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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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benutzen will.«
    »Woher weißt du, dass es einen solchen Gang gibt?«
    Er grinste spitzbübisch.
    »Wir sind in Schottland, Brianna.«

    Craigton Castle tauchte als gewaltige, düstere Masse aus dem Nebel vor ihnen auf, rundliche Türme unterbrachen das zinnenbesetzte Mauerwerk, darüber ragte der trutzige Wohnturm wie ein riesiger, gewappneter Krieger inmitten seiner Kämpfer. Krähenschwärme kreisten über der Burg, umflatterten die Türme und hockten dicht an dicht auf den Zinnen. Als die beiden Reiter den Burggraben erreicht hatten, empfingen die schwarzen Vögel sie mit heiserem Geschrei.
    Es war zu nebelig, um in den Burggraben hineinsehen zu können, doch der Gestank, der daraus emporstieg, ließ vermuten, dass man sich schon lang nicht mehr die Mühe gemacht hatte, für die Zufuhr von frischem Bachwasser zu sorgen. Eine hölzerne Brücke führte über den Graben zum Burgtor, das zu ihrer Überraschung weit offen stand.
    »Vermutlich warten sie auf die Fuhrleute, die ihnen Lebensmittel und Wein liefern«, meinte Angus.
    »Vielleicht«, murmelte Brianna. »Ich hasse diese Krähen, sie starren auf uns herab, als wären wir ein Festmahl für sie.«
    »Noch kannst du dich entscheiden, Bardin.«
    »Reiten wir in die Höhle des Bären. Ich bin neugierig, ob er mit uns tanzen wird.«
    »Das wird er ganz sicher«, meinte Angus grimmig. »Aber ich trommle den Takt dazu.«
    Hohl klapperten die Hufe ihrer Reittiere auf dem Holz der schmalen Brücke. Der Geruch aus dem Graben war so scheußlich, dass Brianna inständig hoffte, ihr Maultier möge nur ja keinen Fehltritt begehen, denn dort unten im Morast zu landen musste schlimmer sein, als in einen brodelnden Höllenpfuhl zu stürzen.

    Kaum hatten sie den Eingang der Burg erreicht, da trat ihnen ein Wächter entgegen, ohne Zweifel ein englischer Krieger.
    »Barden?«, grölte er. »Woher seid ihr? Etwa aus Schottland?«
    »Wir kommen aus England«, sagte Angus.
    »Gott sei Dank. Diese verdammten Schotten stopfen ihre Barden voller Haferbrei. Und genau so singen sie auch.«
    Leise klingelten die Schellen an Angus’ Gewand, während sie durch einen schmalen Mauergang in den Hof der Burg hineinritten. Ein Knecht kam ihnen entgegen, senkte den Kopf und drückte sich scheu gegen die Mauer, als sie an ihm vorüberritten. Im Burghof mischte sich dunkler Rauch mit dem Nebel, zwei Feuerstellen brannten, darüber hingen Kessel, aus denen ein Duft von Fleischbrühe aufstieg. Die Sicht war viel zu schlecht, um die Gebäude zu erkennen, die sich um den kleinen Hof gruppierten, nur der hohe Wohnturm ragte düster vor ihnen auf, von schwarzen Vögeln umkreist.
    »Sehr fröhlich ist es nicht hier«, bemerkte Brianna.
    Für einen Burghof, in dem tagsüber stets munteres Treiben herrschte, war es hier beängstigend ruhig. Vermummte Gestalten bewegten sich längs der Häuser, schleppten Körbe und Eimer - waren es Mägde oder Knappen? Zwei dürre Hunde näherten sich den Gästen, hielten jedoch vorsichtigen Abstand von den Hufen ihrer Reittiere. Aus dem dunstigen Hintergrund löste sich jetzt die Gestalt eines Mannes, der mit seltsam wiegenden Schritten auf sie zutrat. Er war hochgewachsen und sehr schlank, sein Haar war grau, und obgleich er lächelte, hatten seine Züge etwas Unwägbares. Brianna begriff rasch, dass seine
seltsame Gangart daher rührte, dass er ein steifes Bein hatte. Sein Gewand war einfach, doch aus gutem Tuch geschneidert, und an seinem Gürtel hing das Schwert. Er war ohne Zweifel ein Ritter.
    »Willkommen!«, sagte er freundlich. »Ihr kommt gerade recht. Der Statthalter hat Gäste in der Halle und wird sich über ein wenig Unterhaltung freuen. Singt ihr auch englische Weisen?«
    »Wir singen nur englische Weisen«, gab Brianna wahrheitsgemäß zurück.
    »Das ist gut so.«
    Der Ritter wartete geduldig, bis sie von ihren Reittieren gestiegen waren. Dann winkte er zwei Knappen herbei, die die Musikinstrumente zu tragen hatten. Brianna spürte den eindringlichen Blick des Ritters, der länger als nötig auf ihr ruhte, und sie fühlte sich unbehaglich. Es war nicht die übliche Neugier, die man einer fremden Bardin gegenüber hegte, auch keine Begehrlichkeit - es war etwas anderes, das diesen Mann dazu veranlasste, sie mit seinen schmalen, wimpernlosen Augen so intensiv anzustarren.
    »Kannst du auch tanzen, Bardin?«
    »Ich kann neue und alte Weisen singen, auf der Leier, der Fiedel und der Flöte spielen, und ich kenne viele verschiedene Tänze, Herr.«
    Er

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