Herzensbrecher auf vier Pfoten
feierten nun zwanzigmal im Jahr Geburtstag.
Entsprechend der Vereinbarung, die sie vor beinahe einem Jahr nach der Scheidung getroffen hatten, bekam David die beiden jedes zweite Wochenende sowie für die Hälfte der Schulferien, an Heiligabend, an Geburtstagen und Feiertagen. Zoes Anwalt hatte sie davor gewarnt, es David zu leicht zu machen, indem sie all seinen Forderungen nachgab. Doch den beiden Jungs zuliebe hatte sie es so einfach wie möglich machen wollen, da sie sich inmitten einer, wie sich herausstellen sollte, sehr hässlichen Scheidungsschlacht befanden. Dies war ihre Art und Weise, die ganze Angelegenheit so weit wie möglich zu entspannen. Davids Methode bestand darin, sich mit Geld und Geschenken bei den Jungs beliebt zu machen. Geld und Süßigkeiten, die sie den beiden eigentlich abgewöhnt hatte.
Vielleicht sollte ich noch den Kühlschrank auswaschen, wie Mum es mir immer aufträgt.
Zoe betrachtete ihr zerzaustes Spiegelbild über dem Kamin. Ihr Haar war heute sogar noch unbändiger als sonst: Nach der mühsamen Hausarbeit standen nun braune Korkenzieherlocken in alle Richtungen ab. »Hallo? Was ist los mit dir?«, fragte sie sich laut. »Du hast einen freien Tag und putzt von morgens bis abends das ganze Haus?«
Ihr war klar, dass sie sich besser ein wenig Ruhe gönnen sollte. Diese »Ich-Zeit«, von der die anderen Mütter im Friseursalon wehmütig in einem Ton erzählten, in dem andere von einem Lottogewinn sprachen, war rar und wertvoll. Wünschte sie sich nicht an Arbeitstagen in jeder einzelnen Sekunde, zu Hause einmal die Füße hochlegen zu können? Sehnte sich denn nicht jede Friseurin danach, sich hinzulegen und die von Krampfadern geplagten Beine zu entlasten?
»Jetzt ist Ich-Zeit«, erklärte Zoe laut. Fünf Stunden blieben ihr, bis die Jungs nach Hause kamen – eine Menge Zeit … ja – wofür denn eigentlich?
Zoe hatte nicht die leiseste Ahnung. Bevor sie Mutter geworden war, wäre eine solche Situation kein Problem gewesen. Damals hatte sie noch Hochglanzmagazine zum Spaß gelesen und nicht etwa, weil sie gerade beim Arzt im Wartezimmer herumlagen. Damals hatte sie sich an Sonntagabenden nach einem strikten Zeitplan die Beine rasiert, eine Maske aufgelegt und den Haaren eine Packung gegönnt. Zudem hatte sie sich über Bücher, Filme, Ziele für Kurzurlaube und dergleichen unterhalten können. Auch heute noch stellte sie Listen auf, doch mittlerweile enthielten diese nur noch Punkte wie »Bananen aufessen« oder »Bettwäsche waschen«.
Wieder betrachtete sie ihr Spiegelbild und erblickte eine traurige Frau, deren Haare neue Strähnchen vertragen konnten, deren Augenbrauen dringend gezupft werden mussten und die nichts mit sich anzufangen wusste, wenn sie nicht von zwei kleinen Jungs in Atem gehalten wurde.
»Herrgott noch mal«, rief Zoe verärgert und lief in die Küche, um sich dort den Rest einer Prinzenrolle zu Gemüte zu führen, die sie vor ihrem Sohn versteckt hatte. Spencer konnte Schokoladenkekse bereits von der gegenüberliegenden Straßenseite aus riechen. Die Kekse waren das Einzige, was sich Zoe insgeheim gönnte, wenn sie einmal einen Moment Zeit hatte, um sich selbst etwas Gutes zu tun – was leider recht selten vorkam. Dies war das erste Mal, dass sie einen Keks vor Mitternacht aß.
Ich könnte Mum anrufen, dachte Zoe und setzte den frisch entkalkten Wasserkessel auf. Oder Cal. Aber noch während sie darüber nachdachte, wurde ihr bewusst, dass sie mit keinem von beiden sprechen wollte. Ihre Mutter und ihr bester Freund schienen gemeinsam den Plan zu verfolgen, sie wieder »zurück in den Sattel« zu bringen – eine Beschreibung, dieZoes Meinung nach perfekt die Romantik des Datings nach der Scheidung zu beschreiben schien. Jedes Gespräch mit den beiden lief darauf hinaus, wann Zoe denn endlich mal einen Tanzkurs oder einen Buchclub besuchen würde, oder was auch immer nötig war, um jemanden kennenzulernen.
Daraufhin erklärte sie ihnen jedes Mal, dass Spencer, Leo und Dr. Who die einzigen Männer seien, für die sie augenblicklich Zeit habe. Wenn sie jedoch ganz ehrlich war, würde sie allein schon bei der Vorstellung, mit jemandem auszugehen, am liebsten in Deckung gehen. David hatte es geschafft, das letzte bisschen Selbstvertrauen, das ihr geblieben war, zu zerstören. Und an das Minenfeld, ihren zwei Jungs einen neuen Mann vorzustellen – wenn sie denn überhaupt einen finden sollte –, wollte sie erst gar nicht denken …
Der
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