Herzensbrecher auf vier Pfoten
überflog sie. Er kannte das Firmenlogo – es war ihr Arbeitsvertrag.
Nein , es war nicht ihr Arbeitsvertrag. Vielmehr handelte es sich um ein offizielles Schreiben über … eine Abfindung?
»Nat?« Johnny sah zu ihr auf, woraufhin ihr manischesLächeln allmählich zu bröckeln begann. »Verrate mir die schlechte Nachricht. Jetzt.«
Natalie biss sich auf die Unterlippe. »Ich bin überflüssig geworden. Um Kosten zu sparen, hat man zwei Abteilungen zusammengelegt. Ich bekomme fünf Monatsgehälter als Abfindung und so viele Empfehlungsschreiben, wie ich will. Aber damit habe ich jetzt ausreichend Zeit, um mit einem Hund Gassi zu gehen.« Natalie musste blinzeln, um die Tränen zurückzuhalten. »Ich habe mich entschlossen, das Beste aus der Situation zu machen. Ich werde es einfach als eine Art Sabbatjahr betrachten.«
Johnny fehlten die Worte. Zudem hatte er keine Ahnung, was Natalie nun von ihm hören wollte – eine derart ruhige Reaktion hatte er beileibe nicht von einer Frau erwartet, die bisher nur für ihren Job gelebt hatte und für gewöhnlich jede Beförderung wie einen Ehrenorden betrachtete.
»Gut«, erwiderte er schließlich. »Wie lang ist deine Kündigungszeit?«
»Ich habe keine Kündigungszeit. Ich habe noch drei Wochen Resturlaub aus dem letzten Jahr, die mir zustehen. Man hat mich aufgefordert, diesen jetzt zu nehmen, sodass heute mein letzter Arbeitstag war.«
»Heute?« In seinen Augen schien dies alles keinen Sinn zu ergeben. »Du … du gehst also ab Montag nicht mehr arbeiten? Das war’s dann?«
Natalie nickte. »Nicht nur ich, sondern auch die halbe Abteilung. Wenigstens bekomme ich den Urlaub bezahlt! Außerdem bleibt mir damit eine Abschiedsparty erspart – so betrachtet, ist es also gar nicht schlecht, nicht wahr?«
Johnny zermarterte sich das Hirn und wünschte sich, die Feinheiten des weiblichen Verstandes besser begreifen zu können. Es konnte allerdings nicht nur an ihrem Job liegen, dass sie sich in einer derartigen, leicht verrückten Verfassung befand. Konnte es mit dem Anruf seiner Mutter heute Morgen zu tun haben, die ihnen von Becky erzählt hatte? Aber auch das ergab keinen Sinn – gefeuert zu werden und dazu noch am selben Tag von der Schwangerschaft einer anderen Frau zu erfahren, das würde doch garantiert jeden zum Weinen bringen, oder?
»Okay«, antwortete er zögerlich und stand auf, um Zeit zu gewinnen. »Und das alles lässt dich derart … kalt? Also, das soll nicht heißen, dass du dich aufregen sollst , aber …«
»Johnny?« Natalie streckte die Hände über den Tisch hinweg zu ihm aus, sodass er sich wieder hinsetzen musste. »Ich war den ganzen Nachmittag lang wütend. Damit bin ich durch. Ich bin damit durch, wie verdammt unfair das Ganze ist. Ich will nicht noch mehr Zeit für Dinge verschwenden, die ich ohnehin nicht ändern kann. Von jetzt an will ich nur noch Sachen machen, die uns beiden zugutekommen. Sachen, die ich verändern kann .«
Johnny musterte seine Frau. Sie wirkte so schwach und doch so entschlossen wie ein kleines Mädchen in einem Arbeitskostüm, dass er sich in diesem Moment nichts sehnlicher wünschte, als sie glücklich zu machen. »Alles wird gut, Nat. Wenn du einen Hund adoptieren möchtest, dann prima! Lass es uns tun! Wir verbringen dann die Wochenenden im Park und können versuchen, ihn zu erziehen – was auch immer! Fantastisch!«
Natalie sah zu Boden und schien sich für ein zweites Geständnis zu sammeln. »Als ich sagte, Dinge, die wir verändern können , meinte ich noch etwas anderes. Johnny, lass uns zum Arzt gehen und diese Tests machen. Ich weiß, du hast keine Lust darauf, aber ich glaube, dass wir das wirklich tun sollten. Damit wir nicht unaufhörlich warten und hoffen.«
»Tests?« Beim Gedanken an Wartezimmer, Teströhrchen und eine noch angespanntere Natalie wurde ihm unwohl zumute. »Aber können wir denn nicht einfach nur … keine Ahnung … mehr Eisen einnehmen?«
»Ich muss es wissen«, entgegnete Natalie. Sie spreizte die Hände auf dem Tisch und betrachtete die einzelnen Finger, an denen der Verlobungs- und der Ehering funkelten. »Jeden Monat versuche ich aufs Neue, alles richtig zu machen und die Hoffnung nicht zu verlieren, dass es dieses Mal klappen wird. Aber es klappt nie. Und jeden einzelnen Monat habe ich aufs Neue das Gefühl, dass ich diejenige bin, die versagt.«
Als sie wieder zu ihm aufschaute, merkte Johnny, dass die Wimperntusche verschmiert war, da ihr Tränen über
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