Herzen im Feuer
Mexikaner dort, obwohl die Nordamerikaner überall sonst zu sein scheinen.
Seit du abgereist bist, schwärmen ununterbrochen americanos durch unsere Hügel, vom Goldfieber getrieben. Erst habe ich sie noch will- kommen geheißen und sie beherbergt«, ließ sich Don Andres voller Verbitterung und Wut aus, »aber was war der Dank dafür? Ein Wort der Anerkennung? Nein, nur Respektlosigkeit und Verachtung habe ich geerntet.«
Die zuvor sorglose Gesellschaft war verstummt und lauschte teil- nahmsvoll den bitteren Worten Don Andres'.
»Hätte einer von euch geglaubt, daß ein Kalifornier einst als Fremder in seinem Geburtsland gelten könnte?« fragte Don Andres. »Sie lä- cheln, Don Jose, aber das ist die Wahrheit. Mein Recht, das Recht meines Vaters, diese hacienda zu besitzen, wird angezweifelt. Warum soll ich beweisen, daß dies mein Land ist? Die Tatsache, daß es meinem Großvater vom spanischen König selbst gewährt wurde, ist bedeu-
tungslos. Ich habe keine Rechte mehr in diesem neuen Kalifornien. Früher war Villareale ein stolzer, edler Name. Aber ein gringo kennt keinen Unterschied zwischen einem Chilenen, einem Sonorer oder einem Mexikaner. Ein dunkelhäutiger Mensch, der mit Akzent spricht, ist für ihn nichts wert.
Und wie ergeht es unseren Bediensteten in den Minen? Viele sind als geschlagene Männer zu mir zurückgekehrt, und das meine ich im wortwörtlichen Sinn. Sie wurden geprügelt und ausgepeitscht, ernied- rigt und wie Hunde behandelt!«
»Bitte, Andres, mein Sohn«, unterbrach ihn Doña Ysidora ange- spannt, »hör auf. Du verängstigst die Damen.« Sie reichte Doña Jacinta ein Glas Wein, die es mit zitternden Händen an ihre Lippen hob.
»Verzeiht mir, meine Freunde, wenn ich euch erschreckt habe«, entschuldigte sich Don Andres. »Ich ertrage es einfach nicht, daß ich tatenlos zusehen muß, wie mein Land gestohlen wird. Aber was kön- nen wir schon tun?« Plötzlich klang Don Andres resigniert. »Ich bin nur froh, daß mein Vater nicht mitansehen mußte, wie seine Welt zugrunde geht.«
»Silencio, Andres, du gehst zu weit«, wies ihn Doña Ysidora wütend zurecht.
Angespannte Stille senkte sich über die Gesellschaft, bis Doña Ysi- dora mehreren Männern, die gerade erst eingetreten waren, ein Zei- chen gab. Sie versammelten sich in einer Ecke und begannen auf ihren mitgebrachten Instrumenten zu musizieren. Violinen- und Gitarren- klänge zogen durch den Raum, während die Gäste wieder zu essen begannen, aber Mara schien es, als hätten sie all ihren Appetit ver- loren.
Brendan und Mara tauschten einen verwunderten Blick. Sie waren fremd hier und konnten nicht so ganz verstehen, welche Konsequenzen diese Entwicklung für die Kalifornier hatte. Brendan zuckte mit den Achseln und deutete damit an, daß sie das auch nichts anging. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Doña Jacinta zu, die ihre Bewunderung für den hübschen Iren nicht verhehlen konnte.
Die meisten Gäste hatten fertig gegessen und nippten an ihrem Wein, als Raoul eine Zigarre herausholte, sie anzündete und eine dicke Rauch- wolke über den Tisch blies.
»Raoul! Du rauchst, ohne zu fragen?« tadelte ihn Don Luís erbost und zugleich überrascht.
»Raoul, tu das, Raoul, tu dies - immer nur Befehle. Ich frage nieman- den um Erlaubnis, wenn ich rauchen oder trinken möchte. Madre de Dios, ich bin ein Mann, padre, und kein kleiner Junge mehr!« Raouls Stimme war laut und sein Gesicht vom Alkohol und Zorn gerötet.
»Dann benimm dich auch wie ein Mann, denn du bringst Schande über den Namen Quintero. Du hast noch einiges zu lernen, mein Junge, und du wirst den Älteren deinen Respekt erweisen, oder du wirst den Tisch verlassen«, versprach ihm Don Luís mit messerscharfer Stimme.
Raoul sprang auf, warf seinem Vater einen wütenden Blick zu und stampfte aus dem Raum, eine Wolke von Zigarrenrauch zurücklassend.
Doña Jacinta seufzte entmutigt und knabberte unruhig an ihrer Unterlippe. Nervös schaute sie zwischen dem leeren Stuhl ihres Sohnes und dem brodelnden Don Luís hin und her.
»Ich verstehe nicht, was in den Jungen gefahren ist. Niemals dürfte ein Sohn so respektlos mit seinem Vater sprechen. Warum hast du deinem Sohn erlaubt, sich so zu benehmen, Jacinta?« wollte Don Luís wissen und schob damit seiner Frau die Schuld zu.
»Er ist noch jung. Er wird schon noch lernen, wohin er gehört«, erklärte Dorla Ysidora besänftigend, während Doña Jacinta mit den Tränen kämpfte. »Jetzt gehen wir in den
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