Herzgrab: Thriller (German Edition)
westlichen Stadtrand von Florenz führte über eine einsame Landstraße durchs Hügelland. Die Luft flimmerte über den terrassenförmigen Ebenen und ockerfarbenen Feldern.
» Waren Sie schon mal in dieser Galerie? « , fragte Elena.
Monica wiegte den Kopf. » Bloß einmal. Vater wollte mir den Leiter Franco Citti vorstellen, angeblich ein merkwürdiger Kauz. Doch es hat nicht geklappt, und ich bin ihm nie begegnet. «
» Kannte Ihre Mutter den Direktor? «
» Ich glaube nicht. Sie hatte zwar selbst gemalt, aber nicht sehr erfolgreich, und Citti war an ihren Werken nicht sonderlich interessiert gewesen. «
» Obwohl sie an der Luttenberg Akademie in Wien Kunst studiert hat? « , fragte Elena.
» Sie behauptete, ihre Werke würden stets im Schatten von Salvatores Kunst stehen. Er sei so dominant und ersticke ihre Kreativität. Stattdessen hätte er ihr Mut machen müssen. «
» Und wie verhielt er sich Ihnen gegenüber, als Sie nach Wien gingen, um wie Ihre Mutter an der Kunstakademie zu studieren? «
» Natürlich ähnlich. «
» Hat Ihre Mutter Sie oft besucht? «
» Nur ein paarmal. Aber sie hat mich geliebt, weil ich das zustande bringen wollte, wozu sie sich nie hatte durchringen können. Sich von Salvatore abzunabeln und eigene Wege zu gehen. «
Sie schwiegen eine Weile. Elena ging die Geschichte nicht aus dem Kopf, die ihr Monica in den letzten beiden Tagen erzählt hatte. Laut ihrer Aussage sei sie Salvatore Del Vecchios » Sternschnuppe « . Ihr Vater sei stolz auf sie gewesen, da sie ihren eigenen Zugang zur Kunst finden und seine Werke eines Tages verstehen werde. Aber irgendetwas passte an der Erzählung nicht!
Elena kaute an der Unterlippe. Warum war Monica nur einmal in der Galerie ihres Vaters gewesen? Offenbar war die Sternschnuppe doch nicht so sehr an der Kunst ihres Vaters interessiert, wie sie vorgab. Die Geschichte klang mittlerweile so falsch wie eine verstimmte Kirchenorgel. Unwillkürlich kam Elena eine frühere Bemerkung Monicas in den Sinn.
Scheinheilige, notgeile alte Böcke und Olivenklauber!
» Solange wir in der Toskana sind « , sagte Elena, » sollten Sie Ihren Verwandten in San Michele sicherheitshalber nichts von unserer Reise erzählen. «
Monica legte die Stirn in Falten, als hätte sie sich verhört. » Das wäre mir sowieso nie in den Sinn gekommen. Erstens habe ich seit Mutters Tod keinen Kontakt mehr zu ihnen, und zweitens bin ich froh, wenn ich die verlogene Sippschaft nicht sehe. Bei dem Gedanken kommt mir höchstens das Frühstück hoch. «
Schon vor zwei Tagen im Kaffeehaus in der Wiener Fußgängerzone war Monica kein biederes italienisches Fräulein gewesen. Wenn man als Kellnerin arbeitete, um das Studium zu finanzieren, kam einem manch derber Spruch unter. Und was sie sich nicht leisten konnte, klaute sie eben.
Während Monica den Reiseführer studierte, warf Elena einen Blick auf ihr Handydisplay, um zu sehen, ob sie sich noch auf dem richtigen Weg befanden.
» Warum wollen Sie mit der Verwandtschaft Ihres Vaters nichts mehr zu tun haben? « , fragte sie.
Lange Zeit kam keine Antwort. Elena fürchtete schon, dass sie niemals hinter das Geheimnis der jungen Frau kommen würde, als Monica schließlich doch den Mund aufmachte.
» Ich erinnere mich noch gut an meine Kindheit. Tante Teresa hielt es in San Michele nicht mehr aus. Irgendetwas war zwischen ihr und meinem Großvater vorgefallen. « Monica sah aus dem Fenster und ließ die Hügellandschaft an sich vorüberziehen. » Sie ist vor fünfzehn Jahren abgehauen, unmittelbar nach dem Tod ihres Vaters. Ich sehe Großvater Angelo nur noch dunkel vor mir. In meiner Erinnerung war er eine düstere Figur. Teresa wusste schon damals, dass mit der Familie etwas nicht stimmte. «
» Und was? « , hakte Elena nach.
Monicas Blick wanderte wieder zum Fenster. » Ich brauchte lange Zeit, bis ich dahinterkam. Sehen Sie, die Del Vecchios pflegen Kontakte zur Florentiner Polizei. «
» Ist doch gut « , meinte Elena, obwohl sie an Monicas Ton hörte, dass es nicht gut war.
» Die Carabinieri, mit denen die Del Vecchios zu tun haben, sind allesamt korrupt. Da geht es um viel Geld. «
» Sprechen Sie etwa von Waffen, Drogen, Glücksspiel oder Prostitution? «
» Ich bitte Sie! « Monica lachte auf. » Die sind doch kein Mafia-Clan. Die Familie ist an der Borromeo-Bank beteiligt, und bei irgendwelchen Geschäften ging es um Zinsabsprachen und Veruntreuung. Trotzdem sind sie fast immer pleite. «
» Obwohl sie
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