Herzensbrecher auf vier Pfoten
nicht?«
»Nein, ist es nicht!«, platzte es aus Natalie heraus, und Zoe sah, dass ihr der Schmerz ins Gesicht geschrieben stand. »Es ist nicht das Gleiche! Mein Gott, Bill, für einen Arzt bist du manchmal unglaublich gefühllos!«
Ganz offensichtlich war irgendetwas passiert, und wenn Zoe nicht so enttäuscht gewesen wäre, hätte sie sich unwohl gefühlt, in dieses private Drama hineingestolpert zu sein. Doch in diesem Augenblick setzen sich ihre Mutterinstinkte über alles andere hinweg.
»Sie hat recht – man kann Kinder einfach nicht mit Hunden vergleichen!«, sagte Zoe. »Sie sind viel, viel mehr als das! Natürlich bedeuten sie sehr viel Arbeit, und sie können einen manchmal wirklich in den Wahnsinn treiben, aber sie sind das Beste, was mir je passiert ist! Ich würde sie um nichts in der Welt eintauschen wollen!«
Gekränkt verzog Bill das Gesicht. »Ich wusste nicht … O Gott, das tut mir leid!«
»Es braucht Ihnen nicht leidzutun. Ich habe sogar zwei Kinder«, erwiderte Zoe. Da sie nun losgelegt hatte, war sie nicht mehr zu bremsen – als müsse sie ihr langes Schweigen ausgleichen. »Zwei Jungs – Spencer, er ist sieben, und Leo, der gerade sechs geworden ist. Ich behaupte nicht, dass es einfach ist, weil es das nicht ist. Nicht, wenn man alleinerziehend ist. Aber die beiden sind wirklich wunderbar, und ich liebe jeden Augenblick, den ich mit ihnen verbringe, auch wenn sie mich gelegentlich zur Weißglut treiben. Kinder sind das größte Geschenk, das man bekommen kann.«
Zoe hatte einen trockenen Mund, und ihre Zunge schien am Gaumen festzukleben. Noch während sie sprach, merkte Zoe, wie Natalie ein Schluchzen unterdrückte. Johnny – o nein! – hatte Tränen in den Augen, die er durch Blinzeln zurückhalten wollte. Plötzlich ging Zoe ein Licht auf, dass die Tests wahrscheinlich doch nichts mit der Schule zu tun hatten. Falls also Bill versucht hatte, Johnny aufzumuntern, so hatte ihr kleiner Ausbruch vielleicht alles nur noch schlimmer gemacht.
Zoe wäre am liebsten im Boden versunken.
Betreten strich sie Natalie über die Schulter. »Es tut mir leid, Natalie. Ich hoffe, ich habe nichts gesagt, womit ich Sie verletzt habe. Vielleicht sollte ich jetzt, ähm, besser gehen. Sie müssen sicherlich über einiges reden, und, ähm … Entschuldigung.«
»Zoe!« Bill wollte sie zurückhalten, doch sie lächelte ihn nur kurz angespannt an.
Vielleicht hatte sie sich gerade eben zum Narren gemacht, aber eines stand fest: Wenn Bill der Richtige für sie gewesen wäre, dann hätte er niemals etwas Derartiges sagen können. Besser, es war jetzt dazu gekommen, als nach diesem romantischen Essen beim Inder, wenn er ihre Hoffnung so richtig geweckt hätte.
Zoe packte Treacles Leine, drehte sich um und marschierte los, um zuerst ihren Welpen und danach ihre Söhne abzuholen. Und wenn die beiden zu McDonald’s wollten, würde sie sich zum ersten Mal keine Vorwürfe machen, dass sie ihnen diesen Wunsch nicht abschlagen konnte.
19
A uf dem Heimweg redete Johnny nicht auf Bertie ein, wie er es für gewöhnlich im Auto tat. Auch mit Natalie sprach er kaum, es sei denn, er antwortete auf eine direkte Frage. Als sie zu Hause angekommen waren, lief er allein los, »um eine Runde zu drehen«. Natalie und Bertie waren nicht eingeladen, ihn zu begleiten.
Natalie wartete, bis er außer Sichtweite war, und loggte sich dann ins Internet ein. Dabei ging sie methodisch vor und sammelte alle Informationen und Adressen von Foren, Hotlines und Anlaufstellen, die sie finden konnte. Ihr zu Füßen lag Bertie, die Schnauze zur Tür gerichtet. Ein paar Stunden lang rührte sich keiner von beiden, und als endlich Johnnys Schlüssel im Türschloss kratzte, klappte Natalie ihren Laptop zu, und Bertie sprang auf.
Natalie setzte eine ruhige, mitfühlende Miene auf, doch Johnny verschwand sofort nach oben, wo er sich ein Bad einließ.
Bertie warf Natalie einen melancholischen Blick zu, bevor er sich aus dem Zimmer schlich, um Johnny die Treppe hinauf zu folgen, wenn nicht sogar, um zu ihm in die Wanne zu springen.
»Nein, Bertie!«, rief Natalie und flitzte los, um ihn am Halsband zu packen. »Daddy will jetzt nicht gestört werden! Er ist traurig.«
Sofort biss sie sich auf die Lippe. Aus Spaß hatten sie begonnen, sich Bertie gegenüber als Mummy und Daddy zu bezeichnen – sie beide gehörten nämlich überhaupt nicht zu der Sorte Menschen, die einen herrenlosen Hund als Ersatz für ein Baby
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