Herzgespinst - Thriller
das Fahrrad schwang.
Oliver sah ihm nach. »Wohin fährt der denn jetzt noch?«, fragte er verwundert.
Ronnie machte ein so beunruhigtes Gesicht, als hätte er eine bestimmte Ahnung. Die behielt er aber lieber für sich.
»Ach, bestimmt nur zu seinem Dealer«, sagte er stattdessen. »Vor einem Konzert raucht er immer besonders viel. Er hat nicht annähernd so gute Nerven, wie es aussieht.«
Wie bei ihrem ersten Treffen wirbelte Julia in der Küche herum, als Luis an die Tür klopfte. »Ich kann gar nicht glauben, dass du der Typ bist, der gerne kocht«, sagte er. »Du kommst ganz anders rüber.«
Julia schüttelte den Kopf. »Mach ich auch nicht. Beim letzten Mal hatte ich einfach einen Riesenhunger und heute habe ich Oliver Kuchen für Sonntag versprochen. Mein Onkel kommt auch. Die haben sich alle schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen. Eigentlich sollte meine Mama backen, aber sie hat gerade so viel um die Ohren.«
Luis schnappte sich ein großes Stück Marmorkuchen und biss lustvoll hinein. »Wahnsinn!«, sagte er kauend. »Sensationell. Mehr davon.« In Windeseile hatte er das Stück aufgegessen und nahm sich ein zweites.
Julia sah ihn kopfschüttelnd an. »Wie kannst du dabei nur so dünn bleiben? Immer sehe ich dich irgendetwas essen.«
Luis zuckte mit den Schultern. »Kifferschicksal. Wenn ich nicht kiffe, esse ich, am liebsten was Süßes. Und wenn ich weder kiffe noch esse, dann spiele ich Gitarre.«
Julia rettete zwei Stücke auf einen Teller, als ob sie fürchtete, Luis würde den restlichen Kuchen tatsächlich alleine aufessen.
»Kannst du dir nicht was anderes suchen, als Alternative meine ich?«, fragte sie. »Essen und Musikmachen ist ja okay, aber dieses Kiffen finde ich megakrank, aber das habe ich dir bereits tausendmal gesagt.«
Luis blieb gelassen. »Was ist schon krank? Wenn jemand zu viel isst, ohne Unterlass Cocktails trinkt, ständig kifft oder zu viel liebt? Ist das alles krank?«
Julia antwortete nicht.
»Jemanden zu sehr lieben, kann einen auch krank machen«, fuhr Luis fort. »Hast du das gewusst? Oder ist man krank, und deshalb liebt man jemanden zu sehr?«
Er pickte einen Krümel Kuchen vom Küchentisch.
»Bin ich krank und deshalb kiffe ich oder kiffe ich und bin deshalb krank?«
Er machte eine Kunstpause und schaute Julia fragend an.
»Essen, kiffen, lieben. Macht das krank oder macht das nicht krank? Was meinst du, Julia?«
Julia sah Luis düster an. »Also, du bist auf jeden Fall krank, wenn ich mir so anhöre, was du sagst. Ob das alles vom Kiffen kommt oder umgekehrt, kann ich nicht beurteilen.«
Luis verzog den Mund und schwieg.
Julia wusste nicht, ob sie ihn mit seiner Bemerkung getroffen hatte, aber sie hoffte es irgendwie. Gerade ging er ihr nämlich ziemlich auf den Geist mit seinem Quatsch. Dass Liebe krank machen sollte, war wirklich der größte Blödsinn unter der Sonne.
Jemanden wirklich bedingungslos zu lieben, war das Schönste, was passieren konnte. Es machte nicht krank, sondern es heilte. Bis zu dem Moment, als Julia erkannt hatte, wie sehr sie Oliver liebte, war sie rastlos und schwach gewesen.
Doch seit sie wusste, dass sie für ihre Liebe einfach alles opfern würde, ging es ihr endlich wieder gut.
»Also, du weißt es auch nicht«, nahm Luis den Faden wieder auf. »Schade.«
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah Julia nachdenklich an.
»Ich habe mich in dich verliebt, wie du weißt. Und ich fühle mich kein bisschen krank deshalb. Das Einzige, was mich krank macht, ist zu sehen, was dich krank macht. Und das macht mich nicht nur krank, sondern richtig böse.«
Julia atmete ungeduldig ein. »Und was bitte macht mich krank?«, fragte sie schnippisch.
»Oliver«, antwortete Luis gelassen. »Oliver und seine Weibergeschichten machen dich krank. Kaum ist die eine weg, taucht die Nächste auf. Nett ist was anderes. Ich finde, du hast was Besseres verdient.«
Julia begann hysterisch zu lachen. »Ach, und der Bessere bist du? Das ist dann allerdings wirklich krank.« Sie nahm sich gereizt ein Stück Marmorkuchen und biss hinein. »Das mit Lotte war nur wegen dem Stress vor dem ersten Konzert«, sagte sie. »Er hätte auch ein Kaninchen süß finden können. Seit dem Auftritt hat er sie fast nicht mehr gesehen. Und die mysteriöse Neue bin in Wirklichkeit ich. Ich habe dir doch von uns erzählt. Oliver möchte gerne, dass es geheim bleibt, damit nicht so viel darüber gequatscht wird.«
Luis lächelte überlegen. »Ach, und die
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