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Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!

Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!

Titel: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Intelligenz. Entweder hatte sie sich auffällig benommen, oder er hatte irgendeine Art Instinkt. Bislang war ihr Vorhaben eine grandiose Pleite. Alles, was sie mitbekommen hatte, war völlig uninteressant. Es waren grässliche Menschen, ein grottenschlechtes Hotel, alberne Vorträge und vertane Zeit. Und vielleicht hatte Walter mit seiner Zusammenfassung auch recht. Es gab keine großen Erkenntnisse, lediglich die Fakten, die sie schon kannte: Senioren, die zu viel Zeit haben, setzen sich in einen Bus, um ihr Geld in unnötige Dinge zu stecken. Wohnungsanteile oder Bettdecken, letztlich war es doch völlig egal. Tacke lebte von seiner Provision, deshalb wollte er keine Unruhestifter, die Kaufwillige am Geldausgeben hinderten. Das war zwar nicht schön, aber nachvollziehbar.
    Johanna seufzte und fragte sich, wie sie Spannung in die Reportage kriegen sollte. Eigentlich war alles kalter Kaffee. Ein Gedanke schoss ihr plötzlich durch den Kopf: Daniel. Er hatte sie vorhin nicht erreichen können. Johanna hoffte, dass er sich nicht aus lauter Besorgnis auf den Weg gemacht hatte. Zuzutrauen wäre es ihm. Sie zog das Handy aus der Tasche und prüfte den Empfang. Sie hatte ein Netz. Schnell wählte sie seine Nummer, doch statt seiner Stimme teilte ihr die metallische Dame mit, dass der Teilnehmer vorübergehend nicht erreichbar sei. Dann wählte sie Anne Schünkes Nummer. Anne nahm sofort ab. »Hallo, Johanna, na, was macht die Mission?«
    »Hey, Anne, ehrlich gesagt frage ich mich gerade, ob ich meinen Riecher für Themen verloren habe. So richtig aufregend ist das hier alles nicht, eher deprimierend. Ist Danielin deiner Nähe? Er sollte mich vorhin zurückrufen, aber dieses Hotel hat anscheinend die Telefonrechnung nicht bezahlt, sämtliche Apparate funktionieren nicht.«
    »Daniel ist doch heute Abend auf dem Benefizkonzert. Er berichtet live von dort.«
    »Ach ja, stimmt. Hatte ich vergessen. Egal, ich melde mich morgen wieder. Bis dann.«
    Sie behielt das Handy in der Hand und ließ ihre Blicke über die Schlei wandern, über die sich die Abenddämmerung langsam senkte. Ein einsames Segelschiff glitt an ihr vorbei, auf dem Weg zu dem kleinen Hafen. Eigentlich wollten Max und sie im nächsten Monat einen Segelkurs machen. Zwei Wochen an der Ostsee, sie hatten die Reise schon im Januar gebucht. Damals hätte sie sich nicht träumen lassen, dass nur ein paar Monate später alles ganz anders sein würde.
    Johanna stöhnte. Wenn er sich wenigstens in eine tolle Frau verliebt hätte. Oder wenn er einfach gestanden hätte, dass er aus einem verrückten Gefühl heraus mit irgendeiner Frau ins Bett gegangen war. Weil zwischen Johanna und ihm alles so schwierig geworden war und weil er nicht nachgedacht hatte. Er hätte ihr irgendetwas anderes sagen müssen, nur nicht: »Du, ich kann mich leider an gar nichts erinnern, aber da war nix.«
    Er hatte doch weiß Gott genug Zeit gehabt, ihr die Wahrheit zu erzählen. Sie hatte ihn immer für ehrlich gehalten. Nie hätte sie gedacht, dass sie mit ihm jemals eine solche Situation erleben würde.
    Hunderte, ach was, Millionen Paare überstehen Seitensprünge. Jeder Therapeut gibt den Rat: reden, reden, reden. Und was hat Max gemacht? Er ist sofort zu einem alten Schulfreund gezogen, bei dem er nun seit vier Wochen imGästezimmer wohnt, und faselt irgendetwas von K.-o.-Tropfen und Amnesie.
    Und sie konnte nicht mal an ihn denken, ohne dass ihr Magen rebellierte – aus Trauer und aus Wut darüber, dass sie so sprachlos geworden waren. Und wenn sie darüber nachdachte, musste sie sich eingestehen, dass diese Misere schon vor Mareike Wolf begonnen hatte. Wann hatten sie sich denn das letzte Mal über wirklich wichtige Dinge unterhalten? Wusste Max noch, was sie dachte und was sie sich wünschte? Andererseits musste Johanna zugeben, dass sie ihn noch nie gefragt hatte, ob er sich seinen Aufstieg im Sender wirklich so vorgestellt hatte. Oder wie es ihm überhaupt dabei ging. Stattdessen war sie immer mehr von seinen vielen Terminen und seinen langen Arbeitstagen genervt. Wenn er sich Zeit für sie genommen hatte, war es immer schön gewesen. Vor ein paar Monaten hatte er ihr Konzertkarten auf den Schreibtisch gelegt und einen Zettel dazu geschrieben: »Wir treffen uns am Eingang der Stadtparkbühne, 19.30, freue mich, Kuss.«
    Er war vor ihr angekommen, sie hatte ihn schon von weitem gesehen und gedacht, dass er der mit Abstand attraktivste Mann im ganzen Stadtpark war. In dem Moment war sie

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