Herzensbrecher auf vier Pfoten
abgesehen von einem einzigen Mal, an einem Sonntagmorgen, dem dritten Monat, nachdem sie und Johnny sich entschieden hatten, ein Kind zu zeugen. Heimlich war sie aufgestanden und hatte auf einen Test uriniert, obwohl es noch viel zu früh war. Während sie sich die Zähne putzte, um die quälenden zwei Minuten zu überbrücken, hatten sich zu ihrer großen Überraschung zwei rosafarbene Streifen gebildet. Natalie hatte das Gefühl gehabt, als würde der Boden unter ihren Füßen schwanken. Sie hatten es geschafft! Sie hatten ein Baby gezeugt!
Sie war die Treppe hinuntergelaufen, um Johnny den Test zu zeigen, doch leider war er schon unterwegs, um die Sonntagszeitung zu besorgen. Mit zitternden Händen wählte Natalie seine Handynummer und legte sich schon die Worte zurecht, mit denen sie ihn ganz lässig begrüßen wollte: Hallo, Daddy! Vielleicht aber auch: Spreche ich mit dem Longhamptoner Vater des Jahres? Sie konnte sich nicht entscheiden.
Während das Handy klingelte, starrte Natalie auf den Test, da sie ihr Glück nicht fassen konnte. Doch plötzlich verschwand der erste Streifen, bis er nicht mehr zu sehen war. Er war fort! Es handelte sich wohl um einen Fehler – es gab kein Baby.
Bevor Johnny ans Handy gehen konnte, legte Natalie wieder auf, sackte auf den Küchenboden und ließ angesichts der niederschmetternden Enttäuschung den Kopf hängen. Natürlich war es für einen Test viel zu früh. Natürlich konnte so etwas passieren. Natürlich hatten sie gerade erst angefangen. Aber dennoch …
Natalie erzählte Johnny nichts von alledem, als er kurz darauf pfeifend durch die Tür kam, da ihr klar war, dass er nur das sagen würde, was sie bereits wusste, wenn auch mit sanfter Zärtlichkeit. Danach war nie wieder ein Test positiv gewesen.
In diesem Monat würde alles anders werden, redete sich Natalie ein, während sie auf die zwei rosafarbenen Streifen starrte, die ihr bestätigten, dass der Eisprung kurz bevorstand. Diesen Monat musste es klappen; sogar die Statistik sprach für sie. Die beiden Streifen mussten die gleiche Farbe aufweisen, um ihre Fruchtbarkeit anzuzeigen. Waren sie gleich? Oder war der linke Streifen etwa ein wenig dunkler als der andere? Sie hielt den Teststreifen ins Licht, um besser sehen zu können, und schreckte dann auf, als draußen die Tür zu den Toiletten geöffnet wurde.
»… und wir sollten eine Versammlung anberaumen, um das zu diskutieren, Kim. Das ist eine ziemlich harte Anordnung, um meine Teams so vollkommen unvorbereitet damit zu konfrontieren!«
O Gott, dachte Natalie, das war Selina. Sie besaß eines dieser Bluetooth-Headsets, damit sie immer und überall – auch auf der Toilette – die herumkommandierende Zicke heraushängen lassen konnte.
»Tatsächlich? Bist du sicher?« Während das Wasser lief, verpasste Natalie ein paar Gesprächsfetzen. »Hm hm. Hm hm.«
Hm hm – was? Natalie spitzte die Ohren.
»Na ja, ich bin sicherlich nicht erfreut darüber, diese Entscheidung verkünden zu müssen, Kim. Ich hatte gehofft, man würde mir diese Entscheidung überlassen … Ja, ja, ich verstehe, dass die Unternehmensleitung einen harten Kurs einschlägt, wir sind schließlich alle von den Ereignissen betroffen. Ich denke ja, wir …«
Ihr Herz raste, doch just in dem Augenblick, als Selina den Hauptgrund ihres Telefonats preisgeben wollte, klingelte Natalies Handy. Der Klingelton hallte durch die Kabine. Natalie wühlte in ihrer Handtasche herum, um den Ton abzustellen, doch das Handy musste ganz nach unten gerutscht sein, alssie den Test herausgeholt hatte, und schien dabei unsichtbar geworden zu sein.
Sofort verstummte Selina.
O verdammt , dachte Natalie mit einem Anflug von Panik und befreite das Handy fieberhaft von einem Haufen Tempotüchern. Johnny war am anderen Ende der Leitung und legte gerade in diesem Moment auf. Eine angespannte Stille breitete sich im Toilettenraum aus.
»Lass uns später weiterreden«, antwortete Selina vielsagend. »Im Augenblick ist es gerade ungünstig.«
Da Natalie klar wurde, dass sie keine andere Wahl hatte, betätigte sie die Spülung, öffnete so lässig wie möglich die Kabinentür und sah dabei nicht einmal zu Selina hinüber.
Es ist doch nicht mein Fehler, wenn meine Abteilungsleiterin sensible Gespräche in der Damentoilette führt! Doch dies trug weder dazu bei, dass sich Natalie weniger unbehaglich fühlte, noch befriedigte es ihre Neugier, warum die sonst so kontrollierte Selina derart nervös geklungen
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