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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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nachdenklich auf dem harten Brot herum, auch Angus war nicht gesprächig. Weshalb hatte er sie vorhin so seltsam angesehen, als sie nach seinem Bruder fragte? So als wollte er prüfen, ob sie Gordon gefallen könnte. Wollte er sie vielleicht gar an seinen Bruder abschieben?
    »Es ist nicht mehr weit.«
    Im Abendschein erblickten sie die Küste, die keinerlei Ähnlichkeit mit den Schilderungen des Fuhrmannes hatte. Das Meer lag still, spiegelte nur schwach die untergehende Sonne, Vögel kreisten über den grauen Felsen, die an dieser Stelle flach ins Meer abfielen. Keine Rede von tosenden Wassern, die sich gegen die alten Mauern einer verfallenen Burg warfen. Das Felsgestein sah recht harmlos aus. Als sie näher herangeritten waren, erblickte man jede Menge Geröll und Sand, dazwischen Muscheln und eine Menge Möwen, die eifrig kleine Meerestiere zwischen den Steinen herauspickten.
    Kimber Castle konnte niemals eine starke Festung gewesen sein, vermutlich war es als kleiner Adelssitz erbaut worden, denn mehr als ein eingestürzter Turm und einige bröckelige Mauern waren nicht zu entdecken. Weder Baum noch Strauch hatten in der Ruine wurzeln können, nur auf der dem Meer abgewandten
Seite wuchs dürres Gras. Seevögel hatten ihre Nester in den Mauern gebaut und sie mit weißlichem Kot bekleckert, ein kleiner Fuchs schoss wie ein rostroter Strich davon, als sie über die Steinhaufen kletterten, ihre Reittiere hinter sich herziehend.
    »Und wo ist jetzt dein Bruder Gordon?«
    »Warte hier«, befahl Angus und drückte ihr den Zügel des Kleppers in die Hand. »Ich sehe mich um. Falls wir in eine Falle gelaufen sind, steig sofort auf den Wallach und reite davon. Nicht an der Küste entlang - ins Inland.«
    »Ich denke nicht daran.«
    Er stöhnte und bedachte sie mit einem zornigen Blick.
    »Das ist die erste Regel, die du zu lernen hast, wenn du mit uns kämpfen willst, Brianna. Einige von uns werden sterben müssen, doch unsere Sache kann nur gelingen, wenn andere am Leben bleiben. Auch ich habe überlebt, während meine Kameraden in die Fänge der Engländer gerieten.«
    Mit klopfendem Herzen sah sie ihn davongehen. In gebückter Haltung schlich er um eine Mauerecke, lief hinüber zum Turm und presste sich mit dem Rücken dicht an das Gestein. Langsam schob er sich seitlich am Turm entlang, sprang dann plötzlich auf einen schmalen Absatz und kletterte an dem verfallenen Gemäuer empor, bis er den oberen Rand der offenen Ruine erreicht hatte. Sie hörte ihn einen kurzen Ruf ausstoßen, dann sprang er geschickt wieder auf den Boden.
    »Es ist keine Gefahr.«
    Er half ihr, den Wallach über die bröckeligen Mauerreste zu ziehen, das Maultier hatte weniger Mühe, die Hufe zu setzen, doch der Ort schien ihm nicht zu
behagen, so dass sie ihre liebe Mühe hatte, das Tier zum Turm hinüberzubringen. Dort war inzwischen eine Art Leiter herabgesenkt worden, die eigentlich nur ein schmaler Baumstamm war, dem man die Äste gekürzt hatte. Ein Mann stieg geschickt daran herunter, nahm die letzten Astgabeln im Sprung und ging dann freudestrahlend auf Angus zu.
    »Connor, du bist es wirklich! Und noch dazu gesund und munter!«
    Der Mann war mittelgroß und sehnig, er trug ein langes Reiterkleid aus blauem Tuch, dazu einen schmalen Gürtel und hohe Stiefel. Sein Gesicht war glattrasiert, die Wangen schmal, das Kinn ein wenig spitz, das rötlich gelockte Kopfhaar schon mit grauen Fäden durchzogen. Auch zierte ihn eine große, ein wenig gebogene Nase, die einem Adler Ehre gemacht hätte.
    »Das ist dein jüngerer Bruder Gordon?«, flüsterte Brianna ungläubig.
    »Aber nein.«
    Die beiden Männer umarmten sich, und Brianna stand mit gemischten Gefühlen daneben. Wer auch immer dieser Mann war, Angus musste ihn sehr schätzen, denn er begrüßte ihn mit einer Herzlichkeit, die sie an ihm bisher noch nie gesehen hatte.
    »Das ist Kelvin, mein Freund und Gefährte aus Kindertagen.«
    Kelvin musterte Brianna mit misstrauischen Augen, als Angus ihm erklärte, dass sie eine Bardin sei und mit ihnen ziehen würde, rieb er sich verstört mit dem Zeigefinger über die Nase.
    »Ein Mädchen?«
    »Brianna hat mir das Leben gerettet, Kelvin. Mehr als das: Sie hatte den Mut, mich als Barden zu verkleiden
und zu ihrem Gefährten zu nehmen. Nur durch ihre Hilfe bin ich bisher unentdeckt geblieben.«
    Brianna staunte nicht schlecht. Jetzt auf einmal konnte er ihren Mut und ihre Verdienste loben - neulich hatte er noch behauptet, sie sei nur eine Last

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