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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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brachte.
    »Die Stiefel könnte man zurechtschneiden«, sagte sie langsam und eigentlich gegen ihren eigenen Willen, denn sie hatte schweigen wollen. »Auch das Haar kann ich Euch mit dem Messer kürzen. Und ein Bauerngewand …«
    Sie war eben ein dummes, einfältiges Huhn. Ärgerlich wühlte sie in ihrem Bündel herum und zog
schließlich ein abgetragenes, wollenes Gewand heraus, wie es die Bauern trugen. Es würde ihm höchstens bis zu den Waden reichen, der Saum war zerfetzt, die Ärmel eingerissen und sauber war es auch nicht.
    Er riss Mund und Augen auf, starrte fassungslos auf das kostbare Teil, dann fuhr er sich mit der Hand durch den Bart.
    »Ich habe es gestern im Dorf erhandelt«, gestand sie.
    »Du … du hattest diesen Einfall also schon gestern?«, stotterte er.
    »Ich bin eben ein kluges Mädchen, Herr Angus. Aber wenn es unter Eurer Kriegerwürde ist, diese List zu erproben, dann …«
    »Nein, nein!«, rief er. »Es ist ein großartiger Einfall, und ich bin dir sehr dankbar … ich meine … nicht dass ich unzufrieden wäre … aber … ein etwas besseres Gewand war vermutlich nicht zu bekommen, oder?«
    Sie schüttelte das Kleid, und eine dichte Staubwolke verbreitete sich um die Lagerstelle. Auch ein paar Wollfäden und kleine Hühnerfedern flogen umher.
    »Die Bauern sind arm. Die meisten besitzen nur ein einziges Gewand, ich hatte Glück, überhaupt etwas zu ergattern.«
    Er nickte verständnisvoll und nahm das wollene Kleid mit spitzen Fingern aus ihrer Hand, drehte es hin und her, zupfte ein paar Flusen und Strohhalme ab, dann grinste er schwach.
    »Du wirst viel zu lachen haben, Bardin, wenn ich es erst angezogen habe.«
    »Überhaupt nicht.«
    Mit ernsthafter Miene erhob sie sich, um ihm beim
Umkleiden zu helfen, denn die Wunde behinderte ihn. Das Gewand war an den Schultern recht knapp, doch sie zerrte und zupfte es zurecht, richtete den Halsausschnitt und bemühte sich, ihm dabei nicht in die Augen zu sehen, denn ihr Herz klopfte auf seltsam aufgeregte Weise, wenn sie seinen Körper berührte. Dann nahm sie das Messer und machte sich daran, sein schulterlanges Haar, das Zeichen des adeligen Ritters, bis knapp unter die Ohren zu kürzen. Er ließ alle diese Maßnahmen klaglos über sich ergehen, nur als sie sich seine schönen Stiefel vornahm, um die Schäfte abzusäbeln, verzog er schmerzlich das Gesicht. Doch er schwieg.
    »Ein paar Tage werdet Ihr Euch noch erholen müssen«, meinte sie und reichte ihm das Werk der Zerstörung. »Dann werdet Ihr wohl kräftig genug sein, um nach Schottland zu gelangen.«
    »Ein Bauer«, murmelte er. »Ein Landstreicher. Oder ein …«
    Er zog die Reste seiner Stiefel als Halbschuhe an die Füße und lehnte den Rücken dann erschöpft gegen die Mauer. Nachdenklich sah er sie an, und sie ahnte, welcher Gedanke jetzt in seinem Kopf entstanden war.
    »Hör zu, Brianna …«
    »Auf keinen Fall.«
    Er stöhnte leise, denn er wusste inzwischen, dass sie hartnäckig war.
    »Ich könnte dir nützlich sein. Du bist allein und brauchst einen Beschützer.«
    Klar. Er wollte sie begleiten, natürlich auf ihrem Pferd reitend. Und sie durfte dann zu Fuß neben ihm herlaufen!
    »Ich komme allein zurecht, Herr Angus.«
    »Daran zweifle ich ja gar nicht. Aber du würdest mir helfen. Zwei Barden, die über die Berge nach Schottland reisen - niemandem würden wir auffallen.«
    »Ihr seid kein Barde.«
    Er war nicht von seiner Idee abzubringen, schilderte ihr seine angeblichen Künste im Flötenspiel, versicherte ihr, dass man es drüben in Schottland mit den Barden nicht so genau nehme und überhaupt sei es ja nur für ein paar Tage. Er würde ihr all sein Geld geben, davon könne sie sich auf dem Markt eine Harfe kaufen, eine Fiedel und was sie sonst brauche. Vielleicht auch einen Karren.
    »Ich soll zur Tarnung vor Euren Verfolgern herhalten«, gab sie starrsinnig zur Antwort. »Ich denke gar nicht daran. Am Ende werde ich noch mit Euch gemeinsam erschlagen.«
    »Sie werden dir nichts tun«, sagte er leise. Doch dann schwieg er und sah beklommen vor sich hin.
    Eine Weile war es still, er hatte alle Versuche, sie zu überreden, aufgegeben, saß mit hochgezogenen Knien, den Rücken gegen die Mauer gelehnt und hatte die Augen geschlossen. Brianna rollte sein Gewand zusammen, packte die Stiefelschäfte dazu und verbarg die Sachen unter einem lockeren Stein. Sorgsam deckte sie trockenes Laub darüber und blieb dann unschlüssig stehen. Sie kämpfte mit sich. War es nicht

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