Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Titel: Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
Vom Netzwerk:
unter den Göttern vom Zaun brechen?“ Wenn es tatsächlich einen Zusammenhang gab, würde es ganz übel ausgehen. Dann würden nicht nur Isis und Sutekh aneinandergeraten. Die gesamte Götterwelt würde hineingezogen werden. Jeder, ob Gott oder Halbgott, würde Partei ergreifen oder auf dem brodelnden Konflikt sein eigenes Süppchen kochen. Das Chaos, das dann in der Unterwelt entstehen würde, war unvorstellbar.
    Dagan öffnete die Kellertür und drehte am Lichtschalter, aber es blieb dunkel. Auch gut. Das war ihm sogar noch lieber. Seine Augen waren so lichtempfindlich, dass ihn selbst an diesigen Tagen die Sonne blendete. Deshalb waren ihm die Nachtstunden die liebsten. Sogar wenn es stockfinster war, konnte er so gut sehen wie normale Sterbliche beim Licht einer Hundertwattbirne. Ein weiteres Erbe seines Vaters.
    Im Keller roch es ekelhaft. Der typisch muffige Kellergeruch wurde von einem Gestank überdeckt, der eindeutig von verdorbenem Fleisch und abgestandenem Blut stammte. Seinem Geruchssinn folgend, wandte sich Dagan nach links, wo sich eine weitere Tür befand, die mit einem Vorhängeschloss abgesperrt war. Im Holz der Tür war etwas eingeschnitzt, das sich bei näherem Hinsehen als ein Horus-Augeentpuppte, wieder ein deutlicher Hinweis auf den Isiskult. Noch so ein fragwürdiger Zufall.
    Daneben waren im Türrahmen roh Hieroglyphen geritzt, die Dagan nur mit Mühe entziffern konnte. Laut las er den übersetzten Text vor: „Wer über diese Schwelle tritt … unrein … Das Gericht wird über ihn kommen und ihn für alle Zeiten verdammen … Zittern soll er vor mir, denn der Kopf wird ihm abgeschlagen. Seine Seele soll verfaulen, denn dieses ist das erste der einundzwanzig Tore, die zu Osiris’ Haus führen.“
    Dagan wusste, dass sich die einundzwanzig Tore allesamt in der Unterwelt befanden. Diese Holztür konnte also keines davon sein.
    „Wem will er das denn weismachen?“, bemerkte Alastor, der seinem Bruder über die Schulter gesehen hatte.
    „Schauen wir mal hinein.“ Dagan knackte das Vorhängeschloss ohne Schwierigkeiten mit bloßen Händen und stieß die Tür auf, die sich geräuschlos in gut geölten Angeln bewegte. Jetzt war der Gestank so stark, das man das Gefühl hatte, die Luft schneiden zu können. „Dem Geruch nach zu urteilen, sind wir auf die Hauptader gestoßen“, verkündete Dagan.
    Aufmerksam blickte er sich um. Der Raum war fensterlos, und der Zementfußboden fiel zur Mitte des Raums hin, wo sich ein Abflusssiel befand, leicht ab. In einer Ecke war ein Plastikwaschbecken angebracht. Daneben stand ein Kühlschrank, der an einen Dieselgenerator angeschlossen war, der leise vor sich hintuckerte.
    „Ein Hochleistungsgenerator“, stellte Alastor fachmännisch fest.
    „Dann wollen wir mal nachschauen.“ Ein kalter Hauch kam ihnen entgegen, als Dagan die Kühlschranktür öffnete. Dann sahen sie die Bescherung. Durch die Plastikfolie hindurch, in die sie verpackt waren, konnte man es deutlich erkennen: Hübsch in den Fächern aufgereiht, blickten ihnenein halbes Dutzend abgetrennter Menschenköpfe entgegen, die sich in einem unterschiedlichen Stadium der Verwesung befanden. Im untersten Fach stand eine offene Dose Backnatron, offenbar ein halbherziger Versuch, den Verwesungsgeruch zu binden.
    Dagan nahm sie heraus und schaute sie sich an. „Ob er die wohl alle drei Monaten wechselt?“
    Zweifelnd zog Alastor die Augenbrauen hoch. Nachdem Dagan das Natron zurückgestellt hatte, schlug er die Tür zu. Dann öffnete er das Tiefkühlfach. Hier hatte derselbe makabre Ordnungssinn gewaltet. Einzeln verpackt und säuberlich aufgestapelt eine Anzahl abgehackter Hände. Natürlich mussten sie beide sofort an ihren Bruder denken, der genauso in Stücke gehauen worden war. Aber es gab einen entscheidenden Unterschied zu diesen Opfern. Würden sie es schaffen, Lokans Einzelteile zu finden, könnte es ihnen gelingen, ihn wieder zu einem Ganzen zu machen und ihn ins Leben zurückzuholen. Als Seelensammler und Sohn Sutekhs gehörte er nicht zu den Sterblichen. Lokan würde wieder leben und atmen, vorausgesetzt allerdings, dass sie ihn oder, genauer gesagt, seine Einzelteile rechtzeitig fanden. Bevor die Lebenskräfte seiner Seele zu schwach wurden.
    Das Problem war, dass sie nicht wussten, wo sie Lokans zerstückelten Körper suchen sollten. Und solange sie den nicht hatten, war sein Ka, seine Lebenskraft, in Gefilden gefangen, zu denen sie keinen Zugang hatten. So viel sie wussten, weilte

Weitere Kostenlose Bücher