Herzgrab: Thriller (German Edition)
eine Bank besitzen? «
» Tja. « Monica lächelte geduldig. » Reich wird man nicht durch das, was man verdient, sondern durch das, was man nicht ausgibt. Das gesamte Leben der Del Vecchios ist reine Verschwendung. Sie sponsern Golfturniere, Modeschauen und haben mit ihrem Lebensstil, den permanenten Schmiergeldern, den teuren Autos und Galadiners auf Jachten unglaubliche Ausgaben. Und dann ist da noch Onkel Lorenzos Vorliebe . «
» Wovon sprechen Sie? «
» Was immer er anstellt, Zenobia biegt es mit ihren Verbindungen gerade. Ich rede von sehr jungen Mädchen. In dieser Hinsicht gleicht er meinem Großvater. «
Elena schluckte. » Haben sich Onkel Matteo oder Ihr Vater jemals daran beteiligt? « Unwillkürlich dachte sie an die Fotos von Salvatore. Der Mann mit den buschigen Augenbrauen, den ergrauten, nach hinten gekämmten Haaren, dem Schnauz- und Kinnbart, der Reiterhose und dem offenen Hemd. Der Egozentriker der Familie!
» Vater war anders « , antwortete Monica.
Wenn du dich da mal nicht täuschst! Elena sprach es nicht aus. » Haben Sie Angst um ihn? «
Monica blickte kurz herüber. » Ich fürchte, er könnte sich etwas antun. «
Die Antwort klang emotionslos. Aber im Prinzip konnten Elena die wahren Beweggründe ihrer Klientin egal sein.
» Ich glaube, alles wird gut … « Elena verstummte. » Oh, wir sind schon da. «
GALLERIA SALVATORE DEL VECCHIO stand auf einem Schild am Wegrand. Elena lenkte den Wagen von der Straße auf den Feldweg. Er führte durch einen Olivenhain an einem Bauernhaus vorbei und danach in schmalen Serpentinen einen Hügel hinauf. Der blaue Himmel mit einzelnen weißen Wolkenfetzen über der grünen Anhöhe wirkte wie gemalt. In einer Straßenkehre drängte sich eine Schafherde. Der Hirte lag mit dem Gesicht unter einem Strohhut auf der Wiese und kaute gelassen an einem Grashalm. Was für ein Leben! Elena hätte gern mit ihm getauscht, um zumindest für ein paar Tage von allem wegzukommen.
Auf der Kuppe stand ein graues zweistöckiges Backsteinhaus mit Balkon und Glockenturm. Es sah verlassen aus. Kein Wagen parkte vor dem Eingang. Die Fenster mit den mittelalterlichen Rundbogen waren allesamt vergittert, sogar die schmalen Luken im obersten Stock. Auf dem roten Schindeldach wucherte bereits so viel Moos wie auf dem Gehweg, der ums Haus führte. Ein Gärtner hätte hier alle Hände voll zu tun gehabt, die Hecken und Efeuranken zu stutzen. Daneben stand ein schiefer Telefonmast, von dem sich eine Überlandleitung zum nächsten Hügel spannte. Nun wurde Elena klar, warum die Einheimischen das Gebäude » Museum « nannten.
Bevor sie aus dem Wagen stieg, griff sie zum Handy und tippte eine SMS an Peter. Unser Gespräch von vorhin tut mir auch leid. Ich ruf dich in einer freien Minute an. Sie musste so vieles mit ihm besprechen. Vor allem dass ihr alles so leidtat. Außerdem wollte sie wissen, was er bisher in Italien erfahren hatte und was er von Monica hielt. Doch dafür musste sie eine ruhige Minute finden, in der Monica nicht zuhörte.
Elena klemmte das Handy in die Halterung und merkte, wie Monicas Finger angespannt den Griff der Autotür umklammerten. Die Italienerin starrte auf die schwere Eingangstür des Gebäudes. Geteerte Holzbalken mit einem Eisenring als Türklopfer. Offensichtlich wurde Monica soeben von beklemmenden Erinnerungen überwältigt.
» Woran denken Sie? « , fragte Elena.
» Ach, es ist nichts. «
» Wollen Sie lieber im Wagen warten? «
Monica schüttelte den Kopf. » Ich werde mir in der Zwischenzeit die Beine vertreten. «
In der Zwischenzeit?
Elena war es nur recht. Wenn sie dem Museum allein einen Besuch abstattete, konnte sie wenigstens ungestört arbeiten.
Sie stieg aus dem Wagen. Der milde, warme Wind trug den Geruch von Minze und Lavendel über die Hügel. Sie schloss für einen Moment die Augen und lauschte dem Surren der Insekten. Hier konnte man herrlich Urlaub machen, abseits der Touristenpfade und des Trubels der Zivilisation. Neben dem Gebäude lag ein verwilderter Obstgarten. Zitronenbäume standen in Terrakottatöpfen Spalier und säumten einen Kiesweg.
Sie trat in den Schatten des Glockenturms. Tauben gurrten in einem Verschlag. Die massive Eingangstür war verschlossen. Elena pochte mit dem Klopfer, doch sie ahnte bereits, dass ihr niemand öffnen würde. Sie erinnerte sich an Lydia Hödels Worte. Gegen fünf Uhr früh hatten Unbekannte das Gemälde unter dem Vordach des Lieferanteneingangs an der Rückseite der Galerie
Weitere Kostenlose Bücher