Herzgespinst - Thriller
»Du irrst dich. Du irrst dich bestimmt. Wir beide gehören doch zusammen, Oliver. Ich weiß es ganz genau.«
Oliver schüttelte den Kopf. »Nein, Schneewittchen. Glaube mir. Es dauert nicht lange, da triffst du jemanden, bei dem du das Gleiche fühlst wie ich mit Shiva. Du musst es nur erst mal erleben.«
Plötzlich fasste er einen Entschluss und er wunderte sich wirklich, dass ihm dieser Gedanke nicht längst gekommen war.
»Die Sache mit UNDERGROUND ist endgültig aus, und das ist richtig beschissen. Aber mein neues Leben ist deshalb nicht zu Ende. Ich werde mit dem Zirkus losziehen und mir die Welt anschauen. Und vielleicht finde ich eine neue Band.«
Er schaute Julia zärtlich an. Sie lag wie ein Häufchen Elend eingerollt auf dem Bett und hielt ihre Hände vor das Gesicht, als könne sie seinen Anblick nicht ertragen.
Er atmete tief ein. »Ich glaube, es ist besser, wenn ich mich für heute verziehe. Dann kannst du ganz in Ruhe darüber nachdenken, was ich gesagt habe. Ich hab dich wirklich lieb, das musst du mir glauben.« Er wollte ihre heißen Wangen berühren, überlegte es sich aber im letzten Aug enblick.
Als er ging, wimmerte Julia wie eine kleine Katze vor dem Ertrinken in ihr Kissen.
35
S hiva war noch wach, als Oliver zaghaft an ihren Wohnwagen klopfte.
Zu seiner Überraschung war sie nicht allein. Sie legte den Zeigefinger auf ihre Lippen, bevor er etwas sagen konnte.
»Meine kleine Kusine Siri ist heute überraschend für ein paar Tage zu Besuch gekommen«, flüsterte sie mit Bedauern in der Stimme. »Sie liegt bei mir im Bett, das machen wir sonst auch immer so. Ich glaube, sie schläft schon.«
Sie sah ihn prüfend an. »Ganz ehrlich, du siehst ziemlich fertig aus. Stress gehabt?«
Oliver zuckte mit den Achseln. »Könnte man so sagen. Julia ist gerade ziemlich ausgerastet, als sie erfuhr, dass wir beide zusammen sind. Gleichzeitig habe ich ihr eröffnet, dass ich mit eurem Zirkus auf die Reise gehe, das war vielleicht zu viel für sie, besonders nach dem Stress mit Luis. Ich fürchte, ich war ein echter Trampel.«
Shiva schrie entzückt auf und fiel Oliver um den Hals. »Ist das wahr? Hast du wirklich gesagt, dass du mit uns fährst? Wie cool ist das denn …« Sie küsste ihn begeistert.
»Wer ist der Mann?« Ein kleiner blonder Kinderkopf guckte neugierig unter Shivas Bettdecke hervor.
Shiva lachte. »Der Mann ist mein neuer Freund. Er heißt Olli und bleibt eine Weile bei uns im Zirkus.« Sie grinste Oliver an. »Olli, sag mal Hallo zu meiner Kusine Siri. Mit ihr musst du dich gut stellen, wenn du gerne naschst. Ihre Eltern verkaufen Zuckerwatte und Softeis.«
Oliver setzte sich auf die Bettkante und gab dem kleinen Mädchen die Hand. »Hallo Siri. Ich esse am liebsten Karamell-Eis mit Stückchen drin.«
Siri lächelte ihn hingerissen an. »Ich auch! Dann bringe ich dir morgen welches mit, wenn Papa kommt.«
Oliver lächelte zurück. »Super gerne.«
Shiva legte den Arm um Olivers Schulter. »Na, bei Siri hast du jetzt echt einen Stein im Brett. Du eroberst die Frauen wohl im Sturm«, frotzelte sie.
»Klar, was dachtest du denn«, konterte Oliver. »Man hat schließlich einen Ruf zu verteidigen.«
Shiva biss ihm zärtlich in den Hals. »Okay. Dann fang mal bei mir damit an. Eigentlich hätte ich jetzt total Lust zu feiern, dass du mit uns auf die Reise gehst. Können wir irgendwo was trinken gehen?«
»Rote Sonne, wo sonst«, schlug Oliver vor. »Dann kann ich auch gleich meinen Job kündigen. Mein Boss wird supersauer auf mich sein.«
Die Bar auf dem Marktplatz war zum Bersten gefüllt. Oliver wurde von den Gästen wie ein Star begrüßt.
»Hey, Olli. Wann gibt es den nächsten Auftritt?«, rief man ihm von allen Seiten entgegen. Er hatte keine Lust, zuzugeben, dass sein Gastspiel in der Band schon wieder vorbei war und redete sich geschickt heraus. Heute Abend stand einfach nur Spaß mit Shiva auf dem Programm.
Der Barmann wollte ihm und Shiva einen Zombie mischen, aber Oliver winkte ab. »Nee, lass mal«, sagte er. »Lieber nur Bier.«
Shiva hüpfte auf die Tanzfläche und wiegte ihre Hüften im Takt der Musik.
»Komm Oliver! Ich will mit dir tanzen.« Sie winkte ihn zu sich und sie tanzten eine Weile eng umschlungen und mit geschlossenen Augen.
Jemand tippte auf seine Schulter. »Olli, deine Leute sind gekommen. An der Bar.«
Oliver sah auf. Tom, Luis und Ronnie hatten soeben auf den Barhockern Platz genommen und mit ihren Flaschenbieren
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