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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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die auf dem Bett ausgebreitet lagen: ein ärmelloses Kleid aus kornblumenblauer Seide, ein Paar hochhackige Lacksandaletten von derselben Farbe, ein kleines Etui mit goldenen Steckohrringen, ein Schminkkästchen voller unterschiedlicher Farben, ein Seidenschal in Blau, Türkis und Aquamarin, auf dem ein Kärtchen lag. ›Damit Du Dir die Haare aus dem Gesicht binden kannst‹, stand darauf.
    »Ich versteh nicht, was –«
    »Die Sachen sind von Ruth und mir. Zum Einstand in dein neues Leben.«
    »Nein, das kann ich nicht annehmen –«
    »Jetzt hör mal zu, Mickey«, erklärte Ruth, »es wird Zeit, daß du dich endlich hübsch anziehst. Möchtest du vielleicht morgen zu dem Bankett als graue Maus gehen? Sollen die Chirurgen dich vielleicht als Mauerblümchen sehen? Du bist doch eine tolle Frau, also zeig’s auch!«
    Mickey begann zu weinen. Sondra weinte mit. Ruth packte kopfschüttelnd die Haarbürste auf dem Toilettentisch und rief. »So, und als erstes werden wir dir mal eine neue Frisur verpassen.«
     
    Chris Novack hatte gesagt, er würde sie um sieben Uhr abholen. Das Bankett sollte im großen Konferenzsaal des St. Catherine’s Krankenhaus stattfinden, von der Wohnung auch zu Fuß nicht weit, doch er hatte darauf bestanden, sie mit dem Auto abzuholen.
    Sondra ließ ihn herein, Ruth winkte ihm aus der Küche zu.
    »Wir mußten uns den Mund fusselig reden, ehe wir sie so weit hatten, daß sie geht. Jetzt ist sie in ihrem Zimmer und überlegt, was sie anziehen soll.«
    Er schüttelte lachend den Kopf. Mit der Zeit, da war er sicher – er hatte es ja oft genug erlebt –, würde Mickey sich an ihr neues Gesicht gewöhnen und ihr zaghaftes Verhalten ablegen. Bei manchen Menschen dauerte es eben ein bißchen länger.
    »Hallo, Dr. Novack.«
    Er drehte sich um. Und war wie vom Donner gerührt.
    »Mickey?«
    {80}
    So unsicher, als hätte sie zum erstenmal hochhackige Schuhe an, trat sie ins Wohnzimmer, den Kopf gesenkt, weil sie das Haar mit einem leuchtenden Seidenschal im Nacken zusammengebunden hatte, so daß ihr Gesicht frei war. Erst als sie nahe vor ihm stand, hob sie den Kopf und lächelte schwach. Sie hatte sich die Lippen geschminkt, und auf den Augenlidern hatte sie einen Hauch grünen Lidschatten. Aber es war nicht nur die Schminke, die ihr Gesicht veränderte. Es war eine innere Lebendigkeit, die sich in ihren Augen und im scheuen Lächeln ihres Mundes ausdrückte. Ihre Einstellung zu sich selbst hatte sich verändert.
    Dr. Novack war sprachlos.
    »Viel Spaß«, sagte Ruth und wandte sich ab, um sich mit irgend etwas zu schaffen zu machen. »Wir bleiben auf, bis du heimkommst, Mickey.«
     
    Sie machten einen letzten Spaziergang am Strand. In der Wohnung warteten schon die gepackten Koffer, in ihren Handtaschen steckten die Flugscheine. Sondra und Ruth würden abreisen, Mickey würde bleiben. Sie hatte einen Sommerjob als Aushilfsschwester im St. Catherine’s Hospital, so daß sie die Wohnung für sie halten konnte.
    Sie gruben ihre nackten Füße in den warmen Sand, füllten ihre Lungen mit der frischen, salzigen Luft, ließen sich das Haar von der Meeresbrise zausen. Es war ein herrlicher Tag, der Himmel strahlend blau mit kleinen weißen Wölkchen, die friedlich dahintrieben, und über der rauschenden Brandung tummelten sich kreischend Scharen weißer Möwen.
    Alle drei hatten sie das Gefühl, an einer Schwelle zu stehen. Und gleichzeitig waren sie von wohltuender Befriedigung über das bisher Geleistete erfüllt.
    Ruth war mit den Abschlußprüfungen auf den sechsten Platz ihres Jahrgangs vorgerückt und sie wußte, wenn sie im Herbst aus Seattle zurückkam, würde Arnie Roth auf sie warten. Sondra hatte einen Platz in einem von der Gesundheitsbehörde finanzierten Hilfsprogramm bekommen und würde einige Wochen lang in einem Indianerreservat arbeiten. Mickey hatte ihr neues Gesicht und sah das Leben mit optimistischerem Blick.
    So vieles lag hinter ihnen und so vieles noch vor ihnen. Und der September schien noch in weiter Ferne.

{83}
    10
    Mickey rannte durch den Korridor und stieß ziemlich unsanft mit einem jungen Mann mit einer Filmkamera zusammen. Ihr wirbelte so vieles durch den Kopf in diesem Moment: ob sie die Assistentenstelle in Hawaii bekommen würde, ob sie an dem Chirurgie-Seminar am kommenden Wochenende teilnehmen sollte, was sie mit dem Kind auf Zimmer sechs tun sollte, das eine offene Sicherheitsnadel verschluckt hatte. Sie stieß mit dem jungen Mann zusammen, weil sie auf ihre

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