Herzklopfen - Down Under (German Edition)
den gierigen Berührungen des jungen Mannes. Sie musste kichern, weil seine Bartstoppeln sie kitzelten. Als sich seine rechte Hand fordernd unter den Stoff ihres T-Shirts schob, wich sie jedoch zurück.
»Hab dich nicht so, Kleine«, murmelte er rau. Er sah sie mit glasigen Augen lüstern an. »Bisher hat’s dir doch auch gut gefallen.«
Energisch krallte sie ihre Finger in seinen Unterarm. Plötzlich war sie hellwach. »Nein!«
»Mein Gott, Nele, ich hab dich überall gesucht!« Emmas Stimme klang ziemlich schrill. »Hau ab«, befahl sie dem jungen Mann und verpasste ihm einen derben Stoß vor den Brustkorb. »Der Spaß ist vorbei! Und du kommst besser mit.« Resolut wurde Nele am Arm gepackt und schwungvoll hochgezogen.
Das jähe Aufstehen verursachte bei ihr ein leichtes Schwindelgefühl und ließ sie gegen Emma taumeln. »Gut, dassu da bist.« Warum wollte ihre Zunge nicht gehorchen? Emma und Tara mühten sich mit ihr ab, denn irgendwie torkelte sie und verspürte den Drang, unaufhörlich zu singen. Die Bewegung an der frischen, klaren Nachtluft verstärkte ihre Benommenheit.
Während Tara leise vor sich hinfluchend die Fliegengittertür öffnete, die in der stillen Nacht schlimmer quietschte und knarrte als ein paar rostige Kutschenräder, schob Emma sie ächzend die Stufen zur Veranda hoch. Im Haus stießen sie unverhofft auf Gordon, der in einem gestreiften Seidenpyjama und mit einem Glas Milch durch den Flur tigerte. Seitdem er bei seinem letzten Besuch in Tanunda erfahren hatte, dass seine Schwester unheilbar erkrankt war, litt er unter Schlafstörungen.
Stirnrunzelnd musterte er sie. »Ihr seid spät, meine Damen.«
»Äh, ja. Tut uns leid.« Tara wollte sie an Gordon vorbeischieben, doch sie hatte noch etwas Wichtiges zu sagen. Schwankend blieb sie vor ihrem Gastvater stehen.
»Grässlische Musik, wirklich grässlisch«, zischte sie. Ab und zu wurde es dunkel. Knipste jemand das Licht an und aus oder klappten ihr die Lider zu?
Tara tätschelte ihre Schulter. »Ja, ja, Nele. Schon gut.« Mit einem schiefen, entschuldigenden Grinsen blickte sie ihren Stiefvater an.
»Trossdem, fette Party!«
Gordon stutzte, dann zuckte es verräterisch um seine Mundwinkel. »Es ist besser, du schaffst Nele schnell in ihr Zimmer. Wir wollen nicht, dass deine Mutter ihr deutsches Gastkind so zu Gesicht bekommt.« Er zwinkerte Tara zu. »Vielleicht solltest du ihr ein großes Glas Wasser und eine Tablette Aspirin auf dem Nachttisch bereitstellen.« Seine Hand verharrte auf dem Türknauf des Elternschlafzimmers. »Ich habe so eine Ahnung, dass sie morgen früh froh darüber sein könnte.« Mit einem Schmunzeln zog er sich zurück.
»Klugscheißer«, nuschelte Nele und grinste Emma und Tara breit an.
Am nächsten Tag saß Nele still am Frühstückstisch. Den Teller mit dem gebutterten Toast und den gebackenen Bohnen, den Shirley mit besorgter Miene vor sie gestellt hatte, schob sie von sich. »Bitte nicht böse sein. Aber ich kriege nichts hinunter.« Ihre Stimme klang rau wie Sandpapier. Hätte sie doch nicht am Abend zuvor so laut mitgesungen. Gegrölt, verbesserte sie sich zerknirscht. Im Nachhinein war es ihr furchtbar peinlich, wie sie sich gehen lassen hatte. Wahrscheinlich würde heute die ganze Schule darüber tratschen. Durch ihren Schädel galoppierte eine Horde wilder Pferde, und sie hatte einen bitteren, furchtbaren Geschmack im Mund. Nie wieder Coopers!
Konsterniert musterte Shirley sie. »Dir fehlt doch nichts?«
»Nein«, beeilte sich Nele zu versichern, »nur ein wenig Kopfschmerzen.« Rasch griff sie nach ihrem Glas Orangensaft, um das fiese Brennen in der Kehle zu löschen.
»Du scheinst in der letzten Zeit häufig Kopfschmerzen zu haben, Darling. Du wirst doch nicht in meine und Taras Fußstapfen treten?« Liebevoll strich Shirley ihr über die Wange.
Gordon lugte hinter seiner Zeitung hervor. »Mach dir keine Gedanken, Honey. Es ist sicher nichts Ernstes.« Seine dunklen Augen glitzerten vor Belustigung.
Röte schoss bis in ihre Haarwurzeln. Am liebsten wäre sie an Ort und Stelle vor Scham versunken. Ekel überrollte sie, als sie daran dachte, dass sie diesem schmierigen Kerl auf der Fete erlaubt hatte, sie zu begrapschen. Was war nur in sie gefahren? Sie kannte nicht einmal seinen Namen.
»Nele geht’s bestimmt bald besser«, mischte sich Tara kauend ein.
Shirleys Augen wanderten fragend zwischen den Dreien hin und her. »Du kannst dich mir jederzeit anvertrauen. Ich hoffe, das
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