Herzen im Feuer
»Dieser Idiot«, knurrte er wütend.
Dann wandte er sich wieder den O’Flynns zu. Augenblicklich ver- schwand das Glitzern aus seinen Augen, und wieder war er ganz der ergebene Diener.
»Haben Ihnen das Rodeo und die merienda gefallen?« fragte er. »Darf ich mich zu Ihnen gesellen, Doña Amaya, Señor O'Sullivan?«
»Natürlich. Seien Sie willkommen«, bot ihm Brendan mit seinem breitesten Lächeln an. »Es muß doch ermüdend sein, immer nur Spa- nisch zu hören«, provozierte er den Amerikaner. Seine Augen blickten unschuldig, und sein Lächeln wirkte ermutigend.
»Es gehört zu meiner Arbeit«, erwiderte Jeremiah mit einem leichten Achselzucken. »Inzwischen sprechen in Kalifornien schon mehr Men- schen Englisch als Spanisch«, kommentierte er mit einem kleinen, zufriedenen Schmunzeln. »Eines Tages wird das Spanische vielleicht vollkommen vergessen sein.«
»Diese Aussicht scheint Sie zu erfreuen«, bemerkte Brendan, als er den Amerikaner kichern hörte. »Aber verlieren Sie dann nicht Ihre Arbeit?«
Jeremiah Davies lächelte wie über einen geheimen Spaß. »Unsere Leben mögen miteinander verknüpft sein, unsere Zukunft ist es nicht«, bemerkte er vieldeutig.
»Ah, Sie glauben an Ihren Reichtum, wie? Haben Sie vielleicht geerbt, oder wollen Sie auch nach Gold suchen?« erkundigte sich Brendan freundlich. Sein Interesse wurde durch das Aufblitzen der Gier in Jeremiah Davies' unschuldig blauen Augen geweckt.
»Gold suchen?« wiederholte er Brendans Frage angeekelt. »Warum sollte ich Gold suchen, wo es doch direkt unter meiner Nase liegt? Man braucht nur die richtigen Werkzeuge, um es zu finden, das ist alles.«
Brendans Augen begannen zu leuchten. »Es gibt Gold auf Don Andres' Land?« fragte er erstaunt.
Jeremiah Davies reagierte darauf mit hochmütiger Belustigung. »Sie sind wie alle anderen, wie all diese Leute auf der Suche nach Reichtum, die das Gold aus der Erde wühlen und es sofort wieder verprassen. Idioten!« fauchte er verachtungsvoll. »Sehen Sie nicht, daß das Land selbst wertvoll ist? Der Glanz des Goldes blendet die Menschen so sehr, daß sie den Wert des Drecks nicht erkennen, den sie beiseite räumen. Ich dagegen, Mister O'Sullivan, erkenne ihn sehr wohl.«
Das Licht in Brendans Augen erstarb bei dieser merkwürdigen Ant- wort. Er verlor jedes Interesse und wandte seine Gedanken wie auch seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zu.
»Sie sollten lieber nach England zurückkehren, Doña Amaya«, empfahl Jeremiah Davies unvermittelt.
Auf Maras überraschten Blick hin hob er wie um Verzeihung bit- tend eine Hand und schüttelte den Kopf. »Das ist nur ein freund- schaftlicher Rat, nicht mehr. Sie sind eher Europäerin als Spanierin. Sie passen nicht hierher, und außerdem«, fügte er zweideutig und mit einem überheblichen kleinen Lächeln hinzu, »ist Don Andres viel- leicht nicht die lohnende Partie, die Sie sich versprechen. An Ihrer Stelle würde ich mich lieber nach einem reichen amerikanischen Ehe- mann umsehen.«
»Sie sprechen gern in Rätseln, Mister Davies«, gab ihm Mara kalt zur Antwort. »Leider habe ich weder Zeit noch Lust, sie zu lösen.«
Jeremiah Davies schüttelte bedauernd den Kopf. Dann stand er auf und schaute einen Augenblick lang auf die gutgelaunten Kalifornier, die um sie herum lagerten.
»Sehen Sie sie an. Sie sind wie die Kinder. Sie lachen und spielen und tun so, als würden sie keine Sorgen kennen. Sie machen sich keine Gedanken über das Morgen«, erklärte Jeremiah Davies geringschät- zig. »Sie leben wie im Paradies. Das kann nicht immer so gehen. Die Veränderungen sind schon spürbar, aber sie ignorieren sie. Und Sie wollen mit ihnen leben?« fragte er zweifelnd, ein mitleidiges Lächeln auf dem Gesicht. Dann ging er davon.
Mara beobachtete mit Abscheu, wie er sich bei einem silberhaarigen Kalifornier einschmeichelte und freundlich mit dem Alten plauderte, wobei er ihm einen Teller füllte und einen angenehmen Platz suchte.
»Dieser kleine Wurm«, kommentierte Brendan. »Aber ich muß zu- geben, daß er einen guten Schauspieler abgeben würde - obwohl ich nicht mit ihm zusammen auf der Bühne stehen möchte«, meinte er dann mit gespielter Besorgnis. »Wahrscheinlich würde er mir ständig ins Wort fallen und am Schluß meine Szene stehlen.«
»Er ist wie eine Viper. Ich würde mich vor ihm in acht nehmen«, korrigierte Mara ernst.
»Mach dir keine Sorgen, mit so einem wird Brendan schon fertig«, versicherte er ihr. »Außerdem sehe ich
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