Herzen in Flammen
dabei hatte er doch nur Diebe gejagt.
»Dein Humor schickt sich nicht, Mädchen«, schalt die alte Frau.
»Das kannst du nicht verstehen, Eda«, sagte Kristen. Dann fügte sie hinzu: »Aber es tut mir leid, dass Royce die Diebe nicht gefangen hat. Ich wuss te nicht, dass die Kelten eure Feinde sind. «
»Es gibt noch andere«, sagte Eda mürrisch. »Sogar ein paar sächsische Herren zählen zu seinen Gegnern, insbesondere einer, der nicht weit von hier lebt. Lord Eldred würde unseren Herrn liebend gern tot sehen. Sie vertragen sich nicht mehr, seit sie beide am Hof waren.«
»Weißt du, warum?«
»J a. Lord Eldred hat es nicht ge pass t, wie nahe Alfred dem Milord steht. Das rührt aus Zeiten her, als Alfred noch nicht König war und sie alle gemeinsam auf den königlichen Gütern zur Jagd gegangen sind und Sport getrieben haben. Die meisten jüngeren Söhne leben am Hof. Milord hat dort gelebt, bis sein Vater und sein Bruder gestorben sind. Jetzt erscheint er nur noch selten bei Hofe, und meist nur, weil Alfred ihn zu sich bestellt. Nur die Bedrohung durch die Dänen hat sie dazu gebracht, ihre Feindseligkeiten vorübergehend ruhen zu lassen. «
»Eine kluge Entscheidung. Mir gefiel der Gedanke nicht, dass Royce im Kampf auch noch einen Feind im Rücken sitzen hat. «
»Machst du dir so viel aus ihm? Die meisten Herrscher geben mit ihrem Tod die Sklaven frei, wie es die Kirche anrät. «
»Ich will meine Freiheit, Eda, aber nicht auf diese Weise«, fauchte Kristen.
Eda reagierte auf diese Antwort mit einem ungläubigen Schnauben und freute sich gleichzeitig doch. »Und jetzt komm. Milord hat gesagt, ich soll dich ausschlafen lassen, aber es war nicht die Rede davon, dass du den ganzen Tag vertrödelst. Eine der Mahlzeiten hast du schon versäumt. «
Kristen strahlte und ging auf die Tür zu. Edas Blick fiel auf die Ketten, die sie in eine Ecke geworfen hatte, und sie ging darauf zu. Kristen hielt sie zurück.
» Lass das sein, Eda. Das habe ich jetzt hinter mir.«
»Hat er das gesagt?«
»Nein, aber ... «
Eda ignorierte sie und hob die Ketten auf. »Solange man mir nicht das Gegenteil sagt, wirst du sie tragen!«
»Nein, ich sage dir doch, dass ich sie jetzt nicht mehr zu tragen brauche. Du kannst ihn ja selbst fragen. «
»Bist du blöd, Mädchen? Ich würde es nie wagen, wegen einer solchen Bagatelle an ihn heranzutreten.« Kristens Gesicht wurde finster, doch Eda hielt eine Hand hoch, um ihrem Wortschwall Einhalt zu gebieten. »Mach mir jetzt keinen Ärger, Kristen. Wenn er bereit ist, dir zu trauen, dann wird er es mir sagen. Kannst du nicht bis dahin warten?«
Nein, hätte sie am liebsten geschrien, aber wozu sollte das gut sein? In wenigen Minuten - oder schlimmstenfalls erst in ein paar Stunden, falls Royce sich nicht im Saal aufhielt würde sie ihn sehen und seine Vergesslichkeit im Nachhinein korrigieren. Solange konnte sie wahrhaftig noch warten, obwohl es ihr überhaupt nicht pass te.
Es dauerte jedoch länger als nur ein paar Stunden, bis sie ihn zu sehen bekam, denn er war den ganzen Tag über fort. Eda hatte von Meghans Kindermädchen Udele erfahren, dass er mit dem Kind ausgeritten war. Meghan kam am frühen Nachmittag zurück. Sie war ganz aufgeregt und hatte rosige Wangen, doch Royce war nicht bei ihr. Eda bemerkte, es käme allzu selten vor, dass Royce die Zeit fand, etwas zum Spaß mit seiner Schwester zu unternehmen. Man konnte Meghan ansehen, dass sie es genossen hatte.
Kristen überlegte sich, wie nett es doch von Royce war, dass er sich die Zeit nahm, seine Pflichten zu vernachlässigen, um sich seiner Schwester zu widmen, doch ihre Ungeduld setzte ihr zu und wuchs sich schnell zur Gereiztheit aus, und bald war die Ablehnung wieder erwacht, die sie schon beim letzten Mal gespürt hatte, als er mit ihr geschlafen und hinterher doch darauf beharrt hatte, ihr die Ketten wieder anzulegen. Ging sie vielleicht von einer falschen Annahme aus? Konnte er im Bett so zärtlich zu ihr sein und sie dann doch ohne jegliche Schuldgefühle wieder anketten lassen, wenn sie nicht bei ihm war?
Die letzte Mahlzeit des Tages wurde gerade eingenommen, als Royce den Saal betrat. Kristen sah ihn gespannt an, als er auf den langen Tisch zukam, der vor der großen Herdstelle aufgebaut war. Als ihre Blicke sich trafen, lächelte er sie an, und ihr Zorn schmolz dahin. Gott im Himmel, er war ein umwerfender Mann. Sie hoffte, er würde nie bemerken, wie sehr er ihre Sinne betörte. Er war schon
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