Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
sah.
„Danke, Lieutenant“, sagte sie noch einmal und verschwand im Zelt.
Der nächste Morgen war so schön, wie es der Sonnenuntergang am Abend versprochen hatte. Eine blasse Sonne stand am wolkenlosen blauen Himmel und ließ die dünne Schicht Reif auf der Erde wie Silber schimmern.
Josette bemerkte nichts von all dieser Schönheit.
Sie musste immer wieder an die Worte der beiden Franzosen denken. Nun wusste sie, warum man ihr allenthalben mit Feindseligkeit begegnete, nun verstand sie das Getuschel, das sie so häufig in ihrer Nähe hörte. Doch sie klammerte sich mit aller Macht an das Andenken ihres Vaters und weigerte sich, ihren sanften Papa eines solchen Verbrechens für fähig zu halten.
Molyneux war ständig zugegen und versuchte sie aufzumuntern und zu amüsieren, aber Josette sehnte sich nach Ruhe, um nachdenken zu können.
Als sie am Abend das Lager aufschlugen, wartete sie, bis Dammartin und seine Männer beschäftigt waren, um sich unter dem Vorwand, sich erleichtern zu wollen, zu entschuldigen. Zur Feldlatrine begleitete sie nicht einmal Molyneux.
Einen Moment hatte sie Gewissensbisse wegen ihrer Unehrlichkeit, denn der Lieutenant war der einzige Mann, der versuchte, ihr zu helfen. Aber ihr Bedürfnis nach Zurückgezogenheit überwog.
„Komm, setz dich, und trink etwas mit mir.“ Commandant La Roque wies auf einen Stuhl an seinem Tisch und nahm seinerseits Platz. Er zog den Stöpsel aus der großen Cognac-Karaffe und schenkte großzügig ein. „Hier.“ Damit drückte er Dammartin eins der beiden Gläser in die Hand.
„Danke, mon commandant .“ Dammartin nippte kurz.
„Schnupftabak?“ La Roque nahm seine erlesen gearbeitete silberne Schnupftabakdose aus der Tasche, öffnete sie und bot seinem Patensohn an.
Dammartin schüttelte den Kopf. „Nein danke, mon commandant .“
„Vergiss das ‚commandant‘ . Wir sind allein. Du bist Jeans Sohn, und seit mein alter Freund nicht mehr unter uns weilt, bist du für mich wie ein eigener Sohn.“ La Roque nahm eine Prise Schnupftabak, legte sie auf seinen Handrücken, schnupfte herzhaft und nieste gleich darauf heftig. Zufrieden nahm er sein Glas vom Tisch und lehnte sich behaglich in seinem Fauteuil zurück.
„Und nun erzähl mir, wie es dir wirklich geht, Pierre. Seit Telemos mache ich mir Sorgen um dich.“
Dammartin lächelte dem Mann zu, der ihm seit dem Tod seines Vaters so sehr beigestanden hatte. „Dazu gibt es keinen Grund. Ich sagte Ihnen schon, es geht mir gut.“
„Wer hätte denn auch ahnen können, dass Mallington sich in diesem verdammten Dorf versteckt hält. Es muss wohl tatsächlich einen Gott geben, Pierre, der uns den Schurken ausgeliefert hat. Ich bin nur enttäuscht, dass er gestorben ist, bevor ich zu ihm konnte. Du hattest wenigstens die Genugtuung, dem Teufel in die Augen zu sehen, während er diese Welt verließ.“
„Ja.“ Selbst La Roques bester Cognac konnte den bitteren Geschmack nicht überdecken, den Dammartin bei der Erinnerung im Mund verspürte. „Ich empfand keine Freude bei Mallingtons Tod.“
„Komm, mein Junge. Was soll das heißen? Endlich ist der Mord deines Vaters gesühnt.“
„Ich weiß.“
„Wir beide haben lange auf diesen Moment gewartet.“
„Ja, das stimmt.“ Aber das Unbehagen wollte nicht von ihm weichen. Dammartin nahm noch einen Schluck.
„Jean kann jetzt in Frieden ruhen, und du kannst dein Leben weiterführen.“
La Roque leerte sein Glas und griff nach der Karaffe. „Komm, reich mir dein Glas.“
„Morgen früh brauche ich einen klaren Kopf“, protestierte Dammartin.
„Ich bestehe darauf, Pierre“, sagte der Commandant. „Um der alten Zeiten willen, mein Junge.“ Er füllte Dammartins Glas bis zum Rand. „Auf deinen Vater. Den besten Freund, den sich ein Mann wünschen kann, und einen großen Helden Frankreichs.“ La Roque hob sein Glas. „Auf Jean Dammartin.“
Dammartin folgte seinem Beispiel. „Auf Jean Dammartin, den besten aller Väter.“
Sie tranken und saßen noch eine Weile stumm da, Dammartin in Erinnerungen an seinen Vater versunken.
Und dann fragte La Roque: „Was ist eigentlich mit dieser Frau, Mallingtons Tochter? Ihre Anwesenheit muss für dich schwer erträglich sein.“
„Mademoiselle Mallingtons Anwesenheit ist mir völlig gleichgültig.“ Dammartin wusste, dass er log. „Sie ist eine Gefangene, die ich auf Ihren Befehl hin nach Ciudad Rodrigo bringen soll, mehr nicht.“
„Das höre ich gern, Pierre.“ La Roque
Weitere Kostenlose Bücher