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Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch

Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch

Titel: Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Perkins
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leider nicht gelernt, wie man mit labilen, betrunkenen Jungen umgeht. Ich nehme eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und hocke mich vor St. Clair. Dann stütze ich seinen Kopf – das ist schon das zweite Mal, dass ich sein Haar berühre – und halte ihm die Flasche an den Mund. »Trink.«
    Er schüttelt langsam den Kopf. »Wenn ich noch was trinke, muss ich kotzen.«
    »Das ist kein Alkohol. Das ist Wasser.« Ich neige die Flasche, sodass ihm das Wasser in den Mund läuft und an seinem Kinn entlangrinnt. Er nimmt sie und lässt sie fallen. Wasser ergießt sich auf meinem Fußboden.
    »O nein«, flüstert er. »Tut mir leid, Anna. Tut mir leid.«
    »Schon okay.« Und er sieht so traurig aus, dass ich mich neben ihn lege. Die Pfütze sickert mir am Hintern durch die Jeans. Argh. »Was ist denn passiert?«
    St. Clair seufzt. Ganz tief und voller Erschöpfung. »Er lässt mich meine Mutter nicht besuchen.«
    »Was? Was soll das heißen?«
    »Das ist typisch mein Vater, so was hat er immer schon gemacht. Das ist seine Art, alles unter Kontrolle zu halten.«
    »Ich verstehe nicht ganz …«
    »Er ist eifersüchtig. Weil sie mich mehr liebt als ihn. Deshalb darf ich sie nicht besuchen.«
    Mir schwirrt der Kopf. Das ergibt doch keinen Sinn, überhaupt keinen. »Wie kann er das tun? Deine Mom ist krank. Sie wird zur Chemo müssen, sie braucht dich dort.«
    »Ich darf erst in den Ferien während Thanksgiving zu ihr.«
    »Aber das ist erst in einem Monat! Bis dahin könnte sie …« Ich halte mich zurück. Als ich den Satz in Gedanken beende, wird mir ganz schlecht. Aber das darf einfach nicht sein. Menschen in meinem Alter haben keine Eltern, die sterben. Sie wird Chemotherapie bekommen und alles wird gut. Sie wird wieder gesund. »Und was hast du jetzt vor? Fliegst du trotzdem nach San Francisco?«
    »Mein Vater würde mich umbringen.«
    »Na und?« Ich bin empört. »Dann würdest du sie immerhin sehen!«
    »Du verstehst das nicht. Mein Vater wäre sehr, sehr wütend.« Er sagt das so bedächtig, dass mir ein Schauer über den Rücken läuft.
    »Aber … würde sie deinen Vater denn nicht bitten, dich kommen zu lassen? Ich meine, das würde er ihr doch nicht abschlagen können, oder? Doch nicht, wenn sie … wenn sie krank ist?«
    »Sie würde meinem Vater gegenüber nie ungehorsam sein.«
    Ungehorsam. Als ob sie ein Kind wäre. Langsam wird mir klar, warum St. Clair nie über seinen Vater spricht. Meiner mag vielleicht egozentrisch sein, aber er würde mich nie von Mom fernhalten. Ich fühle mich furchtbar und habe ein schlechtes Gewissen. Im Vergleich dazu sind meine Probleme so unbedeutend. Ich meine, mein Vater hat mich nur nach Frankreich geschickt. Und ich mache so ein Theater.
    »Anna?«
    »Ja?«
    Er zögert. »Ach nichts.«
    »Was ist denn?«
    »Nichts.«
    Aber sein Tonfall klingt definitiv nicht nach »nichts«. Ich drehe mich zu ihm um. Er hat die Augen geschlossen. Seine Haut wirkt blass und müde. »Was ist?«, frage ich noch mal und setze mich auf. St. Clair merkt, dass ich mich bewegt habe, und öffnet die Augen. Er rappelt sich ebenfalls auf und ich helfe ihm. Als ich die Hände wegnehme, hält er mich fest.
    »Ich mag dich«, sagt er.
    Ich werde ganz steif.
    »Und ich meine nicht als Kumpel.«
    Ich habe das Gefühl, als würde ich meine Zunge verschlucken. »Äh. Ähm. Was ist mit …?« Ich entziehe ihm meine Hand. Der unausgesprochene Name hängt schwer und bedeutsam zwischen uns.
    »Es ist nicht richtig. Nicht, seit ich dir begegnet bin.« Er schließt wieder die Augen und schwankt ein wenig.
    Er ist betrunken. Er ist einfach nur betrunken.
    Beruhige dich, Anna. Er ist betrunken und macht gerade eine schlimme Zeit durch. Auf keinen Fall ist er sich darüber im Klaren, was er da gerade sagt. Was soll ich also tun? Lieber Himmel, was soll ich bloß tun?
    »Magst du mich?«, fragt St. Clair. Und er sieht mich mit diesen großen braunen Augen an – na gut, sie sind ein bisschen rot vom Trinken und vielleicht auch vom Weinen – und es bricht mir das Herz.
    Ja, St. Clair. Ich mag dich.
    Aber ich kann es nicht laut aussprechen, weil er mein Kumpel ist. Und Kumpel lassen ihre Kumpel nicht im betrunkenen Zustand Dinge sagen und erwarten dann auch noch, dass sie am nächsten Tag danach handeln.
    Andererseits … es geht hier um St. Clair. Gut aussehend, makellos, wunderbar …
    Und fantastisch. Das ist einfach fantastisch.
    Er hat mich angekotzt.


    Kapitel sechzehn
    I ch wische gerade die Sauerei mit

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