Herzgefaengnis
beruhigt hatte und ihm zu erklären versuchte, hielt er mir einfach den Mund zu.
„Psst – sag nichts … du … du hast mich beschenkt.“
Ein weiches Lächeln umspielte seine Lippen, seine Lachfältchen erschienen und ließen ihn so unwiderstehlich lausbubenhaft aussehen. Und doch: Ich entdeckte einen Anflug von Melancholie in seinem Blick. Dieser Ausdruck war mir schon ein paar Mal aufgefallen. Und nahm mich mehr für ihn ein als sein ganzer Charme, sein Aussehen und sein Witz.
Ich zog seine Hand von meinem Mund und bat ihn mit tonloser Stimme, mir wenigstens zu erlauben, ihm ‚danke‘ zu sagen. „Nein, sag´ jetzt nichts. Genieß´ es einfach so, wie es kommt. “
Ich nickte stumm und versuchte ein Lächeln.
„Na bitte, geht doch.“ Mit diesen Worten hauchte er mir einen Kuss auf die Stirn. Dann räkelte er sich lasziv, und während meine Blicke noch bewundernd über seinen schönen Körper schweiften, gähnte er und brummte: „Und nun lass uns noch eine Mütze voll Schlaf nehmen.“
Damit war ich vollauf einverstanden. Obwohl der Himmel schon eine hellere Farbe angenommen hatte, dauerte es keine Minute, bis ich eingeschlafen war.
Drei Stunden später intonierte Leo unter der Dusche Frankieboys Lied „I Get A Kick Out Of You“, während ich mich im Spiegel inspizierte. Und einen spitzen Schrei ausstieß, der Leo aus dem Takt brachte: Auf meinem Hals prangte unverkennbar ein ziemlich blaurot verfärbter Knutschfleck.
„Spinnst du? Sieh dir das hier an!“ Ich deutete erregt auf das Liebesmal. „Kennzeichnest du so deine Beutetiere?!“
Er lachte schallend über meine Empörung. Konnte sich kaum noch einkriegen.
„Beutetiere “, prustete er und zog mich in die Dusche, um sein Vergehen näher in Augenschein zu nehmen. „Och mein Schatz, das tut mir leid. Muss im Eifer des Gefechts passiert sein“, sagte er mit reuigem Augenaufschlag.
„Wie wär´s ?“ Er grinste lüstern. „Verzieren wir doch die andere Seite aus Symmetriegründen gleich auch noch mit einem …“
„UNTERSTEH´ dich! Ich bin nachher bei meinen Eltern eingeladen. Wie soll ich denen das erklären?!“
„Schade. Ich hätte das schön gefunden.“
Ich stampfte mit dem Fuß auf, dass das Wasser spritzte.
„Mein süßes Beutetierchen“, neckte er mich. „Du bist das aller- allersüßeste, niedlichste und vor allem sexyste Beutetierchen, das ich je erbeutet habe.“ Er zog mich an sich und küsste mich.
„Du weißt doch, ich bin stolz auf dich und möchte dich herumzeigen. Und so können wenigstens alle sehen, dass du vergeben bist. Bitte bleib meine Beute. “
Ich schaute in seine Augen, und er schien selbst überrascht über sein Geständnis. Mein Herz schlug höher bei seinen Worten.
Und du bist das Beste, was mir je passiert ist. „Unter diesen Umständen will ich es noch mal entschuldigen“, murmelte ich an seiner Brust.
„Ich bin ein Glückspilz“, lächelte er. „Dass keiner dich mir weggeschnappt hat.“
Ach Leo.
„Ostereier kann ich dir nicht bieten. Aber wenigstens ein Frühstücksei“, sagte er, als wir an seinem Küchentresen Platz nahmen. Süß. Er hatte den Eiern mit Filzstift ein Gesicht aufgemalt und jedem ein Hornveilchen auf den Teller gelegt. Ich küsste ihn auf die Wange.
„Das ist total in Ordnung so. Süß von dir, dass du überhaupt daran denkst“, erwiderte ich. „Gehst du heute auch zu deiner Familie?“
„Nö, die sind alle im Tessin, bei meiner Großmama. Ich bin nachher im Ruderclub, kleine Nachfeier.“
„Du hast eine Tessiner Oma?“
Er nickte. „Meine Ma ist da geboren.“ Er erzählte, dass sie zu Hause mit ihm und seinen Schwestern italienisch sprach. Immer noch. „Vor allem, wenn sie etwas vor meinem Stiefvater geheim halten will. Dann verfällt sie in fiesesten Dialekt.“ Er schmunzelte.
„Erzähl´ mir von deiner Familie“, bat ich ihn.
Leos Mutter war in einem kleinen Bergdorf im Tessin geboren, in den Bergen unweit des Lago Maggiore. Als sie Leos Vater kennenlernte, studierte sie noch. Nach sechs Wochen waren sie verheiratet, nach neun Monaten kam Leo auf die Welt. Die Ehe hielt nicht.
Als Leo zehn war, heiratete seine Mutter zum zweiten Mal und brachte bald darauf seine Schwestern zur Welt: Anna-Maria und Charlotte.
„War das schwer für dich?“, wollte ich wissen.
„Nicht wirklich. Ich verstehe mich bestens mit meinem Stiefvater und meinen Schwestern. Ich war froh, dass wir eine Familie wurden. Die Zeit davor war schlimmer. Ich habe
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