Herzensbrecher auf vier Pfoten
betreten können, ohne sich wie eine Großmutter zu fühlen.
»Aber so einfach ist es doch nicht«, jammerte Rachel. »Wie finde ich denn den richtigen Hund für einen Interessenten? Wie sieht denn solch ein magischer Dot-Moment aus, wenn sich Herrchen und Hund treffen und sie beide dann glücklich und zufrieden sind bis an ihr Lebensende? Das kann ich nicht!«
»Sieh mal, du wirst es schon wissen, wenn es so weit ist. Wenn bei dem Fragebogen Dr. Harpers Antwort mehr als einmal nein lautet, bekommt er erst gar keinen Hund.« Megan sah sie über den Rand ihrer riesengroßen Teetasse hinweg an. Soweit Rachel die Sache beurteilen konnte, schien hier in der Station grundsätzlich nichts ohne Tee zu laufen. »Freda hat sich schon um den schlimmsten Teil gekümmert: Dr. Harper besitzt ein geeignetes Haus und reagiert nicht allergisch auf Hundehaare.«
»Ich glaube nicht, dass Freda die Hausüberprüfung als schlimm empfindet«, entgegnete Rachel und blätterte durch den ausführlichen Bericht über Bill Harpers Haus, den manch anderer vielleicht sogar als indiskret bezeichnen würde. »Sehr hübscher Wintergarten, für den keine Kosten gescheut wurden!« und »Bezaubernder Garten, etwa so groß wie unserer, jedoch nicht ganz so adrett gestaltet hinsichtlich der Blumenbeete« war da zu lesen.
»Na ja. Wie auch immer. Er besitzt einen angemessen großen, eingezäunten Garten und hat keine Kinder – das ist doch die Hauptsache! Unterhalte dich ein wenig mit ihm.« Megan lächelte Rachel aufmunternd zu. »Mittlerweile kennst du all unsere Hunde und bist öfter mit ihnen Gassi gegangen. Du weißt ungefähr, über welche Herrchen sie sich freuen würden, wenn sie reden könnten.«
»Weiß ich das?« Zweifelnd rümpfte Rachel die Nase.
Die Sage von der »Hundeflüsterin«, die die Zwinger umwehte, war schon fast mit dem Turiner Grabtuch oder dem Abbild von Jesus auf einer Toastscheibe zu vergleichen. Die Leute kamen hierher und erwarteten, mit dem perfekten Hund ihrer Träume verkuppelt zu werden, und während bei Megan aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung die Chancen diesbezüglich durchaus gut waren, glaubte Rachel nicht einmal eine Sekunde lang, dass auch sie so etwas vollbringen könnte.
Obwohl sie und Gem mittlerweile eine Art Verständnis füreinander entwickelt hatten, das auf ihren düsteren Gedanken gründete, bezweifelte Rachel, zu den anderen Hunden einen ebenso guten Draht zu haben. Natürlich hatte sie noch nicht angefangen, mit den Hunden zu reden, oder sich gar eingebildet, die Hunde könnten zu ihr sprechen.
»Stell dir die beiden einfach nur zusammen im Park vor«, riet ihr Megan hilfsbereit. »Und frag dich, ob sie zusammenpassen. Weißt du, was ich meine?«
»Nein«, entgegnete Rachel. »Keine Ahnung.«
Die Klingel der Auffangstation ertönte und ließ sie beide aufschrecken. Es war eine altmodische Glocke, mit der früher nach den Hausmädchen in den alten Küchen geklingelt wurde, und sie war laut genug, um noch bis in die umzäunten Gebiete auf dem Außengelände vernommen zu werden.
»Dr. Harper ist pünktlich. Das ist schon einmal ein gutes Zeichen. Wir schätzen es sehr, wenn die potenziellen Hundebesitzer pünktlich sind«, erklärte Megan, als sie ihren Stuhl nach hinten schob und sich dann auf den Weg machte, um dem Gast zu öffnen.
Rachel blickte auf den Fragebogen hinunter und versuchte, sich die Fragen einzuprägen, damit sie ihr leichter über die Lippen kamen. Ihr erklärtes Ziel war, sich um einen herrenlosen Hund weniger sorgen zu müssen und dafür im Zwinger einen Pensionsplatz mehr anbieten zu können.
Oben auf dem Fragebogen stand in fettem Kursivdruckeine ernste Warnung: Wir sind die einzige Stimme, die die Hunde haben! Bitte fühlen Sie sich nicht beleidigt, wenn wir Ihnen aufdringlich oder pedantisch erscheinen – wir wollen schließlich nur das Beste für die Hunde. Einige unserer Schützlinge sind bereits von ihren Vorbesitzern böse enttäuscht worden. Dennoch vertrauen sie uns und schenken uns ihre Liebe. Wir fänden es furchtbar, sie eines Tages wieder bei uns zu haben.
Rachel spürte einen Kloß im Hals, als sie an Berties gespannte, erwartungsvolle faltige Miene und Chesters Schreckhaftigkeit denken musste, wenn jemand vorbeikam, auch wenn es sich nicht um die Vorbesitzer handelte, die sie zurückholen wollten. Hoffentlich enttäusche ich die Hunde nicht, seufzte Rachel innerlich und zog, überrascht von sich selbst, die Augenbrauen hoch.
Megans Stimme hallte
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