachte eine brennende Kerze und einen Kandelaber. Sie stellte den schweren, silbernen Kan- delaber auf den Tisch und entzündete die Kerzen, so daß die tanzen- den Lichter die Illusion von Wärme schufen. Eine zweite Indianerin folgte mit einem Handtuch und einer großen Wasserschüssel. Nach einem kurzen, scheuen Blick auf Mara, in deren jadegrünem Seiden- kleid Goldfäden glitzerten, verließen die beiden Bediensteten wieder das Zimmer.
Mara löste ihren Haarknoten und seufzte erleichtert, als das lange Haar über ihre Schultern fiel. Dann benetzte sie Gesicht und Hände mit Wasser und wusch sich mit dem kleinen, duftenden Seifenstück den Staub und die Müdigkeit von der Haut. Sie kämmte ihr Haar, bis es elektrisch knisterte, warf dann ihren Kopf herum und marschierte aus dem Raum. Sie atmete tief die würzige Luft aus dem Garten ein, dessen Düfte sich in der Dunkelheit noch verstärkten. Paddy schlief tief und fest, obwohl Jamie im Bett neben ihm laut schnarchte.
»Jamie«, flüsterte Mara, ohne eine Antwort zu erhalten. Dann
beugte sie sich
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