Herzklopfen - Down Under (German Edition)
kurz hinüber. »Jetzt hör schon auf.«
Emmas Mundwinkel zuckten. »Ja, ja, er ist eben nicht Jake.«
»Genau.«
Eine Weile lagen sie nebeneinander im Gras und lauschten den Geräuschen der Schüler, dem glasklaren Sopran von Hayley und dem gelegentlichen Kreischen einiger Kakadus, die sich über ihren Köpfen in den Baumkronen stritten. Ein paar Magpies flatterten herbei, um zwischen den Kieselsteinchen auf dem Weg nach Nahrung zu picken. Nele hatte die geselligen, vorlauten Vögel in ihr Herz geschlossen. In ihrem schwarz-weißen Federkleid wirkten sie nicht so spektakulär wie die exotisch bunten Vögel des roten Kontinents, doch das wunderbare, melodische Flöten machte ihnen so leicht kein anderer Vogel nach. »Du, Em? Kennst du ihn?«
Emma, die ein wenig gedöst hatte, blinzelte. »Matt?«
»Chris.«
Emma drehte sich auf die Seite. »Es kursieren Gerüchte über ihn. Mit siebzehn ist er von der Schule geflogen, hat sich zwei Jahre herumgetrieben. Seit diesem Semester ist er zurück. Was genau passiert ist oder was er angestellt hat, weiß ich nicht. Ich hatte noch nie mit ihm zu tun. Warum?«
»Er ist merkwürdig. Schwer zu durchschauen.«
»Und?« Emma hatte ein feines Gespür.
»Er sieht interessant aus, oder?«
»Hab ich es mir doch gedacht«, murmelte Emma.
»Natürlich überhaupt kein Vergleich zu Jake«, fügte Nele rasch hinzu. »Aber wenn es Jake nicht gäbe …« Sie warf Emma einen bedeutungsvollen Blick zu.
»Lass lieber die Finger von Chris. Er hat’s bestimmt faustdick hinter den Ohren.« Emma gähnte.
Nele setzte sich auf. Die Hitze machte so träge, bald würde sie einfach einschlafen, wenn sie liegen blieb. Ihr pickliger Verehrer war inzwischen verschwunden. »Wie wär’s, hast du Lust, später ein Eis essen zu gehen?«
»Eis essen? Nele, du bist ein Genie!«
»Wie bitte?«
»Maggies Coffeeshop. Die beste Eiscreme in Victor Harbor. Am Albert Place.«
»Ja und?«
»Klingelt da bei dir nicht etwas?« Emma feixte. »Maggies Coffeeshop ist direkt neben dem Surfladen. Soweit ich weiß, ist das der Lieblingstreffpunkt der Surfer.«
»Daran habe ich überhaupt nicht gedacht … Cool!«
»Eben. Fort geht’s!« Emma war sichtlich stolz, ihre Deutschkenntnisse zum Besten zu geben.
Nele lachte. »Es heißt: Auf geht’s. Aber für den Anfang schon mal nicht schlecht.« Sie streckte Emma eine Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. »Vielleicht laufen wir Jake im Café über den Weg. Wenn ich außergewöhnliches Glück habe, treffe ich ihn dort einmal ohne die nervige Sandy im Schlepptau an.«
Ein Kookaburra lachte gackernd in einem der Bäume.
»Halt die Klappe, unseliger Vogel«, drohte Emma, »sonst braten wir dich zum Dinner!«
Kapitel 6
Zarte Bande
T ara lag auf ihrem Bett und scrollte gedankenverloren auf ihrem iPhone durch ihre Facebookneuigkeiten, als Nele den Kopf durch den Spalt ihrer Zimmertür steckte.
»Ich gehe mit Emma ein Eis essen. Kommst du mit?«
Tara legte ihr Handy beiseite. »Ich hab gehört, du warst heute beim Vorsingen für West Side Story?«
Nele winkte ab. »Ist nicht mein Ding.«
»Hätte mich auch gewundert. Trotzdem warst du dort. Gab es einen speziellen Grund?«
Eigentlich war dies eine rein rhetorische Frage, denn natürlich wusste sie aus verlässlicher Quelle, dass Jake sich dieses Jahr erneut für eine Rolle bewerben wollte. Sie hatte Emmas und Neles Namen auf der Liste für das Vorsprechen entdeckt und ahnte, warum Nele dabei sein wollte.
»Nö.« Nele zuckte mit den Achseln, während sie ihrem forschenden Blick auswich. »Das war nur so eine Idee.« Sie betrachtete ihre kurz geschnittenen Fingernägel. »Also, was ist, magst du mit?«
»Wo soll’s hingehen?«
»Zu dem Laden am Albert Place. Maggies Coffeeshop.«
In Tara begann es zu brodeln. Der Laden war Jakes erklärtes Lieblingscafé, das war allgemein bekannt. Ebenso bekannt war, dass er wie die meisten Surfer aus der Highschool fast jeden Nachmittag dort anzutreffen war. Das hippe Café im Stil der fünfziger Jahre war zurzeit der angesagteste Treffpunkt der älteren Schülerinnen und Schüler. Die Erdbeersmoothies, die Maggie Carter servierte, waren weit über die Stadtgrenze hinaus beliebt. Jeden zweiten Mittwoch im Monat organisierte Maggie eine Liveband, die die Besucher des Cafés von einer kleinen Bühne aus zum Rocken brachte.
»Ich komme mit.« Kurz entschlossen sprang Tara vom Bett auf. »Gebt mir noch zehn Minuten zum Umziehen, okay?«
»Klar.« Neles Kopf
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