Herzensbrecher auf vier Pfoten
ruhigen Stimme, mit der Mrs. Kennedy eine so unglaubliche Wirkung auf Spencer ausgeübt hatte. »In der Zwischenzeit könntest du dir vielleicht ein Buch aus der Bibliothek ausleihen zum Thema, wie man den eigenen Kindern bei einer Scheidung helfen kann. Und noch ein weiteres Buch für deine Freundin. Vorzugsweise jedoch nicht Schneewittchen.«
»Sehr witzig«, knurrte David und legte auf.
Freda streckte den Kopf zur Tür herein. »Alles in Ordnung mit Ihnen?« Sie bot ihr eine Tasse Kaffee an. »Ich habe zwei Stücke Zucker hineingetan. Ich dachte, Sie könnten einen Kaffee brauchen.«
»Vielen Dank.« Zoe ließ sich auf einen Stuhl nieder und nahm die heiße Tasse in ihren Händen kaum wahr. In den Zwingern entbrannte lautes Hundegebell, und Zoe hoffte inständig, dass Spencer keinen Unsinn anstellte. Das wäre so ziemlich das Letzte, was sie jetzt noch brauchen konnte: Es wäre eine Katastrophe, wenn Megan beschließen sollte, dass Toffee und die Grahams einfach zu viele Probleme machten, um damit irgendwie klarzukommen.
»Wird es irgendwann einfacher, Freda?«, fragte sie. »Wird es leichter, Eltern zu sein?«
»Nein«, entgegnete Freda. »Unsere Lynne, die Gute, war ein wahrer Alptraum. Motorräder, tätowierte Freunde und dergleichen. Dann ist sie nach Neuseeland ausgewandert und hat dort geheiratet. Seitdem wissen wir kaum noch, wie es ihr und ihrer Familie geht.« Sie lächelte wehmütig. »Aber man gewöhnt sich daran, immerzu besorgt zu sein. Darum haben Ted und ich Hunde von Dorothy zur Pflege aufgenommen – damit hatten wir etwas, womit wir uns ablenken konnten.«
»Und sie waren klein genug, um sie auf den Schoß zu nehmen.«
»Genau! Und sie schenken einem bedingungslose Liebe.«
Zoe nippte an ihrem Kaffee. Wenn sie an das Irrenhaus zu Hause und bei der Arbeit dachte, entwickelte sich die Auffangstation allmählich zu dem einzigen Ort, an dem sie sich entspannen konnte. Und das, obwohl sich die herrenlosen Hunde auf der anderen Seite der Tür die Seele aus dem Leib kläfften.
»Aber genießen Sie es, solange Sie können«, fügte Freda plötzlich hinzu. »Denn bevor Sie sich’s versehen, sind die Kinder fort, und dann reden Sie auf einen Yorkshire Terrier ein, dass Mummy ihn lieb hat.«
Zoe musterte die alte Dame und bemerkte plötzlich eine Schwermütigkeit, die ihr vorher bei Freda nie aufgefallen war. Sie wollte gerade nachhaken, als sich die Türen öffnetenund Megan wieder hereinkam, gefolgt von Toffee an der Leine und einem schmollenden Spencer, der dabei aussah wie David, wenn seine Mannschaft ein Heimspiel verloren hatte.
»Spencer«, ermahnte sie ihn warnend, doch Megan hob sofort die Hand. Sie sah nicht so fröhlich aus wie gewohnt, doch ihrer Miene war deutlich anzusehen, dass sie fest entschlossen war, nicht die Beherrschung zu verlieren.
»Training!«, erklärte sie. »Genau das braucht Spencer. Er wird Toffee einen neuen Trick beibringen, dafür wird Toffee ihm zeigen, wie man Geduld hat.«
Weder Toffee noch Spencer schien davon besonders begeistert zu sein, doch Megan holte schon ihre Trainingsmaterialien aus dem Schrank, als ihr Blick auf Zoe fiel. »Möchten Sie mitkommen, Zoe? Wir werden heute ›Warte!‹ üben. Und das könnte einiges an Geduld fordern.«
Wenn sich Spencer in den Kopf gesetzt hatte, durch sein ungezogenes Verhalten alle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, so entwickelte sich Leo in genau die entgegengesetzte Richtung. Nach dem Bad war er froh, ins Bett gebracht zu werden.
»Bin ich ein braver Junge?«, murmelte er, als Zoe ihn warm in seine Bettdecke einpackte, während sich seine Augen langsam schlossen.
»Ja, du bist mein lieber, braver Junge«, antwortete Zoe, während ihr diese Bemerkung einen Stich versetzte. Als sie ihm einen Kuss auf die Stirn gab, war er schon eingeschlafen – entweder das, oder er war ein wirklich guter Schauspieler.
Zoe ließ Spencer zehn Minuten länger aufbleiben, weil er schon »ein großer Junge« war, insgeheim jedoch, damit sie ein paar Minuten mit ihm allein hatte.
Aneinandergekuschelt saßen sie auf dem Sofa und lauschten einer seiner Hörspielkassetten, während Toffee, zusammengerollt auf Zoes Schoß, tief und fest schlief, eine Pfoteauf Spencers Bein. Ihrer beider Atem schien sich zu dem sanften Welpen-/Kindgeruch zu vermischen, den Zoe genoss. Sie versuchte, sich Spencers schläfrige Miene einzuprägen, die Art und Weise, wie sich sein immer noch weiches Kinderhaar an den Ohren kräuselte, den matten Glanz
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