Herzschlag der Nacht
Kinn.
»Sagen Sie mir, was Sie wissen«, befahl er, wobei sein Atem über ihren Mund strich. »Sonst werde ich Ihnen Schlimmeres antun. Ich werde Sie hier und jetzt nehmen. Ist es das, was Sie wollen?«
Genau genommen …
Beatrix ermahnte sich im Geiste, dass es eine Bestrafung sein sollte, ein Druckmittel, und brachte mühsam ein »Nein, hören Sie auf« heraus. Abermals war sein Mund auf ihrem, und seufzend sank sie an ihn.
Seine Küsse wurden fester, und er drängte sie an die Stallmauer, während seine Hände sie auf höchst unanständige Weise betasteten. Leider war sie in so viele Stoffschichten gehüllt, dass es schwierig für ihn war, sie zu streicheln.
Seine Kleidung war ein weitaus kleineres Hindernis. Beatrix glitt mit den Armen unter seinen Gehrock und zupfte ungeduldig an seiner Weste und dem Hemd. Sie griff unter seine Hosenträger und zerrte sein Hemd teils heraus. Es war warm von seinem Körper.
Beide seufzten, als ihre kühlen Finger seinen heißen Rücken berührten. Fasziniert erkundete Beatrix die Wölbungen der Muskeln, die festen Sehnen und Knochen und staunte über die Kraft, die sie unter der Oberfläche spürte. Sie fühlte Narben, Male von Schmerz und Überleben. Nachdem sie eine verheilte Linie gestreichelt hatte, bedeckte sie die Narbe sanft mit der Hand.
Ein Schauer schüttelte ihn. Christopher stöhnte, nahm ihren Mund aufs Neue ein und presste Beatrix an sich, bis sie gemeinsam in einen erotischen Takt fanden, eine Kadenz. Instinktiv versuchte Beatrix, ihn in sich aufzunehmen, sog an seinen Lippen und seiner Zunge.
Abrupt beendete Christopher den Kuss. Er rang nach Atem, als er ihr Gesicht mit beiden Händen umfasste und seine Stirn gegen ihre lehnte.
»Sind Sie es?«, fragte er heiser. »Sind Sie?«
Beatrix merkte, dass ihr Tränen über die Wimpern rollten, egal wie sehr sie sich anstrengte, sie wegzublinzeln. Ihr Herz stand in Flammen. Es war, als hätte ihr ganzes Leben sie auf diesen Mann hingelenkt, auf diesen Moment unausgesprochener Liebe.
Aber sie fürchtete seinen Zorn und schämte sich ihrer Taten viel zu sehr, als dass sie antworten konnte.
Christophers Fingerspitzen zeichneten die Tränenspur auf ihrer Wange nach. Sein Mund strich federleicht über ihre bebenden Lippen und verharrte an ihrem Mundwinkel, dicht an ihrer tränennassen Wange.
Schließlich aber ließ er sie los, trat einen Schritt zurück und sah sie verwirrt und wütend an. Ihrer beider Verlangen knisterte förmlich zwischen ihnen in der Luft, und Beatrix fragte sich benommen, wie er auch nur diese kleine Entfernung aushalten konnte.
Er atmete zittrig aus und richtete seine Kleidung. Dabei bewegte er sich mit übertriebener Sorgfalt, als wäre er betrunken.
»Verflucht noch eins«, raunte er und verließ den Stall.
Albert, der neben einer der Boxen gesessen hatte, begann, ihm nachzulaufen. Als er bemerkte, dass Beatrix nicht kam, machte der Terrier kehrt und lief winselnd zu ihr zurück.
Beatrix bückte sich und streichelte ihn. »Geh schon, mein Junge«, flüsterte sie.
Albert zögerte nur kurz, ehe er seinem Herrn hinterherflitzte.
Und Beatrix sah den beiden unglücklich nach.
Zwei Tage später wurde in Stony Cross Manor, der herrschaftlichen Residenz von Lord und Lady Westcliff, ein Ball gegeben. Einen schöneren Ort als das alte Gebäude aus honigbraunem Stein inmitten einer großzügigen Parkanlage hätte man schwerlich finden können. Noch dazu lag das Anwesen auf einem Hügel mit Blick auf den Fluss Itchen. Als Nachbarn und Freunde von Lord und Lady Westcliff waren die Hathaways alle eingeladen. Besonders Cam war ein geschätzter Gefährte des Earls, denn die beiden kannten sich schon seit Jahren.
Obwohl Beatrix schon oft Gast in Stony Cross Manor gewesen war, bezauberte sie dessen Schönheit jedes Mal aufs Neue, zumal das großzügige Hausinnere. Der Ballsaal mit seinem kunstvollen Parkett, der Doppelreihe Kronleuchter und den halbrunden Nischen mit den gepolsterten Bänken entlang zweier Wände war wunderschön.
Nachdem sie an den langen Büfetttischen Erfrischungen zu sich genommen hatte, ging Beatrix mit Amelia und Catherine zusammen in den Ballsaal. Drinnen bot sich ihnen ein Farbenmeer. Die Damen waren ausnahmslos in prächtigen Ballkleidern, die Herren in formellen Ensembles in Schwarz und Weiß. Das Glitzern der Kristallkronleuchter konnte es nicht ganz mit den Juwelen an Handgelenken, Hälsen und Ohren aufnehmen.
Lord Westcliff, der Gastgeber des Abends, kam auf sie zu und
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