Herzschlag der Nacht
zu Albert gegangen und bückte sich, um ihn zu streicheln. Sogleich drehte sich der Hund auf den Rücken und bot ihr seinen Bauch dar.
Christopher richtete seine Kleidung und steckte die Hände in die Hosentaschen.
»Würden Sie Ihre Entscheidung überdenken?«, fragte Beatrix. »Bezüglich der Überlassung von Albert?«
»Nein«, antwortete Christopher brüsk.
»Nein?«, wiederholte sie, als wäre seine Ablehnung unbegreiflich.
Christopher runzelte die Stirn. »Um ihn brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Es wird gut auf ihn geachtet.«
In Beatrix’ Gesicht spiegelte sich blanke Empörung. »Ich bin gewiss, dass Sie das glauben.«
Nun wurde er zornig und raunte: »Ich wünschte, mir Ihre Ansichten anzuhören könnte mir das gleiche Vergnügen verschaffen wie Ihnen, sie von sich zu geben, Miss Hathaway.«
»Ich stehe zu meinen Ansichten, wenn ich weiß, dass ich im Recht bin, Captain Phelan. Wohingegen Sie zu Ihren stehen, weil Sie starrköpfig sind.«
Christopher bedachte sie mit einem frostigen Blick. »Ich begleite Sie hinaus.«
»Sparen Sie sich die Mühe. Ich kenne den Weg.« Mit diesen Worten schritt sie hocherhobenen Hauptes zur Tür.
Albert tapste ihr hinterher, bis Christopher ihm befahl zurückzukommen.
An der Schwelle blieb Beatrix stehen und schenkte Christopher einen ihrer seltsam intensiven Blicke. »Richten Sie Audrey bitte meine herzlichen Grüße aus. Ich wünsche Ihnen beiden eine angenehme Reise nach London.« Sie zögerte. »Und falls es Ihnen nichts ausmacht, könnten Sie bitte Prudence meine besten Wünsche übermitteln und ihr eine Nachricht von mir bringen?«
»Die da wäre?«
»Richten Sie ihr bitte aus«, sagte Beatrix leise, »dass ich mein Versprechen halte.«
»Welches Versprechen wäre das?«
»Sie weiß es.«
Genau drei Tage nach Christophers und Audreys Abreise nach London ging Beatrix zum Haus der Phelans, um nach Albert zu fragen. Wie sie bereits ahnte, hatte der Hund den Haushalt in ein schreckliches Chaos gestürzt. Er hatte ohne Unterlass gebellt und geheult, Teppiche und Polster zerfetzt und einem Diener in die Hand gebissen.
»Und dazu kommt noch«, erzählte Mrs. Clocker, die Haushälterin, Beatrix, »dass er nichts essen will. Man kann schon seine Rippen sehen. Der Herr wird furchtbar böse sein, wenn ihm in unserer Obhut etwas passiert. Oh, es ist ein entsetzlicher Hund, die abscheulichste Kreatur, die mir je begegnet ist.«
Ein Hausmädchen, das gerade das Treppengeländer polierte, ergänzte unaufgefordert: »Ich habe solche Angst vor ihm. Nachts kann ich gar nicht mehr schlafen, weil er so heult, dass es die Toten aufwecken könnte.«
Die Haushälterin sah kreuzunglücklich aus. »Ja, das stimmt. Aber der Herr hat gesagt, wir dürfen Albert niemand anderem geben. So gerne ich diese teuflische Bestie auch los wäre, fürchte ich den Groll unseres Herrn noch mehr.«
»Ich kann ihm helfen«, erklärte Beatrix ruhig. »Ich weiß es.«
»Dem Herrn oder dem Hund?«, fragte Mrs. Clocker, der vor lauter Unglück nicht gewahr war, welche Dreistigkeit sie sich damit herausnahm.
»Ich schlage vor, dass ich mit dem Hund anfange«, antwortete Beatrix.
Die beiden Frauen blickten einander an.
»Ich wünschte, Sie bekämen eine Chance«, murmelte Mrs. Clocker. »Dieses Haus ist anscheinend kein Ort, an dem jemand genesen kann. Es fühlt sich eher an, als würde hier alles eingehen und ausgelöscht werden.«
Ihre Worte befeuerten Beatrix’ Entschlossenheit. »Mrs. Clocker, ich würde Sie niemals bitten, gegen Captain Phelans Anweisungen zu handeln. Sollte ich allerdings zufällig hören, wie Sie einem der Hausmädchen sagen, wo Albert momentan ist, kann man Ihnen wohl keinen Vorwurf machen, nicht? Und sollte es Albert trotz Ihrer Bemühungen gelingen, aus dem Haus auszubrechen und wegzulaufen … und ihn jemand finden, der ihn mit zu sich nimmt und sich um ihn kümmert, ohne Ihnen umgehend Bescheid zu geben, wäre das nicht Ihr Verschulden, nicht wahr?«
Mrs. Clocker strahlte. »Sie sind recht gewitzt, Miss Hathaway.«
Beatrix lächelte. »Ja, ich weiß.«
Die Haushälterin drehte sich zu dem Mädchen um. »Nellie«, sagte sie laut und deutlich, »ich möchte dich daran erinnern, dass Albert in dem kleinen blauen Schuppen neben dem Küchengarten ist.«
»Ja, Mum.« Das Hausmädchen vermied es, Beatrix anzusehen. »Und ich darf Sie, Mum, daran erinnern, dass seine Leine auf dem halbrunden Tisch in der Diele liegt.«
»Sehr schön, Nellie. Vielleicht
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