Herzen im Feuer
Andres' Cousine.«
Doña Jacinta strahlte fröhlich, und ihre runden braunen Augen glänzten. Ihr hübsches weiches Gesicht schien fast zu klein für den riesigen Kamm, der die schwarzen Haare auf ihrem Kopf zusammen- hielt. Im Gegensatz zu den beiden anderen Frauen war ihr Kleid
pfauenblau, und um ihren Hals lag eine doppelte Perlenkette, die zu ihren Perlohrringen paßte.
»Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen«, antwortete Mara mit einem dezenten Lächeln.
»Das ist Doña Amayas Cousin, Señor Brendan O'Sullivan, und sein kleiner Sohn Padraic.« Brendan hatte schweigend hinter Mara gestan- den und die Frauen begutachtet.
»Doña Ysidora«, sagte Brendan mit tiefem Respekt und beugte sich formvollendet erst über ihre Hand, dann über die Hände der beiden anderen Frauen. »Es ist mir eine Ehre und zugleich ein Vergnügen, mich in so schöner und lieblicher Gesellschaft zu befinden.«
Doña Ysidora bedankte sich mit einem kleinen Lächeln und einem Kopfnicken für dieses Kompliment. »Anscheinend schlägt Doña Amaya eher nach Ihrer Familie, Señor O'Sullivan, denn Sie sehen einander sehr ähnlich«, stellte sie fest, während ihr Blick über Brendans Gesicht glitt.
»Sí, das stimmt, obwohl sie das Kinn ihrer Mutter hat«, mischte sich Don Luís unauffällig ins Gespräch. »Ihre Mutter wäre stolz auf sie ge- wesen.« Dann erblickte er einen jungen Mann, der sich gerade mit einem etwa gleichaltrigen anderen Mann unterhielt, und rief: »Raoul, du hast deine Cousine Doña Amaya noch nicht kennengelernt! Komm her!«
Der junge Mann reagierte sichtlich mißmutig auf diesen autoritären Tonfall, zuckte mit den Achseln und schlenderte langsam herbei.
»Mi muy estimado padre«, erklärte er sarkastisch, hob sein Weinglas und leerte es in einem Zug.
»Raoul!« Don Luís' Miene verfinsterte sich zusehends, als er be- merkte, daß sein Sohn leicht schwankte und sein Blick nicht mehr klar war.
Raoul starrte Mara begierig an, und sein Mund verzerrte sich zu einem Willkommenslächeln, als er sich ihr näherte. »Ah, es ist eine Schande, daß wir nicht zusammen aufgewachsen sind, meine kleine Cousine«, erklärte er bedauernd und die Tatsache ignorierend, daß sie gleich groß waren.
Plötzlich schlang er einen Arm um Maras Taille, zog sie an sich und drückte ihr einen nach Wein schmeckenden Kuß auf den Mund.
»Raoul!« Don Luís' Gesicht war puterrot.
Raoul ließ Mara los. »Ich habe nur Amaya in Kalifornien willkom- men geheißen, wie du es verlangt hast«, antwortete er unschuldig.
»Du beschämst deine Mutter und mich vor unseren Freunden«, fauchte Don Luís ihn an. Er hatte die Fäuste vor Wut fest geballt.
»Bitte, Onkel Luís«, mischte sich Mara ein. »Man darf kleine Jungen nicht immer ernst nehmen. Er tut niemandem weh und macht sich höchstens selbst lächerlich.« Raoul wurde schamrot, als Mara zu lachen begann.
»Komischer Mann.« Paddy drängte sich an Mara, und seine Hand schlüpfte besitzergreifend in ihre, während er zu Raoul aufsah. »Du darfst sie nicht küssen. Sie will nur mich küssen. Sie liebt nur mich.«
»So klein und schon so eifersüchtig«, kicherte Doña Jacinta, die erleichtert beobachtete, wie Raoul sich abwandte, bevor Don Luís ihm weitere Vorwürfe machen konnte.
»Mein Sohn Paddy hängt sehr an Amaya. Sie ist wie eine Mutter zu ihm«, erklärte Brendan traurig und mit leicht bebender Stimme.
»Sehr lobenswert, Doña Amaya«, sagte Doña Ysidora mit wohlge- fälliger Miene, »daß Sie sich so Ihrer Familie widmen. Die Jungen vergessen nur zu oft, daß sie von genau den Alten aufgezogen wurden, für die sie jetzt keine Zeit mehr haben.« Ihr Tonfall war freundlich, aber ihr Blick ruhte die ganze Zeit über auf Raoul.
Mara lächelte insgeheim über Doña Ysidoras Worte. Sie hatte sich schon gefragt, ob die ältere Dame Raouls Benehmen unkommentiert lassen würde. Obwohl Don Andres Herr über den Rancho Villareale war, hatte Doña Ysidora anscheinend immer noch etwas zu sagen.
»Sie haben Jeremiah Davies noch nicht kennengelernt.« Doña Ysi- dora wechselte abrupt das Thema, und der Mann, mit dem sich Raoul unterhalten hatte, kam auf sie zu, als er seinen Namen hörte.
Jeremiah Davies war mittelgroß, hatte braunes Haar und strahlend blaue Augen, die jeden offen anblickten, dem er vorgestellt wurde. Sommersprossen verteilten sich über seine Nase, und seine runden Wangen verliehen ihm, zusammen mit dem breiten Grinsen, das er auch beim magersten Scherz zur Schau
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