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Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Titel: Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Lokan weder unter den Sterblichen noch in der Unterwelt. Auch der telepathische Kontakt, der die Brüder immer untereinander verbunden hatte, war zu Lokan abgerissen.
    Bisher hatten all ihre Versuche, die Spur aufzunehmen, ins Nichts geführt. Der Gedanke daran machte Dagan krank und weckte ein ungewohntes, unerfreuliches Gefühl in ihm, das auch etwas mit Schuldgefühl zu tun hatte. Er, Dagan, warder älteste der Söhne Sutekhs und der stärkste. Das brachte Verantwortung mit sich. Er hätte bei Lokan sein und ihn schützen müssen.
    Dagan wandte sich vom Kühlschrank und den Paketen darin ab, um sich weiter umzusehen. Aus einem metallenen Kellerregal starrten ihn leere Augenhöhlen an. Dort standen in Reih und Glied etliche Totenschädel.
    „Riecht verdammt nach Ritual“, murmelte Alastor. „Find ich auch. Ich kann mir nur nicht erklären, was für eines das sein soll. Nach allem, was ich weiß, verlangen Isis und Osiris keine Menschenopfer. Oder zieht dieser Typ sein eigenes Ding durch?“ Dagan sah seinen Bruder an. „Könnte es dann sein, dass er von Menschenopfern dazu übergegangen ist, Reaper abzuschlachten?“
    Alastor schüttelte den Kopf. „Unfug. Wie hätte ein Sterblicher Lokan überwinden können?“
    Daran war nicht zu rütteln. Irgendeine übermenschliche Kraft musste wenigstens mitgewirkt haben. Alles wies auf die Isistöchter hin. Aber war es wirklich so? Dagan hatte schon früh gelernt, dass es oft nur pure Bequemlichkeit war, das Naheliegende zu glauben. Und oft genug führte das auf die falsche Fährte.
    Er bückte sich zum untersten Bord des Regals. Dort hatte er eine einzelne Kochplatte mit Schnur und Stecker entdeckt sowie einen Kochtopf, so groß, dass ein abgetrennter menschlicher Kopf hineinpasste. Dagan ging ein Licht auf. So hatte der Killer es geschafft, die Schädel sauber und ohne eine Spur von Gewalt vom Fleisch und der Haut zu trennen. Sie wurden gekocht wie ein Suppenhuhn.
    Ebenfalls auf dem Regal stand eine durchsichtige Plastikschale, die mit kleinen würfelförmigen Knochen gefüllt war, Handwurzelknochen, wie Dagan vermutete. Eines musste man dem Hausherrn lassen. Es gab anscheinend nichts, das nicht an seinem Platz stand.
    Ganz oben auf dem Regal war noch ein anderes Behältnis, eine rechteckige schwarze Schachtel. Dagan nahm sie herunter, und wie sich herausstellte, war es eine detaillierte Fotodokumentation der Aktivitäten des Killers. Auch diese Sammlung war penibel sortiert und mit Karteikartenreitern geordnet worden. Dagan blätterte aufs Geratewohl durch die Fotos, bis er jäh innehielt. Er blätterte ein Stück zurück und zog ein Polaroidbild heraus, eine jener selbstentwickelnden Fotografien mit einem breiten weißen Rand unten, wie sie vor langer Zeit modern gewesen waren. Das Bild war offensichtlich älteren Datums und zeigte vom Hals bis zur Brust eine Frau. Im offenen Hemdkragen war an einer Halskette ein silberner Anhänger zu erkennen. Das gehörnte und geflügelte Ankh, wie es auch der Obdachlose in dem Polizeireport beschrieben hatte und wie Dagan es vor elf Jahren bei dem Mädchen in der verlassenen Fabrik in Chicago entdeckt hatte. War sie es vielleicht sogar? Nein, das konnte nicht sein. Und dennoch: Einen ägyptischen Anhänger trugen viele Frauen, aber diesen sah man nur äußerst selten.
    Wieder wurden Erinnerungen wach. Er sah sich, wie er sich über das Mädchen gebeugt, das silberne Schmuckstück zwischen ihren Brüsten herausgezogen und es in die Hand genommen hatte, um es näher zu betrachten.
    „Weißt du, was dieses Zeichen bedeutet?“
    „Es ist ein Ankh, ein altes Symbol der Ägypter. Es steht für Le ben.“
    „Wo hast du es her?“
    „Was geht dich das an?“ Allzu deutlich hatte sie versucht, ihre Angst mit einem forschen Tonfall zu überspielen. Dann hatte sie geantwortet: „Ich hab es von meiner Mutter.“
    „Und woher hat sie es?“
    „Als ich sie zum letzten Mal gesehen habe, war ich fünf.
    Aber sollte sie plötzlich wieder auftauchen, frage ich sie gerne.“
    Dieses verdammte Foto brachte einen auf die wildesten Vermutungen. Dagan stellte den Kasten mit den Bildern zurück, behielt das Foto aber bei sich.
    „Die Opfer waren alle Sterbliche“, stellte Alastor fest, während er einen der Schädel in der Hand wog. „Ich spüre nicht das Geringste von übernatürlicher Energie.“
    Dagan war derselben Meinung. Das Einzige, das auf die Unterwelt hinwies, waren die Zeichen an der Tür, wenn sie denn überhaupt etwas zu bedeuten

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