Herzen im Feuer
»Verlassen Sie augenblicklich mein Land!« Insgeheim schwor er, daß er und seine Freunde sich zu gegebener Zeit rächen würden.
»Es ist mir ein Vergnügen, Don Andres«, erklärte Jeremiah. Dann schenkte er Nicholas und den zornigen Kaliforniern einen haßerfüllten Blick, bevor er mit seinem zwielichtigen Gefolge verschwand.
Brendan hüstelte, um Maras Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er gab ihr ein diskretes Zeichen, ihm zu folgen. Als Mara sich in Bewegung setzte, hielt Nicholas sie auf. Sein Blick bremste sie so abrupt, als hätte er sie mit der Hand festgehalten.
»Ich möchte mich noch mit dir allein unterhalten«, sagte er leise.
Mara schluckte nervös. »Ich muß nach meinem Neffen sehen. Wahr- scheinlich hat ihn der Schuß erschreckt«, wehrte sie ab. »Später?«
»Gut, später«, willigte Nicholas ein und bedachte sie mit einem fast zärtlichen Blick.
Brendan wartete in Paddys Zimmer, wo er unruhig auf und ab marschierte, als Mara eintrat. Sie ignorierte ihn und ging gleich zu Paddy, der mit großen Augen mitten im Zimmer stand, seine rot- weißen Zinnsoldaten in verschiedenen Formationen um sich herum verteilt. Doch die imaginäre Schlacht war vergessen. »Was ist passiert? Ist jemand erschossen worden?« fragte er aufgeregt.
»Es war nur ein Unfall, Paddy, sonst nichts«, erwiderte Mara mit fester Stimme. »Ein Schuß hat sich versehentlich gelöst.«
»Aber ich habe zwei Schüsse gehört, Mara«, widersprach Paddy.
»Himmel«, schnaufte Jamie erleichtert, »ich dacht' schon, Sie hätten es endgültig zu weit getrieben. Hätt' mich ja nich' gewundert, wenn Sie mittendrin in dem Schlamassel gesteckt hätten.«
Brendan warf ihr einen beschwörenden Blick zu, hielt in seinem Marsch inne und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
»Was sollen wir jetzt tun?« fragte Mara hilflos.
»Was zum Teufel glaubst du denn? Wir hauen ab, bevor noch mehr Blut vergossen wird«, verkündete Brendan entschlossen. »Es würde mir gar nicht gefallen, wenn meins darunter wäre.«
»Will dich jemand erschießen, Papa?« fragte Paddy ehrfürchtig, verstummte aber unter dem drohenden Blick seines Vaters.
»Wir pfeifen auf das Geld, Schwesterherz. Ich glaube, wir sollten von der Bühne verschwinden, bevor der Vorhang fällt. Ich habe keine Lust, in der Nähe zu sein, wenn Don Luís erfährt, daß sein Land, hinter dem er seit Jahren her ist, bereits verkauft ist. Er wird uns alle mit ins Unglück reißen wollen, und am schmerzhaftesten wird es Don Andres treffen, wenn er ihm verrät, daß er ihn mit einer falschen Amaya hinters Licht geführt hat. Auch der gute Jerry wird sich nicht lange an seinem Reichtum freuen können. In diesem weiten Land sind schon viele Menschen einem unglücklichen Zufall zum Opfer gefallen.«
Mara nickte wie betäubt. »Fang an zu packen, Jamie«, befahl sie dann. »Was ist denn?« fragte sie irritiert, als Jamie keine Anstalten machte, sich zu rühren.
»Und dann trag' ich das ganze Gepäck auf meinem Rücken nach San Francisco oder wie?« fragte Jamie.
Mara wandte sich erwartungsvoll an Brendan, aber der zuckte nur mit den Achseln. »Schau mich nicht so an. Ich kann nicht auf alles eine Antwort haben.«
Mara seufzte wütend. »Ausgerechnet jetzt fällt dir nichts mehr ein«, beschwerte sie sich und klopfte mit dem Fuß auf den Boden.
Brendan zog eine Zigarre aus der Rocktasche und zündete sie an. Dann stieß er unvermittelt einen Schrei aus: »Ich hab's!«
Mara verfolgte mißtrauisch und neugierig zugleich, wie er eine große Rauchwolke ins Zimmer blies und sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.
»Du wirst deine Schuld von Don Andres einfordern, Schwester- herz.«
»Er schuldet mir nichts«, widersprach Mara.
»Doch, er schuldet dir Felicianas Leben. Oder hast du schon verges- sen, wie du mit Löwenmut die junge Frau vor dem Feuertod errettet hast? Er wird dir jeden Wunsch erfüllen, Schwesterherz.«
»Aber was soll ich ihm sagen?«
»Alles, was du willst - außer der Wahrheit. Ich möchte mich nicht allzusehr auf unser Glück verlassen«, riet ihr Brendan.
Mara nickte geistesabwesend, trat ans Fenster und schaute hinaus in den Hof. Was sollte sie Don Andres sagen? Der Hof lag verlassen. Sogar der Blutfleck, wo Raoul sein Leben gelassen hatte, war beseitigt worden. Jede Erinnerung an sein tragisches Ende war ausgelöscht. Mara starrte immer noch auf diese Stelle, als sie eine elegante Gestalt in den Hof treten sah.
Sie schnappte erschrocken nach Luft, so daß
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