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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Und doch hätte sie es schrecklich gefunden, wenn Angus Logan erschlagen hätte. Vor allem dann, als der Barde wehrlos am Boden lag.
    »Ich bin trotz allem froh, dass du es nicht getan hast«, sagte sie leise.
    Er schwieg wieder einmal, und sein Gesicht war verschlossen. Der Regen hatte jetzt aufgehört, zwar fielen noch schwere Tropfen aus den Zweigen auf sie herab, doch oben in den Baumkronen ließ die Sonne das feuchte Laub aufblitzen, und in den Ästen regten sich Eichhörnchen und kleine Vögel. Briannas Stimmung hob sich wieder, sie würde ihn schon dazu bringen, ihr zu vertrauen,
    »Was werden wir tun, wenn dein Bruder Gordon bei uns ist?«
    »Das ist noch unsicher.«
    »Reiten wir in die Highlands?«
    »Vielleicht.«
    »Werden wir dort gegen die Engländer kämpfen?«
    Er tat einen tiefen Atemzug und presste die Lippen aufeinander. Ihre Fragerei war ihm lästig. Was verbarg er vor ihr?
    »Solange Schottland in englischer Hand ist, werden Gordon und ich für unsere Freiheit einstehen«, sagte er mit mühsamer Ruhe.

    »Und was ist mit mir?«, begehrte sie auf. »Ich will auch dabei sein.«
    »Du wirst tun, was ich dir sage, Brianna. Das hast du mir gerade eben noch versprochen.«
    Sie witterte Verrat. Wollte er sie gar wieder in irgendeiner Burg einsperren und mit seinem Bruder davonziehen?
    »Ich kann lernen, das Schwert zu führen«, schlug sie übereifrig vor. »Wenn du nur ein wenig mit mir übst, dann schaffe ich das leicht. Und wenn ich mich als Knabe verkleide und Hosen trage, dann kann ich auch auf ein Pferd aufspringen. Es ist nur dieses lange Kleid, das mich daran hindert.«
    Jetzt wandte er ihr sein Gesicht zu, und sie sah, dass er schmunzelte. Es freute sie wenig, denn es schien ihr das amüsierte, herablassende Lächeln eines erwachsenen Mannes, der einem kleinen Mädchen beim Spielen zuschaut.
    »Ja, meine kleine Bardin«, meinte er heiter. »Wenn du dir etwas Mühe gibst, wird aus dir eine großartige Kriegerin werden.«
    Er lachte sie aus, dieser gemeine Kerl.
    »Ich bin nicht klein«, fauchte sie. »Das scheint nur so, weil ich auf diesem blöden Maultier sitze und immer zu dir hochschauen muss!«
    »Gewiss, Brianna«, schmunzelte er.
    »Weshalb reite ich denn mit dir?«, schimpfte sie weiter. »Weil ich dir helfen will und nicht, damit du dich über mich lustig machst. Aber wenn du glaubst, ich tauge nicht zu deiner Kameradin, dann kann ich genau so gut auch ohne dich weiterziehen. Gib mir mein Pferd zurück, es gehört mir!«
    »Hör zu, Brianna …«
    »Ach, jetzt auf einmal soll ich dir zuhören. Die ganze
Zeit über musste man dir jedes Wort aus der Nase ziehen.«
    »Du bist zierlich, aber zäh«, erklärte er ihr mit Ernsthaftigkeit. »Aber vor allem besitzt du eine Gabe, die dir große Macht über die Menschen gibt, Brianna. Ich liebe und bewundere deine Lieder.«
    Nun war es an ihr, zu schweigen. Er liebte und bewunderte - nicht sie, Brianna, sondern ihre Lieder. Es war nicht das, was sie sich erhofft hatte, aber es war immer noch besser als gar nichts.
    »Was wir tun werden, das kann ich dir jetzt noch nicht sagen«, fuhr er fort. »Denn es hängt nicht allein von mir ab. Ich werde überall im Land gesucht und will meine Freunde nicht in Gefahr bringen. Deshalb werde ich zuerst alles sorgfältig mit Gordon besprechen, dann werden wir gemeinsam entscheiden. Und außerdem … »
    Er sah zu Boden und schien unsicher, ob er weitersprechen sollte, doch sie hatte begriffen.
    »Und außerdem musst du Gordon erst einmal erklären, weshalb du eine Bardin mit dir herumschleppst - ist es nicht so?«
    »Du bist ein kluges Mädchen, Brianna«, scherzte er.
    »Wird Gordon ärgerlich werden?«
    Er schüttelte lächelnd den Kopf und sah sie mit einem seltsam abschätzenden Blick an.
    »Kaum. Ich glaube eher, dass du ihm gefallen wirst.«
    »Liebt Gordon die Musik?«
    »Das auch.«
    Angus wandte sich jetzt rasch ab. Sie hatten bald den Waldrand erreicht, vor ihnen lag nun eine karg bewachsene Hügellandschaft, die häufig grauen,
schrundigen Fels zutage treten ließ. Ein Bach, von windzerzausten Erlen und Weiden umgeben, wand sich durch den Talboden, hie und da stürzte er rauschend über graues und braunes Gestein, an anderen Stellen hatte er sich tief in den Boden eingegraben und verschwand unter dem überhängenden Gebüsch. Sie machten eine kurze Rast, um die Reittiere trinken und ein wenig grasen zu lassen, setzten sich an den Bachrand und Angus teilte seine Vorräte mit ihr. Brianna kaute

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