Herzensbrecher auf vier Pfoten
vor, stützte sich mit den Händen auf den Knien ab und keuchte. »Bertie ist weggerannt. Ich habe ihn kurz von der Leine gelöst, nur eine Sekunde lang, damit er in dem Dickicht am Ende der Obstwiese das Bein heben konnte. Da muss er dann irgendeine Fährte aufgenommen haben … jedenfalls ist er seitdem verschwunden.«
Natalie konnte seine Panik förmlich spüren. »Zuerst war er noch da, im nächsten Augenblick habe ich nur noch seine Schwanzspitze gesehen, dann nichts mehr! Er muss einen Hasen aufgespürt haben.«
Natalie wurde schlecht. Bertie sah aus wie ein absoluter Faulpelz, aber wenn er einmal beschloss loszuspurten, dann gab es keine Möglichkeit, mit ihm mitzuhalten. Innerhalb von Sekunden war er im Unterholz verschwunden.
»Hast du nach ihm gerufen?«
»Ob ich ihn gerufen habe? Natürlich habe ich nach dem verdammten Köter gerufen!« Johnny sah sie verzweifelt an. »Aber du weißt doch, Nat, wie das bei ihm ist. Es ist sinnlos, solange man kein Brathuhn nachahmen kann.«
»Das ist nicht witzig! Was hast du dir bloß dabei gedacht? Ich würde ihn niemals an Stellen von der Leine lassen, wo ich ihn nicht sehen kann!« Natalie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Wie groß ist der Wald? Der ist riesig!« Der Collingdale Wood erstreckte sich von Four Oaks bis hin zu Rosehill und wurde auf der einen Seite von einer doppelspurigen Schnellstraße begrenzt. Dazwischen gab es jedoch eine hohe Mauer, erinnerte sich Natalie, und auf der anderen Seite des Waldes lagen Felder. Bertie müsste also eine weite Strecke zurücklegen, um auf eine Straße zu gelangen.
Aber der Wald an sich war riesig. Plötzlich kam ihr ein schrecklicher Gedanke. »Dort gibt es Fallen, nicht wahr? Und Kaninchenbauten. Du meine Güte! Was ist, wenn er in ein solches Loch hineingeklettert ist und nun darin feststeckt? Oder wenn er mit der Schnauze in eine Kaninchenfalle geraten ist?« Ihre Stimme bebte, und Natalie schlug sich die Hand auf den Mund. Sie merkte, dass sie überreagierte, aber die Spannungen der vergangenen Monate in Verbindung mit der Angst um den arglosen, neugierigen Bertie waren unerträglich.
Johnny legte seine Hände auf ihre Arme. »Keine Panik! Wir werden ihn schon finden!«
»Sag Megan nichts davon! Sie führt das Pärchen herum, das Bertie adoptieren will. Sie suchen uns gerade! O Gott, was, wenn er verletzt ist? Wie sollen wir ihn dann finden?«
»Natalie!« Johnny schüttelte sie sanft. »Wir reden hier von Bertie! Wahrscheinlich läuft er eine halbe Stunde durch den Wald, wälzt sich begeistert in Hirschkot und läuft dann wieder in die Auffangstation zurück, um ein Bacon-Sandwich zu verschlingen!«
»Vielleicht sollten wir dort nach ihm suchen.« Natalie drehte sich um und wollte loslaufen, blieb dann jedoch stehen. »Johnny …«
Am liebsten hätte sie gesagt: Bitte, lass ihn uns behalten. Bitte lass ihn nicht gehen.
Johnny fragte: »Was? Wir verschwenden Zeit!«
»Nichts«, erwiderte sie und lief los.
Nachdem Spencer nun bereits eine halbe Stunde fort war und Zoe mit Leo und Toffee vier Runden über die Obstwiese gedreht hatte, nahm ihr Ärger allmählich panische Züge an.
»Und du bist dir ganz sicher , dass du nicht weißt, wo er hingegangen sein könnte?«, fragte sie Leo nun schon zum zehnten Mal. Mittlerweile waren hier so viele Menschen und Hunde unterwegs, dass es Zoe schwerfiel zu sehen, ob sich Spencer vielleicht einfach nur hinter einem Baum versteckte. »Er hat nicht irgendwas davon gesagt, in die Stadt gehen zu wollen? Er ist doch nicht allein dort hinuntergegangen, oder?«
Leo biss sich auf die Unterlippe und wich ihrem Blick aus. Zoe ging vor ihm in die Hocke und wickelte Toffees Leine um ihr Handgelenk, damit er nicht weglaufen konnte.
»Sag’s mir, Leo«, forderte sie ihn sanft auf. »Mummy wird auch nicht böse sein.«
»Spencer hat gestern Abend gesagt, dass er zu Daddy gehen würde. Aber ich dachte, er meinte nächste Woche. Nicht heute.« Leo errötete. »Ich habe nicht gewusst, dass er heute meinte. Wie will er zu Daddy kommen? Daddy ist doch gar nicht hier! Außerdem hat Spencer seine Tasche mit Toffees Sachen mitgenommen.«
O verdammt!, dachte Zoe. Sie richtete sich wieder auf und versuchte, ihre Verzweiflung vor Leo zu verbergen. Spencer konnte durch die Gartentür, durch den Garten und dann hinunter in die Stadt entwischt sein, aber er konnte genauso gut auch über die Felder gelaufen sein.
Er war zu intelligent und aufgeweckt, um zu irgendjemandem ins Auto zu
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