Herzgefaengnis
die Hitze seiner harten Erektion in meinem Inneren zu spüren und zu hören, wie er nach Luft schnappte. Fast konnte ich noch seine glatte, warme Haut unter meinen Händen fühlen.
Ich saß da und presste die Jeans an mich. Ich konnte und wollte nicht glauben, dass er mir diese Sachen geschickt hatte, um sie – oder mich – los zu werden.
Ich zog die Jeans gleich an, und ich wollte sie so lange anbehalten, bis ich hier raus käme. Beim Anziehen meiner Chucks schob ich die Lasche etwas nach oben, um hineinzukommen. Auf der Innenseite der Laschen stand in schwarzer Schrift etwas geschrieben, das beim Kauf der Schuhe noch nicht da gewesen war. Links stand in großen Buchstaben:
EIGENTUM VON
Und rechts las ich: LEO KÖNIG. Darunter hatte er ein Herz gemalt. Mit einem Pfeil mittendurch. Taktvollerweise hatte er die obligatorischen Blutstropfen weggelassen …
Ich verstand die Botschaft. Er meinte nicht die Schuhe. Er meinte mich. Besitzergreifend, eifersüchtig, herrisch. Und weit davon entfernt, meine Kleider oder mich auszusortieren.
Warum kam er nicht? Ich sehnte mich so sehr nach seinem Anblick, seinem Lächeln. Der Schmerz lag wie ein Zentner-Gewicht auf mir. Und mit jedem Song, den ich auf meinem MP3-Player hörte, schien das Gewicht schwerer zu werden.
Hätte er nicht so tun können, als müsse er mich vernehmen? Dann hätten wir wenigstens ein paar Minuten für uns. Oder schreiben - das war überhaupt die Idee. Ich konnte ihm schreiben! Ein Dankeschön für die Wäsche, die Musik. Dass es mir gut ging. Der Gedanke belebte mich, und ich kramte nach den Schreibutensilien, die sie mir gegeben hatten. Mit einem Bleistift würde ich sicher nicht so weit kommen, aber für den Anfang würde es reichen.
Das Ende des Bleistifts war abgekaut, bevor ich noch etwas Vernünftiges zu Papier gebracht hatte. Verdammt, ich war gut im Briefeschreiben. Warum wollte mir diesmal nichts gelingen? Ich brauchte mehrere Blatt kostbares, weil äußerst knappes Papier, bis mir wenigstens ein paar Sätze einfielen, die aussagten, was ich wollte, ohne abgedroschen zu klingen. Doch ich traute mich kaum, sie auch aufzuschreiben. Das war alles so intim. Ging außer ihm und mir niemanden etwas an. Und ich wusste, dass dieser Brief gelesen werden würde – von dem ermittelnden Staatsanwalt. Doch letztendlich war es egal. Der würde wahrscheinlich jede Woche irgendwelche Briefe von Häftlingen auf dem Tisch haben.
„Lieber Leo,
ich habe Dich ja schon um Verzeihung für meine unendliche Dummheit und meinen unsagbaren Leichtsinn gebeten. Hätte ich gewusst, dass ich wenige Wochen nach meinem Zusammentreffen mit Heimke auf Dich treffe, hätte ich jegliches Feiern mit ihr und ihren Freundinnen sein gelassen. Ich hätte einfach nur auf den Tag gewartet, an dem es endlich passiert. Aber ich wusste es nicht. Ich war einsam. So einsam, wie man nur sein kann.
Vielleicht fragst du dich, wie das denn mir passieren kann, einer Frau, die durchaus passabel aussieht und auch nicht völlig bescheuert ist. Aber ich hoffe, du kannst mich ein bisschen verstehen. Ich bin nicht der Typ, der sich nur aus Angst vor dem Alleinsein irgendwem an den Hals wirft. Das traust du mir hoffentlich nicht zu. Aber es gibt Momente, da will man – nein. Da wollte ich einfach jemandem nahe sein. Wenigstens mal ein bisschen. Ein Augenblick der Schwäche, ich gebe es zu. Wenn man schon niemanden trifft, mit dem man es eine Weile (also ich meine länger als bis morgens um fünf) aushält, dann muss man in diesen Augenblicken Kompromisse machen.
Und in solchen Momenten sind dann meistens die falschen Leute zur Stelle. Genau wie bei Heimke (und den anderen zwei Opfern meiner Bettflucht, die ich zugeben kann) eben auch. Sie war da, baggerte mich an, und ich nahm dieses Angebot dankend an. Es kam genau im richtigen Moment, als ich jemanden brauchte, der mich ein bisschen aufbaut und mir das Gefühl gibt, ich bin nicht völlig umsonst auf der Welt. Wir haben getanzt, wir haben geknutscht, und wir sind zu ihr gefahren (Als Polizist kannst du hoffentlich mit dieser Art Geständnis umgehen, ohne schockiert zu sein).
Und dort kam dann wie immer in diesen Fällen das böse Erwachen. Was mache ich hier, wie komme ich überhaupt hierher, was haben wir in diesem Bett gemacht. Fragen, die du sicher kennst :-/
Ich habe gemacht, was die meisten in so einer Situation tun. Ich bin einfach weggeschlichen. Mehr nicht. Den Rest kennst du ja schon. Dass sie deswegen gleich verrückt wird,
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