Herzschlag der Nacht
mitfühlend. »Ich hoffe, dass ich ihn lehren kann, umgänglicher zu sein. Falls Captain Phelan es erlaubt, nehme ich Albert gleich heute mit und befreie Sie von der Bürde.«
Mrs. Clocker war schier begeistert. »Oh, wie überaus freundlich von Ihnen, Miss Hathaway! Ich sage sofort Captain Phelan Bescheid.« Sie eilte schnell davon, als hätte sie Angst, Beatrix könnte es sich anders überlegen, sollte sie zu lange warten müssen.
Als Christopher in den Empfangssalon kam, errötete Beatrix von Kopf bis Fuß. Hör auf damit, Beatrix Hathaway , ermahnte sie sich im Geiste. Wenn du dich weiterhin so närrisch gebärdest, musst du nach Hause gehen und eine ganze Flasche Sauerampfertonikum trinken.
»Miss Hathaway«, sagte Christopher und verneigte sich höflich.
Die dunklen Ringe unter seinen Augen machten ihn noch schöner, sofern das überhaupt möglich war, verliehen sie den harten Konturen seines Gesichtes doch etwas Menschliches.
Beatrix schaffte es, gelassen zu lächeln. »Guten Morgen, Captain Phelan.«
»Es ist mitten am Tag.«
»Ach, ist es das?« Sie sah über seine Schulter zur Uhr auf dem Kaminsims. Es war halb eins. »Dann guten Tag.«
Er hob eine Braue. »Kann ich etwas für Sie tun?«
»Ganz im Gegenteil, hoffe ich. Ich würde Albert gern zu uns nach Ramsay House nehmen, solange Sie in London sind.«
Nun runzelte er die Stirn. »Warum?«
»Ich möchte ihm helfen, sich in sein neues Leben einzufinden. Albert bekäme die bestmögliche Pflege, und ich würde mit ihm arbeiten, ihn erziehen …« Ihre Stimme versiegte, als sie bemerkte, wie sich Christophers Züge verfinsterten. Dass er ihr Angebot ablehnen könnte, war ihr überhaupt nicht in den Sinn gekommen.
»Danke, Miss Hathaway, aber ich halte es für das Beste, wenn er hier bei den Bediensteten bleibt.«
»Sie … Sie bezweifeln, dass ich ihm helfen kann?«, fragte Beatrix stockend.
»Der Hund ist sehr erregbar. Er braucht absolute Ruhe, und ich möchte nicht beleidigend sein, aber die Atmosphäre in Ramsay House ist entschieden zu turbulent für ihn.«
»Ich bitte um Verzeihung, Captain, aber Sie irren sich. Es ist genau die Umgebung, die Albert braucht. Sie müssen wissen, dass aus Sicht eines Hundes …«
»Danke, ich bedarf Ihres Ratschlags nicht.«
»Doch, tun Sie«, erwiderte Beatrix aufgebracht. »Wie können Sie so sicher sein, dass Sie recht haben? Sie sollten sich zumindest die Zeit nehmen, mich anzuhören, denn ich wage zu behaupten, dass ich mehr über Hunde weiß als Sie.«
Christopher bedachte sie mit dem Blick eines Mannes, der es nicht gewohnt war, dass man seine Entscheidungen anzweifelte. »Gewiss. Aber über diesen weiß ich mehr als Sie.«
»Schon, doch …«
»Sie sollten jetzt gehen, Miss Hathaway.«
Beatrix war unsagbar enttäuscht. »Was glauben Sie, dass Ihre Bediensteten in Ihrer Abwesenheit mit ihm anstellen?«, fragte sie und fuhr fort, ehe er antworten konnte: »Sie werden ihn in den Schuppen oder in ein Zimmer sperren, weil sie Angst vor ihm haben, und das wird Albert noch gefährlicher machen. Er ist wütend, verängstigt und einsam. Er weiß nicht, was man von ihm erwartet. Und er braucht unausgesetzte Aufmerksamkeit und Zuwendung. Ich bin die Einzige, die ihm beides geben kann und will.«
»Dieser Hund ist seit zwei Jahren mein Gefährte«, entgegnete Christopher scharf. »Das Letzte, dem ich ihn aussetzen würde, ist dieses Tollhaus, das Sie Ihr Heim nennen. Er braucht kein Chaos, keinen Lärm, kein Durcheinander …«
An dieser Stelle wurde er von wildem Gebell und einem ohrenbetäubenden metallischen Scheppern unterbrochen. Albert war durch die Diele hereingestürmt und mit einem Hausmädchen kollidiert, das ein Tablett voller frisch poliertem Tafelsilber trug.
Beatrix sah gerade noch Gabel und Löffel über den Boden schlittern, bevor sie auf selbigen geschleudert wurde. Der Sturz raubte ihr den Atem.
Verblüfft fand sie sich auf dem Teppich wieder, niedergedrückt von einem schweren männlichen Körper.
Erst nach und nach begriff sie, was hier geschehen war. Christopher hatte sich auf sie geworfen und seine Arme um ihren Kopf gelegt. Instinktiv schirmte er sie mit seinem Körper ab, und nun lagen sie beide auf dem Salonboden, japsend und in einem wirren Durcheinander von Gliedmaßen und aufgebauschter Kleidung.
Christopher hob den Kopf und blickte sich misstrauisch um. Für einen Moment erschrak Beatrix angesichts seiner wahrhaft gefährlichen Miene. So musste er in der Schlacht
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