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Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Titel: Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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aufgetaucht war. Nicht weil er auf seine Rückendeckung angewiesen gewesen wäre. Aber da sie zusammen waren, hatte Dagan die Gewissheit, dass seinem jüngeren Bruder keine Gefahr drohte.
    Sie sahen sich in dem Raum, in dem sie standen, genauer um. Dagan entdeckte ein benutztes Kondom, das über der Lehne des Schaukelstuhls hing. Auf dem Teppich war ein großer verkrusteter Fleck von Erbrochenem.
    „Reizendes Ambiente“, bemerkte Alastor.
    „Kann man sagen.“ Dagan steckte den abgekauten Stiel seines Lollis in die Hosentasche. „Diese Sterblichen hausen wie die Schweine.“
    „ Es ist zu voll von Dreck der Menschenliebe “, kommentierte Alastor ironisch.
    Dagan zuckte die Schultern. Er konnte mit dem sonderbaren englischen Humor seines Bruders nichts anfangen. Dagan hatte seine Jugendjahre nicht unter den Sterblichen und erst recht an keinem englischen Eliteinternat verbracht und deshalb auch keine Ader für solche Bonmots wie jetzt das geistreich abgewandelte Shakespeare-Zitat von Alastor. „Wir sind nicht hergekommen, um die Inneneinrichtung zu bewundern“, murmelte er.
    „Warum sind wir überhaupt hier?“
    Dagan sah ihn über die Schulter hinweg an. Alastor hatte das gleiche dichte blonde Haar wie er, nur trug er einen korrekten Haarschnitt, während Dagan das Haar fast bis auf die Schultern reichte und im Nacken mit einem dünnen Lederband zusammengebunden war. Sonst sahen sie sich manchmal zum Verwechseln ähnlich, und man musste schon genauer hinschauen, um Unterschiede festzustellen. Dagans Gesicht war schmaler, sein Kiefer wirkte kantiger, und seine Augen waren grau, während Alastor blaue Augen hatte. Dennoch erkannte man sofort, dass sie Brüder waren. Zwei von vieren – nein, inzwischen zwei von dreien.
    Lokan war tot. Ermordet. Das war das Wort dafür. Nein, war es nicht. Hingeschlachtet wäre der richtige Ausdruck.
    Dagan fühlte, wie die Wut ihn würgte. Ein widerlicher Geschmack kam ihm in den Mund. Ihm war, als hätte man ihn in Trockeneis getaucht. Es war so kalt, dass es brannte wie Feuer, ein Schmerz, der einem den Atem raubte. Dieses Gefühl hatte er zuerst gehabt, als er auf dem blutbefleckten Boden gestanden hatte, an der Stelle, wo sie Lokan gehäutet und in Stücke gehauen hatten. Zuerst hatte er dieses überwältigende Gefühl gar nicht einzuordnen gewusst, bis ihm endlich klar geworden war, dass ihn Trauer und der Schmerz um den Verlust seines Bruders überwältigt hatten.
    Wer immer es getan hatte, Dagan würde ihn finden. Und zum ersten Mal in seiner langen Laufbahn als Reaper würde er jemandem die Seele nicht bloß entreißen, weil es sein Job war, sondern er würde es mit Wollust tun. Er würde sich dabei Zeit lassen und jede Sekunde auskosten.
    Dagan unterdrückte seine Gefühlsaufwallung. Das konnte ihm nicht helfen, Lokans Mörder zu finden. Es würde ihm besser gelingen, wenn er einen kühlen Kopf bewahrte. „Warum du hier bist, weiß ich nicht, Alastor. Ich bin gekommen, weil ich etwas zu erledigen habe.“
    „Und das wäre?“
    „Ich bin da möglicherweise auf etwas gestoßen, das mich weiterbringt“, erklärte er. Alastor wusste, dass Dagan dem Mörder ihres Bruders nachjagte. „Sehr vage zwar, aber vielleicht lohnt es sich doch, einmal nachzuhaken. Ein Polizeibericht sprach von einem Obdachlosen, der steif und fest behauptet, aus einer heruntergekommenen Bruchbude gerade noch mit heiler Haut entkommen zu sein.“
    „Und die Bruchbude wäre dann diese? Haben die Beamten etwas herausfinden können?“
    „Die Beamten “, mokierte sich Dagan über Alastors Ausdruckweise. „Die Cops sind im Streifenwagen vorbeigefahren und haben einen flüchtigen Blick auf das Haus geworfen. Das war alles. Das Haus gehört einem Kerl namens Joe Marin. Er und sein Bruder Frank haben es vor drei Jahren nach dem Tod ihrer Mutter geerbt. Durch sie ist auch Joes Name in die Bücher des Alten geraten. Sie hat ihn gebeten, dass ihr Sohn das Geld bekommt, um den Immobilienkredit für dieses Haus abzulösen. Der Bruder, Frank, soll sich in Übersee befinden, heißt es. Die Cops haben kurz mit Joe geplaudert, dann meinten sie, er sei sauber. Das war’s. Damit war die Akte geschlossen.“
    Dagan betrachtete ein Graffiti, das er an der Wand entdeckt hatte. „Das Leben stinkt“, stand da. Gut möglich, dachte er, aber der Tod stinkt bei Weitem mehr. Er trat dichter heran und untersuchte die Schrift. Es war keine gewöhnliche Farbe.
    „Schade um das schöne Blut“, murmelte Alastor, der

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